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Bester Rotwein

Ein Klima wie in Italien lässt im Elbland einen besonderen Jahrgang reifen. Doch es gibt noch einige Fragezeichen.

Lesedauer: 2 Minuten

Elbland. Das wollte der Professor in Dresden nicht glauben: Vincenz-Richter-Winzer Thomas Herrlich erhielt in den vergangenen Tagen Besuch von einem Mitarbeiter des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Dieser sollte die Angabe Herrlichs überprüfen, wonach laut Wetterstation auf dem Kapitelberg in 20 Zentimetern Tiefe, gegen 21 Uhr, eine Bodentemperatur von 30,9 Grad Celsius herrschte. „Der Professor meinte, das kann es in Deutschland nicht geben, unmöglich.“ Doch der Akademiker irrte. Der Messfühler zeigte die Temperatur im Granit-Syenit-Boden des Kapitelberges völlig korrekt an.

Die Extreme haben durchaus ihr Gutes. Herrlich zufolge bringt die trockene und warme Witterung gesunde Trauben wie in Italien und Südfrankreich hervor. Es gebe keine Probleme mit Pilzbefall. „Ja, das ist eigentlich Rotweinklima“, sagt der Geschäftsführer des Weingutes. Im nächsten Satz schränkt er ein: „Aber genügt das für ein Jahrhundert-Rotweinjahr?“ 

Jetzt eine Aussage dazu zu treffen, wäre Wahrsagen oder Spekulieren. Die Variablen für das Wachsen von Rebe und Traube seien 2018 teils sehr extrem und so „noch nie dagewesen.“ Er würde deshalb in einer Jahrgangs-Prognose zum heutigen Zeitpunkt die roten und weißen Trauben zunächst gleich betrachten. Es komme bei beiden darauf an, wie, wann und welche Menge Wasser zur Verfügung stand. Auch das Alter des Rebstockes und der Standort spielten eine große Rolle. „Wir haben zum Beispiel in Weinböhla Sandboden, aber in acht bis zehn Metern Tiefe steht Grundwasser an“, sagt Thomas Herrlich. Das Resultat seien schöne kräftige Trauben und dunkelgrüne Blätter. „Optimal, ja fast sensationell“, so der Winzer.

Nach Angaben von Kellermeister Jacques du Preez vom Weingut Schlosss Proschwitz Prinz zur Lippe haben die Ertrags-Anlagen des Unternehmens derzeit keinen sichtbaren Trockenstress. Nur die Junganlagen kämpften mit der Hitze und Trockenheit. Die Vegetation sei sehr fortgeschritten. Mit einer Vorhersage hält er sich ähnlich bedeckt wie sein Kollege Thomas Herrlich. Nur so viel lässt der gebürtige Südafrikaner durchblicken. „Wenn es bisschen kühler wird und trocken bleibt, könnte es ein gutes Spätburgunder-Jahr werden.“ Spät reifende Rotwein-Rebsorten hätten dann gute Voraussetzungen.

Als Herausforderung benennt der Proschwitzer Kellermeister steigende pH-Werte, geringe Säure und hohe Alkoholwerte. Schwierig sei es, bei solchen Bedingungen eine physiologische Reife mit nicht zu hohen Mostgewichten zu erreichen. Dieses Jahr dürften die Winzer Weinsäure zugeben. Das helfe, die Schwierigkeiten zu meistern. Bereits nächster Woche könnte die Lese des Frühburgunders starten.

Nur verhalten optimistisch sind die Radebeuler und Coswiger Winzer. Kellermeister Jacob Oehler vom Weingut Drei Herren hat in den Steillagen besondere Probleme. „Das habe ich noch nicht erlebt, dass selbst 35 Jahre alte Rotweinrebstöcke nicht tief genug wurzeln, um sich noch Wasser ziehen zu können. Wir müssen von oben mit der Wasserlanze nachgießen.“

Etwa ein Fünftel der Anbaumenge ist bei den Drei Herren Spätburgunder und Cabernet France. Die normale Lesereihenfolge sei für 2018 inzwischen über Bord geworfen. Ein Teil des Rotweins werde wahrscheinlich früher als mancher Weißwein gelesen. Bis Mitte September wolle es Oehler aber noch ausreizen.

Spätburgunder und Regent wird im Weingut von Andreas Henke in Sörnewitz als Roter gehegt und gepflegt. „Alles drei Wochen früher“, sagt Kellermeister Frank Dödtmann und zeigt im Kalender auf Ende August, wo wahrscheinlich die ersten roten Trauben geschnitten werden. Sorgen macht auch ihm die Wasserversorgung der Trauben, die zu wenig Saft ausbilden. Er erinnert sich, wie auch Kellermeister Oehler, an 2003, als es ähnlich heiße Wochen waren. Allerdings gab es damals noch wenigstens ab und zu einen Regenguss.

Erinnerungen, die auch bei Andrea Leder vom Coswiger Weingut Matyas aufkommen. Sie hat, wie Henkes, auf etwa acht Hektar Weinanbau ein Siebentel Rotwein. „Wir müssen jetzt den richtigen Moment für unseren Regent, Spätburgunder und Dornfelder abpassen, wo Zuckergehalt und Säure noch stimmig sind“, sagt sie.

 

von Peter Anderson und Peter Redlich

Bildquelle: Claudia Hübschmann

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