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Bleibt der Steuerzahler auf den Braunkohlekosten in Sachsen und Brandenburg sitzen?

Der Kohlekonzern Leag strukturiert sich zurzeit in Sachsen und Brandenburg neu. Umweltschützer befürchten eine „Bad Bank“, die Milliardenkosten auf den Steuerzahler umwälzen könnte. Was steckt dahinter?

Lesedauer: 3 Minuten

Luisa Zenker

Cottbus/Brandenburg. Die Deutsche Umwelthilfe hat dieser Tage Strafanzeige gegen die Lausitz Energie Bergbau AG (Leag) bei der Staatsanwaltschaft Cottbus eingereicht. Die Organisation verdächtigt den in Sachsen und Brandenburg tätigen Kohlekonzern, Emissionen zu verheimlichen. Demnach macht das Unternehmen unvollständige Angaben zu CO2- und Methanemissionen. Die Klage richtet sich gegen Vorstand und Aufsichtsrat. „Den Beteiligten könnte eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe drohen“, erklärt Eike Hinrichsen, Energie-Referentin von der Umwelthilfe am Wochenende auf der zivilgesellschaftlichen EPH-Konferenz im Menschenrechtszentrum Cottbus.

Greenwashing-Vorwurf gegen Kohlekonzern in Sachsen und Brandenburg

Hat die Strafanzeige gegen den Kohlekonzern Leag eingereicht: Energie-Referentin Eike Hinrichsen von der Deutschen Umwelthilfe.
Hat die Strafanzeige gegen den Kohlekonzern Leag eingereicht: Energie-Referentin Eike Hinrichsen von der Deutschen Umwelthilfe.
Quelle: Markus Pichlmaier, ideengrün

Doch die Kritik geht noch weiter: Die Deutsche Umwelthilfe wirft dem Unternehmen „irreführende Darstellungen zur Zukunftsfähigkeit des Bergbauunternehmens“ und „Greenwashing“ vor.

Grund dafür ist die derzeitige Umstrukturierung bei der Leag. Ab Mai vereint die neu gegründete Holding Leag GmbH mehrere Gesellschaften unter ihrem Dach. Dazu zählt auf der einen Seite die Leag Germany GmbH (Gigawatt ),die sich allein auf Erneuerbare Energien spezialisiert. Zu dieser gehören neue, rechtlich eigenständige Gesellschaften: die Leag Renewables GmbH soll Windkraft- und Photovoltaikanlagen planen und betreiben, die Leag Clean Power GmbH soll sich mit Batteriespeichern, neuen Kraftwerken und Wasserstoff beschäftigen und die Leag Biomass GmbH wird Holzpellets vertreiben. Auf der anderen Seite steht die Kohlesparte mit der unveränderten Lausitz Energie Verwaltungs GmbH.

So sieht die neue Struktur der Leag zum 1. Mai 2025 aus. Die neu gegründete Leag Gigawatt GmbH ist für den Ausbau Erneuerbarer Energien zuständig, während die Lausitz Energie Verwaltungs GmbH die Kohlesparte verantwortet.
So sieht die neue Struktur der Leag zum 1. Mai 2025 aus. Die neu gegründete Leag Gigawatt GmbH ist für den Ausbau Erneuerbarer Energien zuständig, während die Lausitz Energie Verwaltungs GmbH die Kohlesparte verantwortet.
Quelle: LEAG

Kritik von Umweltschützern: Bad Bank verschleppt Kohlefolgekosten

Der Umweltverband „Grüne Liga“ kritisiert, dass die Leag damit eine „Bad Bank“ geschaffen haben könnte. Der Begriff wird für Unternehmen verwendet, auf die risikobehaftete Kredite oder Zahlungsforderungen von Dritten übertragen werden, um andere Unternehmen vor der Insolvenz zu schützen. „Es entsteht eine Bad Bank, ein Finanzvehikel, das faule oder risikobehaftete Vermögenswerte in der Bilanz eines Unternehmens isoliert, um sein wirtschaftliches Gesamtbild zu bereinigen“, erklärt Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid.

Karsten Smid, Referent für Klima und Energie kritisiert die Umstrukturierungspläne der Leag.
Karsten Smid, Referent für Klima und Energie kritisiert die Umstrukturierungspläne der Leag.
Quelle: Markus Pichlmaier, ideengrün

Mit der neuen Holding werde das Kohlegeschäft isoliert. Zahlreiche Umweltverbände sorgen sich deshalb vor einer geplanten Insolvenz der Braunkohlesparte und einer Abwälzung der Langzeitkosten auf den Steuerzahler. Gewinne aus Erneuerbaren würde man für sich behalten, kritisiert René Schuster von der Grünen Liga.

Greenpeace: Ansparungen der Leag für Bergbaufolge-Kosten zu gering

Laut dem aktuellsten Konzernabschluss zum Geschäftsjahr 2023 betrugen die Rückstellungen für die Braunkohlefolgen bei der Leag 2,6 Milliarden Euro. Hinzu kommen die finanziellen Einlagen in den beiden Vorsorgegesellschaften Sachsen und Brandenburg, sie belaufen sich aktuell auf mehrere hundert Millionen Euro, konkretere Angaben macht die Leag nicht.

Um die drei Milliarden Euro sind also offenbar für die Rekultivierung der Tagebaue eingeplant. Nach einer neuen Schätzung von Greenpeace belaufen sich die Sanierungs-Kosten der Leag-Braunkohletagebaue aber auf fünf bis zehn Milliarden Euro für Sachsen und Brandenburg.

Leag will durch Aufspaltung attraktiv für Kreditgeber sein

Die Leag erklärte in einer kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung, dass sie, mit der Trennung von Braunkohle- und Neugeschäft, attraktiv für Drittinvestoren und Kreditgeber sein wollen, die an eine „No-Coal-Policy gebunden“ sind. Man könne so flexibler und schneller auf Marktbedürfnisse reagieren.

Die ausgelagerte Braunkohlesparte sei keine Bad Bank, sondern komme den „bergbaulichen Verpflichtungen“ nach, heißt es von der Leag auf Anfrage der Sächsischen Zeitung. „Die Wiedernutzbarmachung der Bergbaufolgelandschaften ist sogar doppelt abgesichert, sozusagen mit Netz und doppeltem Boden“, widerspricht ein Leag-Sprecher den Vorwürfen.

Einerseits durch die Rückstellungen und andererseits durch die insolvenzfesten Sondervermögen in den Vorsorgegesellschaften. Bei einer Insolvenz hätten die Bundesländer direkten Zugriff auf die bisher angesparten Millionenbeiträge in den Sondervermögen.

Personal wechselt nacheinander

Karsten Smid bleibt jedoch skeptisch. „Wer kann, springt ab“, begründet er seine Kritik. Denn innerhalb des vergangenen Jahres sind Firmenchef Thorsten Kramer, Finanzvorstand Markus Binder und Produktionsvorstand Philipp Nellessen nacheinander zurückgetreten.

Zahlreiche Umweltverbände sowie die grünen Landtagsfraktionen Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg fordern deshalb eine Braunkohlefolgestiftung. Hierbei sollen die Tagebauflächen und weitere Vermögenswerte der Bergbauunternehmen in eine Stiftung überführt werden. Diese finanziert dann die Sanierung aus den Erträgen von Erneuerbare-Energien-Anlagen und aus der Verpachtung der Flächen.

SZ

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