Suche
Suche

Bäcker-Freundschaft: Wie Dresdner Brot die Herzen in Japan erobert

Zwischen Dresden und Japan gibt es eine langjährige Bäckerfreundschaft. In der Stadt Nagano wird mit großem Aufwand sächsisches Korn gesät und Dresdner Brot gebacken - und die Japaner lieben es.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht zwei Bäcker.
Beginn einer Bäckerfreundschaft: Yasuteru Nakagawa war 2016 erstmals in der Backstube des Hellerauer Marktbäckers Torsten Eckert. © dpa/Arno Burgi (Archiv)

Von Juliane Just

Dresden. Es ist ein kleines Dorf inmitten der riesigen Landzunge Japans, hoch in den Bergen, knapp 300 Kilometer von der Hauptstadt Tokio entfernt. Hier gibt es den Laden „Brot Hügel“, das Wort steht auf Deutsch am Gebäude. Dort liegen Laugenbrezeln, Roggenbrot und Pumpernickel in kleinen verschweißten Tüten. Zwischen unzähligen japanischen Schriftzeichen sind die deutschen Namen der Backwaren zu lesen. Und das ist kein Zufall, denn Schützenhilfe für diese Gebäcke gibt es aus Dresden.

Hier hat der Hellerauer Marktbäcker Torsten Eckert seine Hände im Spiel. Er arbeitet mit seinem japanischen Kollegen Yasuteru Nakagawa zusammen – über Kontinente und Sprachbarrieren hinweg. Vor 28 Jahren kam der Japaner mit deutschem Brot in Kontakt. Damals reiste er als gelernter Bäcker durch den Westen Deutschlands. Die Wege der beiden Bäcker kreuzten sich 2016, der Facebook-Algorithmus brachte sie zusammen. „Er sagte, er wolle von mir lernen“, erinnert sich Torsten Eckert. „Und ich bin da sehr offen.“

Seither entwickelte sich eine geschäftliche Kooperation, aber auch eine internationale Bäckerfreundschaft. Der Dresdner gibt seine Expertise und das Handwerk an seinen japanischen Kollegen weiter, schreibt ihm aber auch private Nachrichten, gratuliert seiner Frau zum Geburtstag, fragt nach seinem Befinden. Eckert spreche ein paar Brocken japanisch, Yasuteru Nakagawa ein paar Brocken englisch, doch das ist unwichtig. „Wir sprechen bäckerisch miteinander“, sagt Eckert.

Zum Erntedankfest in Wilschdorf haben Yasuteru Nakagawa und Torsten Eckert gemeinsam gebacken.

Japanischer Bäcker stellt alles her, was er zum Brotbacken braucht

In der Gegend Matsumoto wird unter dem Namen „Brot Hügel“ nicht Dresdner Brot gebacken, sondern auch sächsisches Korn angebaut. Eckert besorgte seinem Kollegen Roggen und Urkorn, denn diese Saaten sind in Japan nicht so einfach zu bekommen. Die Besonderheit: Yasuteru Nakagawa stellt in den Bergen alles, was das Brot ausmacht, selbst her. Er sät das Korn, bestellt den Acker, erntet die Saat, macht Mehl daraus – und dann schließlich Brot, gebacken in einem Holzofen.

Er ist Gärtner, Erntehelfer, Bäcker und Verkäufer in einem. All das stemmt der Mann mit 56 Jahren allein mit seiner Frau, nahezu rund um die Uhr. „Bemerkenswert“ findet das sein Dresdner Kollege und nickt anerkennend. Gerade stand die Produktion in Japan still, weil ein Traktor den Geist aufgegeben hat. Einen Reparaturservice gibt es nicht, der Bäckermeister muss nun auch zum Schrauber werden.

Die Produktion ist Japan ist klein im Gegensatz zu dem, was deutsche Bäcker an Backwaren produzieren. Durch den hohen Aufwand und den kleinen Ertrag sind die Preise entsprechend hoch. Ein Brötchen kostet umgerechnet bis zu 2 Euro, ein Brot 8 bis 10 Euro. „Aber für die Japaner ist das deutsche Brot etwas Besonderes“, sagt Eckert. Ein Kunde fahre regelmäßig mehr als 200 Kilometer von Tokio nach Matsumoto, um Brot und Brötchen im „Brot Hügel“ zu kaufen. Vor allem Schwarzbrot und Sauerteig haben es den Japanern angetan – und süße Gebäcke sowieso.

„Keiner kommt am deutschen Brot international vorbei“

Deutsches Brot ist heiß begehrt – weltweit. Seit 2014 steht die deutsche Brotkultur mit mehr als 3.200 Sorten als immaterielles Kulturerbe auf der Unesco-Liste und hat damit den gleichen Rang wie beispielsweise Reggae für Jamaika. „Keiner kommt am deutschen Brot und den deutschen Backwaren international vorbei“, sagt auch Manuela Lohse. Sie ist Geschäftsführerin des Landesinnungsverbandes Saxonia des Bäckerhandwerks Sachsen. Die Beziehungen der Innungsbäckerei reichen von Nachbarländern bis nach Israel, Usbekistan, Rumänien.

Auch Eckert hat sein Handwerk schon in Finnland über die Vereinigten Arabischen Emiraten bis nach China vertreten. „Ich hätte während meiner Lehre nicht gedacht, dass ich als Bäcker mal so weit rauskomme“, sagt er. Doch dieses immaterielle Kulturerbe von Hellerau aus in die ganze Welt zu bringen, treibt ihn an. Mehrfach war er schon bei seinem Kollegen in Japan, 2017 und 2019 beispielsweise nahm der Hellerauer Marktbäcker die lange Reise auf sich. Yasuteru Nakagawa wiederum war mehrfach in der Dresdner Backstube zu Gast.

Einen Wermutstropfen gibt es aber auch: Das letzte persönliche Treffen der Bäcker zwischen Japan und Deutschland ist inzwischen Jahre her. Die Corona-Pandemie machte Reisen unmöglich, Japan schottete sich ab von der Welt. „Wir haben uns alle zwei Jahre gegenseitig besucht. Nun haben wir uns fünf Jahre nicht mehr gesehen“, bedauert Eckert. Doch 2025, wenn die Expo in Osaka ist, will der Dresdner seinen Kollegen wieder besuchen.

Obwohl 12.000 Kilometer zwischen Japan und Deutschland liegen, seien sich die Menschen in einigen Eigenschaften ähnlich. „Sie sind korrekt, geradlinig, pünktlich“, so Eckert. „Ich habe mich schnell Zuhause gefühlt.“ Und obwohl die japanische Küche für ihre Finesse und Vielfalt bekannt ist, darf es für den Japaner auch einfach mal ein gutes deutsches Brot sein. „Sie essen das übrigens genau wie wir – mit Aufschnitt.“ Und zur Weihnachtszeit darf ein sächsisches Original natürlich nicht fehlen: der Dresdner Stollen, made in Japan.

Das könnte Sie auch interessieren: