Von Annett Kschieschan
Unsere Arbeit wird immer leichter. Moderne Technik und Automatisierung machen es möglich. Leichter bedeutet aber nicht zwangsläufig einfacher. Das lässt sich gegenwärtig gut beobachten, denn die Transformation der Arbeitswelt ist längst im Gange. Immer öfter kann die Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen, die Robotik beziehungsweise Automatisierung ist in vielen Branchen schon selbstverständlich. Auch das macht vieles leichter, aber nicht immer alles einfacher.
Ein Blick in die Betriebs- und Personalrätebefragung 2023 durch das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) zeigt, dass die Gegenwart in vielen Branchen von gegensätzlichen Entwicklungen geprägt ist. So spüren Beschäftigte durchaus eine Entlastung durch den Einsatz modernerer Arbeitstechniken und -mittel. Andererseits beklagen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber auch mehr Stress und Druck im Job.
An der repräsentativen Untersuchung hatten mehr als 3.700 Betriebs- und Personalräte teilgenommen. Sie wurden unter anderem zur Einführung digitaler Technologien, darunter das Internet der Dinge, Managementinformationssysteme, Plattformdienste und Cloud-Lösungen, Virtual-Reality- sowie künstliche Intelligenz, befragt. Mehr als die Hälfte der privatwirtschaftlichen Unternehmen und immerhin knapp die Hälfte der Dienststellen hatten im Jahr vor der Untersuchung mindestens eine der genannten Technologien eingeführt.
Höhere Akzeptanz für Neuerungen
Das geschah oft auf Basis von Bedarfsanalysen, stufenweise und mit der Möglichkeit für Beschäftigte, Rückmeldungen zu geben. Schon das wirkte sich positiv auf die Akzeptanz der Neuerungen aus. Auch die Tatsache, dass heute nahezu jeder das Internet und zunehmend auch die Möglichkeiten der KI privat nutzt, dürfte einen Einfluss auf die Meinung vieler Mitarbeiter haben. Die Angst vor der Künstlichen Intelligenz, die Jobs komplett übernehmen und Menschen an der jeweiligen Stelle überflüssig machen könnte, ist dennoch präsent. Bisher gibt es dafür aber offenbar eher wenig Beispiele, wie auch die Befragung durch das WSI nahelegt. Im Gegenteil: Die erhobenen Daten zeigen eher, dass das Personal zumindest leicht aufgestockt wird. Die Wissenschaftler verweisen hier einmal mehr auf den Fachkräftemangel, der auch dazu führt, dass die Möglichkeit, Experten einzustellen, genutzt wird, sobald sie sich bietet. Gleichzeitig setzen immer mehr Unternehmen auf interne Qualifizierungen. Das bietet Mitarbeitern gute Chancen zum Aufstieg, kann aber die Arbeitsbelastung zumindest während der Weiterbildungsphase auch erhöhen. An diesem Punkt zeigt die Betriebs- und Personalrätebefragung deutlich die gegensätzliche Entwicklung. Knapp 20 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass die Einführung digitaler Technologien zu einer spürbaren Entlastung im Betrieb geführt habe. Allerdings konstatierten rund 30 Prozent eher eine Zunahme von Stress und Druck. Die anderen 50 Prozent konnten weder das eine noch das andere feststellen, was möglicherweise auch daran liegt, dass die jeweilige Veränderung erst vor Kurzem umgesetzt wurde.
Als sicher gilt indes, dass Unternehmen bei eben dieser Umsetzung auch künftig stark gefordert sein werden. Dabei geht es zum einen darum, möglichst alle Beschäftigten in die Prozesse einzubeziehen, ihr Feedback einzuholen und ernstzunehmen. Zum anderen zeigen auch die Antworten der befragten Betriebsräte, dass der Weiterbildungsbedarf durch die neuen Technologien enorm wächst. Das kostet Zeit und Geld – zahlt aber mittelfristig auf die Zukunftsfähigkeit ganzer Branchen ein. In drei Viertel der Fälle wurden die Mitarbeiter entsprechend weitergebildet. „Dabei handelte es sich überwiegend um Kurzschulungen, die im Durchschnitt etwa acht bis zehn Stunden dauerten“, heißt es in der Auswertung der Studie, die in diesem Zusammenhang auf das zum 1. April dieses Jahres eingeführte Qualifizierungsgeld verweist. Es soll Beschäftigten zugutekommen, deren Arbeitgeber unter besonderem Veränderungsdruck stehen, das eigene Geschäftsmodell neu auszurichten.
Die im Gesetz formulierte Qualifizierungsdauer von mindestens 120 Stunden werde bei Weiterbildungen im Bereich digitaler Technologien derzeit nur von rund drei Prozent der weiterbildungsaktiven Betriebe erreicht, so die Wissenschaftler. Auch hier ist noch eine Menge Luft nach oben.