Glashütte. Die Meldung schlug in Glashütte wie eine Bombe ein. Der weltweit größte Uhrenkonzern, die Swatch Group, bleibt 2019 dem weltgrößten Branchentreffen, der Baselworld, fern. Das betrifft auch den zum Konzern gehörenden Luxusuhrenhersteller Glashütte Original aus dem Müglitztal. Konzernchef Nick Hayek begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass diese Messe nicht mehr zeitgemäß sei. Es gebe andere, effektivere Vertriebswege. Zudem beklagte er sich über die hohen Standgebühren. Der Konzern mit seinen 18 Marken habe dem Vernehmen nach zuletzt 44 Millionen Euro dafür aufgebracht. Das sei zu viel, sagte Konzernchef Nick Hayek einem Fernsehsender.
Neu ist die Kritik nicht: Anfang des Jahres wurde die Messeleitung bereits hart kritisiert. Doch dass die Swatch-Group der Messe den Rücken kehren wird, damit haben offenbar nur wenige gerechnet. Auch Alexander Philipp, Betriebsleiter der Tutima Uhrenfabrik, zeigt sich verwundert: „Das kommt alles etwas überraschend. Wir können uns daher noch nicht dazu äußern“, sagt er auf die Frage, ob sein Unternehmen der Swatch Group folgen werde. Auch Mitbewerber Grossmann möchte sich nicht festlegen. Und das Uhrenatelier Bruno Söhnle lehnt eine Stellungnahme ab. Man darf gespannt sein, wie die Entscheidungen ausfallen. Schließlich gilt die Baselworld als großes Forum, auf dem neue Uhren vorgestellt werden. Diese werden wenig später in Hochglanzmagazinen ausführlich beschrieben und wenige Wochen später im Fachhandel angeboten.
Hoffen auf die Messeleitung
Darauf wollen zwei Glashütter Firmen auch 2019 nicht verzichten. Deren Chefs sind zwar auch unzufrieden, hoffen aber, dass die Messeleitung einlenkt. Für Nomos Glashütte ist die Messe in Basel immer noch eine wichtige Plattform, sagt Geschäftsführer Uwe Ahrendt. „Dieses Jahr waren wir bei mehr als 700 Terminen mit Presse- wie Fachhandelsvertretern aus der ganzen Welt an einigen Tagen fast komplett überbucht.“ Die Stimmung am Stand sei bestens gewesen. Trotzdem findet er, dass die Messe kreativer, flexibler, kundenorientierter werden muss.
Ähnlich sieht es Mitbewerber Mühle. Geschäftsführer Thilo Mühle hofft, dass die Messeleitung mehr auf die Wünsche der Aussteller eingeht. Wunder erhoffe man sich nicht. Es wäre aber schon hilfreich, wenn es auf der Messe auch Foren, Vorträge und geführte Messerundgänge geben würde. Auch über eine Absenkung des Eintrittspreises sollte man nachdenken. Gegenwärtig kostet das Tagesticket mehr als 50 Euro. „Da muss man schon über eine sehr hohe Motivation verfügen, um die Messe zu besuchen“, ergänzt Mühle-Pressesprecher Holger Hillenbrand. Das Unternehmen selbst erhofft sich, dass die Messeleitung bestimmte Informationen schneller weiterleitet, damit mehr Zeit bleibt, den Messeplatz zu gestalten.
Alternativen zu Basel?
Unabhängig von der Kritik an der Basler Messe denken die Unternehmen über Alternativen nach. Eine ist der Wechsel zur zweitwichtigsten Uhrenmesse, dem Genfer Uhrensalon. „Wir spielen mit dem Gedanken“, sagt Nomos-Chef Ahrendt. Die Voraussetzungen dazu erfülle sein Unternehmen bereits. Es wurde in den Kreis aufgenommen, der dort aufstellen darf. Dazu zählen bereits die Glashütter Uhrenmanufaktur Lange sowie Patek Philippe, Rolex und Omega. Auch bei Mühle kann man sich vorstellen, nach Genf zu gehen. Der Uhrensalon ist zu einer Alternative geworden. Dort träfe man viele Juweliere, sagt Mühle. Allerdings fehle in Genf die Nähe zum eigentlichen Kunden. Denn bisher gibt es nur einen einzigen Publikumstag.
Längst haben die Unternehmen begonnen, sich parallel zu den Messen weitere Vertriebswege zu erschließen. So hat Mühle vor längerer Zeit damit begonnen, Uhren auf Veranstaltungen wie Sportevents vorzustellen. „Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht“, sagt Thilo Mühle. Bei Nomos Glashütte setzt man indes noch stärker auf den Online-Handel. Der werde immer wichtiger. „Schon seit 2010 hat Nomos Glashütte einen eigenen Online-Store“, sagt Ahrendt. „Wir waren damit in der Uhrenbranche unseres Wissens nach die ersten.“ Darüber hinaus kooperiert Nomos mit ausgewählten Online-Plattformen. „Das ist extrem wichtig für den Zugang zu neuen Märkten und Zielgruppen“, so Ahrendt. Auch die Mitbewerber sind im Internet aktiv. Grossmann bastelt noch an einem besseren Vertriebssystem. Im Online-Handel sieht man auch hier ein „hohes Potenzial“, sagt Sprecherin Sandra Behrens.
Trotz der Tendenz zum verstärkten Online-Handel bleiben Messen wichtig. Sie sind ein wichtiger Vertriebsweg, sagt Thilo Mühle. Hier werden den Fachhändlern Uhren vorgestellt, die sie gleich bestellen können. Außerdem sind Messen eine Informationsplattform. Journalisten, Juweliere und die Firmen können sich über neue Uhren, Trends und die Branche selbst informieren. Und für Ahrendt sind Messen Orte, an denen direkte Kontakte aufgebaut und gepflegt werden. Auf der Baselworld trifft man Handels- und Pressepartner zum persönlichen Austausch. Man lernt Fachhändler kennen, um weiter wachsen zu können, sagt der Nomos-Chef.
von Maik Brückner
Bildquelle: Glashütte Original