Es ist der 23. August 2018. Das Wetter könnte besser nicht sein. Das Thermometer hat wieder einmal die 30 Grad geknackt, zahllose Menschen tummeln sich an der Elbe. Spaziergänger, Fahrradfahrer, Skater, alle zieht es bei diesem Wetter nach draußen. Nur auf der Elbe ist kein Betrieb, kein Dampfer, kein Frachtschiff fährt den Fluss hinauf oder hinab. In Pirna liegt der Elbpegel an diesem Tag bei 57 Zentimeter. Zu niedrig für die Lastenschiffe, zu niedrig für die Dampfschifffahrt, selbst der Fährbetrieb muss vielerorts eingestellt werden.
Der Sommer 2018 war einer der trockensten in der Geschichte der Wetteraufzeichnungen und brachte mit 130 Litern Niederschlag pro Quadratmeter nur 54 Prozent der sonst üblichen Menge. Eine Herausforderung für den Verkehr auf der Elbe. „Seit Mai gab es wegen Niedrigwasser von Magdeburg bis Tschechien faktisch keine Frachtschifffahrt“, sagt Heiko Loroff von der Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO). Das sei problematisch, weil die Schifffahrt immer noch der ökonomisch sinnvollste Transportweg sei. „Dies erschließt sich schon beim visuellen Vergleich. Ein Schiff von 86 Metern Länge und eine Lkw-Schlange von knapp einem Kilometer transportieren etwa gleich viel“, so Loroff. Können die Schiffe nicht fahren, müssen die Waren also entweder liegen bleiben oder auf die Schiene oder Straße verlegt werden. Das bedeutet nicht nur Mehrkosten für die Unternehmen, sondern führt auch dazu, dass einige besonders große Teile überhaupt nicht an ihr Ziel gelangen. Auch die Belastung der Straßen erhöht sich, da eine Schiffsladung ungefähr 50 Lkws entspricht. In den vergangenen Jahren hat sich die Menge der auf der Elbe transportieren Waren erheblich verringert. Transportierte die SBO in den ersten drei Quartalen 2016 noch knapp 200 000 Tonnen, waren es im selben Zeitraum 2017 rund 145 000 Tonnen und 2018 nur 141 000 Tonnen.
Für Naturschützer kommt dieser Zustand weder überraschend noch ungelegen. Der landläufig als „Elbepapst“ bekannte Naturschützer Ernst-Paul Dörfler äußert sich seit Jahren kritisch gegenüber der Frachtschifffahrt auf der Elbe: „Ich bin kein Gegner der Schifffahrt, sondern ein Gegner einer sinnlosen Naturzerstörung, denn alle Baumaßnahmen in den letzten 25 Jahren an der Wasserstraße Elbe waren nutzlos.“ Statt der erwarteten zwölf Millionen Tonnen Güter seien kaum 200 000 Tonnen im Jahr per Schiff transportiert worden. Das sei nicht wirtschaftlich. Zumal bisher eine dreistellige Millionensumme an Steuergeldern für Ausbau und Unterhaltung der Wasserstraße verschlungen worden sei, erläutert Dörfler. BUND-Sprecher Felix Ekardt äußert sich noch drastischer. „Die Güterschifffahrt auf der Elbe hat keine Zukunft, weil der Wasserstand dafür nicht ausreicht. Klimawandelbedingte Trockenheit verschärft das Problem weiter.“
Ernste Konsequenzen hat der Sommer auch für die Sächsische Dampfschifffahrt. Insgesamt blieb der Verkehr 2018 an 120 Tagen eingeschränkt und an acht Tagen komplett aus. Zum Vergleich: 2017 war der Fahrplan nur an 18 Tagen eingeschränkt. Wie die Sächsische Dampfschifffahrt mitteilte, waren beträchtliche Umsatzeinbußen und Kurzarbeit die Folge. Das Unternehmen rechnet mit einem Verlust von 2,2 Millionen Euro in diesem Jahr.
Maßnahmen sind schwierig
Die einzigen Schiffe im Landkreis, die wenig betroffen sind, bleiben die Fähren. Für die hat Niedrigwasser nur im Extremfall Auswirkungen, so wie am beschriebenen 23. August. Sonst fuhren sie immer, mit Ausnahme der Fähre Birkwitz, wo der Betrieb zwei weitere Male eingestellt werden musste. „Die Bedingungen sind sehr verschieden. Wenn wir in Birkwitz 60 Zentimeter Wassertiefe haben, ist es in Schöna noch mehr als ein Meter“, erklärt Uwe Thiele, Geschäftsführer der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz. Die Fähren hätten einen Tiefgang von 60 Zentimetern, was einen Ausfall sehr unwahrscheinlich mache. Sonst gebe es wenig Maßnahmen bei Niedrigwasser: „In Königstein haben wir im Zuge von Umbaumaßnahmen den Steg verlängert, damit die Fähren am Rand nicht auf Grund laufen“, so Thiele weiter.
Die Sächsische Dampfschifffahrt muss sich ebenfalls Gedanken machen. In den nächsten Jahren wird man versuchen, die Schiffe den neuen Gegebenheiten anzupassen. „Wir überlegen und testen Möglichkeiten, den Tiefgang bei allen Schiffen zu optimieren“, heißt es aus dem Unternehmen. Denn ob in künftigen Sommern mehr Wasser die Elbe hinabfließt, bleibt unklar.
Von Maximilian Helm
Foto: © Daniel Schäfer