Sachsens beste Bäckermeisterin kommt aus Schlottwitz

Michelle Pöhlmann hat Talent. Die junge Frau war schon die beste Bäckergesellin im Freistaat. Nun hat sie noch einmal nachgelegt.

Von Maik Brückner

Backen ist Michelle Pöhlmanns Welt. Nachdem die junge Frau 2020 ihre Ausbildung als beste Bäckerin Sachsens abgeschlossen hat, hat sie nun noch einmal nachgelegt. Die gebürtige Schlottwitzerin hat ihren Meister gemacht. Von den 26 Teilnehmern hat sie den Kurs als Landesbeste abgeschlossen. Damit hat sie sich neue Möglichkeiten geschaffen. Und Neues entdeckt. Im Kurs musste sie nicht nur Brot, Brötchen, Eierschecke, sondern auch Croissants backen. Seither gehören die französischen Hörnchen zu ihrem Lieblingsgebäck. Diese backt sie nun öfters mal privat, denn Croissants gehören nicht zum Repertoire der Bäckerei Tannenbaum-Degenkolbe, in der sie arbeitet.

Hier hat die 21-Jährige ihre berufliche Laufbahn vor mehr als fünf Jahren begonnen, nachdem sie als Schülerin in verschiedenen Bäckereien in den Ferien gearbeitet und ihr obligatorisches Praktikum gemacht hat. In der Schlottwitzer Bäckerei hat es ihr ganz gut gefallen. Für den Betrieb sprach auch, dass der Weg hierher sehr kurz war – zu Fuß brauchte sie von zu Hause gerade mal fünf Minuten.

Ihr Vater hätte es gern gesehen, dass sie Abitur macht, denn sie hatte die Zensuren dafür. Doch sie wollte lieber in einem Beruf arbeiten, bei dem man sehen kann, was man schafft. Und das ist in der Bäckerei so: “Wenn man früh in die Backstube kommt, ist noch nichts da.” Am Ende des Arbeitstages liegen dann die Produkte vor einem. “Man kann sehen, was man mit den eigenen Händen gemacht hat.”

Mit diesem Team arbeitet Michelle Pöhlmann (6.v.li.) zusammen: Romi Schmidt, Carl Reimann, Julia Fraulob, Tom Rudolph, Karsten Schmidt und René Clausnitzer (von links).
Mit diesem Team arbeitet Michelle Pöhlmann (6.v.li.) zusammen: Romi Schmidt, Carl Reimann, Julia Fraulob, Tom Rudolph, Karsten Schmidt und René Clausnitzer (von links).© Karl-Ludwig Oberthür

Die junge Frau schloss ihre Ausbildung als Sachsens Beste ab. Und das lag auch an ihrem Ausbildungsbetrieb, sagt die 21-Jährige. Deren Chefin, Anja Tannenbaum-Degenkolbe, die den traditionsreichen Betrieb seit Anfang 2020 mit ihrem Mann Ringo führt, ist es wichtig, dass hier möglichst viel mit der Hand gemacht wird. In der Backstube sieht man nur wenige Maschinen.

Der Bäckerberuf hat nur eine Chance, wenn weiter Wert darauf gelegt wird, dass die Fachkräfte gut ausgebildet werden, ist die Chefin überzeugt. “Nur diese sichert die Zukunft des Handwerks.” Und das sieht auch Ausbilder Tom Rudolph so. Für den 25-Jährigen ist es zudem auch wichtig, den Mitarbeitern Freiraum zu lassen: Hier könne man selbstständig arbeiten und seine Ideen umsetzen, sagt er.

Michelle Pöhlmann hat in der Bäckerei viel gelernt: “Wir arbeiten hier nicht mit Brotbackmischungen, wir machen hier alles selbst.” Anders als in vielen anderen Bäckereien steht in Schlottwitz keine Maschine, in die man oben den Teig reinwirft und unten kommt der fertige Wirkling raus.

“Hier steht man nicht den ganzen Tag am Fließband, sondern man macht alles mit der Hand und jeden Tag etwas anderes.” Michelle Pöhlmann schätzt das. Sie stehe gern am Ofen, bereitet aber auch sehr gern Blätterteig zu. “Ich backe auch gern Brot und Brötchen, Schweinsohren und Blechkuchen.”

Familiäre Atmosphäre in der Bäckerei

Diese Arbeitsorganisation ist gewollt. Das macht es der Bäckerei einfacher, Mitarbeiter gegenseitig vertreten zu lassen. “Generell ist es schwierig, familienfreundliche Arbeitszeiten anzubieten”, räumt die Chefin ein. Man tue, was möglich ist, zum Beispiel die Arbeitszeit ein Stück weit nach hinten zu schieben. “Das klappt nicht immer.”

In der Urlaubsplanung zahlt sich die Arbeitsorganisation aus, findet Michelle Pöhlmann. “Den geplanten Urlaub bekomme ich fast immer genehmigt.”

Über 30 Jahre führte Gerd Degenkolbe die traditionsreiche Schlottwitzer Bäckerei. Anfang 2010 übernahm Tochter Anja Tannenbaum-Degenkolbe (links) mit ihrem Mann Ringo das Geschäft.
Über 30 Jahre führte Gerd Degenkolbe die traditionsreiche Schlottwitzer Bäckerei. Anfang 2010 übernahm Tochter Anja Tannenbaum-Degenkolbe (links) mit ihrem Mann Ringo das Geschäft.© Karl-Ludwig Oberthür

Die 21-Jährige schätzt auch die familiäre Atmosphäre. Von ihren Kollegen hat sie einiges gelernt, besonders in der Zeit, als sie sich als Landesbeste für den Bundeswettbewerb der Bäckergesellen 2021 in Weinheim (Baden-Württemberg) vorbereitet hatte.

Die Prüfung ging über zwei Tage und war sehr anspruchsvoll. Michelle Pöhlmann holte den vierten Platz. Das lag auch daran, dass der Wettkampf coronabedingt ein Jahr später stattfand. Einige der Teilnehmer waren da schon Meister, erinnert sie sich. Ein bisschen habe sie sich über die Jury geärgert, denn diese wertete anders als in Sachsen. Dort stand das Aussehen mehr im Fokus, nicht der Geschmack. “Es war schade, dass viele Sachen nicht probiert wurden”.

Wie es beruflich weitergeht, lässt die 21-Jährige offen. “Man muss ja nicht lebenslang Bäckerin sein.” Vielleicht geht es mal in eine ganz andere Richtung, vielleicht drücke ich noch mal die Schulbank. “Als Meisterin braucht man dafür kein Abitur.”

Möglich ist aber auch, dass sie sich später einmal selbstständig macht. Das könnte interessant werden, wenn es zu einer Familiengründung kommt. Als Selbstständige könnte sie sich die Zeit besser einteilen, sagt sie. Einen Freund hat sie schon. “Den habe ich beim Meisterkurs kennengelernt.” Weil er in Pirna und sie in Schlottwitz arbeitet, haben sich beide eine Wohnung in Heidenau genommen. Und da ihr Freund auch Bäcker ist, funktioniert die Partnerschaft ganz gut. “Wie gehen beide nachmittags zu Bett und stehen nachts auf. Wir brauchen auf niemanden Rücksicht zu nehmen.”

Ausgleich zum Beruf findet die junge Frau übrigens im Sport. In ihrer Freizeit und im Urlaub geht sie gern wandern. Außerdem besucht sie regelmäßig das Fitnessstudio und spielt in ihrer Heimatstadt Volleyball im Verein.

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