Sachsen prüft freies Parken für ambulante Pflegekräfte

Hinter einer Windschutzscheibe klebt ein rotes Schild mit der Aufschrift "Mobiler Pflegedienst im Einsatz."
Die Suche nach raren Parklücken kostet Pflegekräfte jeden Tag wichtige Zeit, die dann bei der Betreuung von pflegebedürftigen Menschen fehlt. Mehr Ausnahmegenehmigungen könnten ihnen helfen.

Von Gunnar Saft

Der kurze Satz klingt verheißungsvoll: „Wir prüfen rechtliche Möglichkeiten für Parkerleichterungen für ambulante Pflegekräfte.“ Diesem Ziel hat sich Sachsens Regierungskoalition aus CDU, Grünen und SPD auf Seite 96 ihres Koalitionsvertrages verschrieben – und findet dafür sogar Unterstützung aus der Opposition.

Susanne Schaper, Landtagsabgeordnete der Linkspartei und selbst Krankenschwester mit viel Erfahrung im Pflegebereich, kann dem Projekt nur zustimmen: „Arbeit im ambulanten Pflegedienst bedeutet Zeitdruck, Parkplatzsuche, lange Laufwege und Bezahlung nur für die Zeit, die man bei den Patientinnen und Patienten verbringt. Parkplatzsuche kostet Zeit am pflegebedürftigen Menschen. Wenn der Heizungs-Notdienst vor der Haustür parkt, sollte der Pflegedienst das allemal tun dürfen! Pflegekräfte sollen sich bestmöglich um die Pflegebedürftigen kümmern können.“

Mit einer parlamentarischen Anfrage an die Staatsregierung wollte Schaper deshalb herausfinden, was eigentlich seit der Ankündigung im schwarz-grün-roten Koalitionsvertrag passiert ist, um Pflegekräfte im täglichen Verkehrsstress zu entlasten.

Kein Frei-Ticket vom Freistaat möglich

Doch was sie dieser Tage als Antwort bekam, macht die Abgeordnete nicht glücklich, im Gegenteil. So teilte ihr Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) mit: „Eine einheitliche sachsenweite Regelung zu Parkerleichterungen für Pflegekräfte ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich.“

Solche Erleichterungen für bestimmte Berufsgruppen dürften nämlich nicht auf Landesebene, sondern allein in der bundesweit geltenden Straßenverordnung neu geschaffen werden. Die StVO, so bedauert der Minister, sehe generelle Privilegien für einzelne Berufsgruppen aber nicht vor. Was der Minister anbieten kann, ist lediglich der Verweis auf eine bereits seit 2020 existierende Handlungshilfe für alle sächsischen Straßenbehörden, um Pflegekräften mit mehr Ausnahmen bei den jeweils vor Ort geltenden Parkvorschriften entgegenzukommen.

Aber auch das Papier legt dann zunächst kategorisch fest, dass Pflegedienste alle Wirtschaftsunternehmen sind und es deshalb nicht gerechtfertigt sei, ihren Fahrzeugen das Halten und Parken an Stellen zu erlauben, an denen es gesetzlich oder durch Verkehrszeichen verboten ist.

Weil ambulante Pflegekräfte jedoch anders als Paketdienste oder Handwerker in einem sozial und gesellschaftlich hochwichtigen Bereich tätig sind, so heißt es weiter, seien für sie zumindest „zeitliche Vereinfachungen“ bei gebührenpflichtigen Parkplätzen oder auf Anwohnerparkplätzen „denkbar“. Gemeint ist damit, dass die Pflegekräfte im Fall der Fälle zwar nicht mehr die Parkscheinautomaten vor Ort benutzen müssen, ihre Pflegedienste diese Erleichterung aber über eine Extragebühr für solche Ausnahmegenehmigung bezahlen müssen – je nach Ausnahmetatbestand mit 10,20 Euro bis zu 767 Euro pro Fahrzeug bzw. pro Person. Ähnlich verhält es sich, wenn eine Erlaubnis erteilt wird, kurzzeitig Anwohnerparkplätze zu nutzen. Auch hier müsste schlimmstenfalls gezahlt werden.

Anfragen nach einfacheren Parkregelungen halten an

Susanne Schaper reicht das aber alles nicht. „Die Staatsregierung macht sich gegenüber den Kommunen einen schlanken Fuß: Pflegedienste dürfen zwar pauschal Parkgebühren zahlen, wodurch der Weg zum Automaten entfällt, oder ausnahmsweise Bewohnerparkplätze nutzen. Das verkürzt aber nicht die Wege, wenn kein naher Parkplatz frei ist. Die Staatsregierung muss Wege suchen, um legale Halteflächen zugänglich zu machen – sofern das Parken dort niemanden gefährdet.“

Die Chancen für eine solche Erleichterung sind jedoch gering. Denn auch das für den Pflegebereich zuständige sächsische Sozialministerium zeigt zwar guten Willen, hat aber keine konkreten Lösungen parat. Verwiesen wird ebenfalls nur auf die erwähnte Handlungshilfe, die aus Sicht des Ministeriums Ausnahmen möglich macht, die denen für Ärzte mit dem Schild „Arzt im Dienst“ gleichen würden, heißt es auf Anfrage. Der Haken: Sonderrechte beim Parken oder sogar einen generellen Schutz vor Knöllchen bei etwaigen Parkverstößen bietet auch das Arzt-Schild nicht.

Zumindest bestätigt ein Sprecher aber die Dringlichkeit des ungelösten Parkproblems: „Etwa die Hälfte aller zu pflegenden Menschen in Sachsen wird zu Hause betreut. Jede Erleichterung oder Ausnahme für die Pflegedienste etwa beim gebührenpflichtigen Parken oder in Zonen des Anwohnerparkens sind eine Wertschätzung ihrer Arbeit und ermöglicht letztlich auch eine Verbesserung der Pflege. Das Anliegen des einfacheren Parkens wird immer wieder an uns herangetragen, und wir halten dies für absolut verständlich.“

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