Von Michael Rothe
Dresden. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) träumt von schneller Bahnanbindung seiner Heimatstadt Görlitz an Dresden und im Rahmen der Linie Breslau–Berlin via Weißwasser und Cottbus an die deutsche Hauptstadt. Beide Projekte hatten es nicht in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans, der Bibel für alle Bauprojekte, geschafft. Der Bund hatte ihre Finanzierung aber in einem Elektrifizierungsprogramm in Aussicht gestellt. Eckpunkte sollen Ende März stehen. Die Kohlekommission hatte im Oktober für beide Vorhaben plädiert, von einer ICE-Linie war jedoch keine Rede.
In einem Brief an Bahn-Vorstand Roland Pofalla hatten die Grünen-Parteivorsitzende Annalena Baerbock und ihr sächsischer Parteikollege Stephan Kühn nach konkreten Plänen zum Wiederanschluss der Lausitz an den Fernverkehr gefragt. Die Antwort Pofallas, der auch in der Kohlekommission sitzt, „dokumentiert deutlich das fehlende Interesse der Bahn an der Lausitz: Zur explizit angesprochenen ICE-Verbindung von Berlin nach Görlitz kein Satz“, sagt Verkehrsexperte Kühn zur SZ.
Dresden-Görlitz werde ebenfalls nicht erwähnt. Nur Gespräche mit Polens Bahn zum Fernverkehr auf der niederschlesischen Magistrale würden genannt. „Dabei wäre eine Linie über die fertiggestellte Strecke über Cottbus seit Dezember umsetzbar gewesen. Ideen wie eine grenzüberschreitende Verbindung von Leipzig über die Magistrale nach Polen, scheinen bei der Bahn auch keine Rolle zu spielen“, so Kühn.
Er appelliert an den Ministerpräsidenten. Kretschmer müsse bei der Bahn und dem Bund intervenieren, „statt das Blaue vom Himmel zu versprechen“. Für die von ihm genannte Fahrzeit von 45 Minuten von Weißwasser nach Berlin seien 210 km/h nötig, die Trasse nach Cottbus aber nur für 160 km/h ausgebaut. „Eine ICE-Rennstrecke wird definitiv nicht über ein Elektrifizierungsprogramm finanziert“, ist Kühn überzeugt. Alles andere sei Träumerei. Über Kosten gebe es keine seriösen Zahlen.
Auch der sächsische FDP-Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst hat der Bundesregierung Desinteresse bescheinigt. Auf eine Anfrage seiner Partei hatte sie sich skeptisch zu grenzüberschreitenden ICEs geäußert, weil Zulassung und „Mehrsystemfähigkeit“ zu Polens Stromsystem fehlen.