Von Maren Kaster
Extremwetterereignisse wie Fluten und Dürreperioden machen sie allgegenwärtig: die Klimakrise. Auch um Sachsen macht sie keinen Bogen. Ideen, Methoden und Modelle, wie man ihr begegnen kann, gibt es viele. Doch wie wirken sich entsprechende Maßnahmen, wie beispielsweise der Ausbau erneuerbarer Energien auf die Wirtschaft des Freistaates aus? Dieser Frage ist eine Studie, die im Auftrag des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie erstellt wurde, nachgegangen, die sowohl Chancen als auch Risiken betrachtet hat. Sie zeigt, inwiefern Sachsen profitiert und wo es schwierig wird.
Strukturwandel muss gefördert werden
Maßnahmen für den Klimaschutz seien dringend notwendig, sagt Philip Ulrich von der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS), die die Studie durchgeführt hat. Diese Schritte würden aber insbesondere die Sektoren Industrie, Energiewirtschaft, Land- und Forstwirtschaft sowie Gebäude und Verkehr vor große Herausforderungen stellen. Es stehe fest, dass sich Maßnahmen auf lange Sicht positiv auf Menschen und Wirtschaft auswirkten, beispielsweise weil die Importabhängigkeit reduziert würde und neue Geschäftsfelder entstünden. Doch müsse trotzdem auf die Umstände geachtet werden, die der Strukturwandel mit sich bringt. So müsse die Entwicklung und der Einsatz neuer Technologien zusätzlich gefördert werden.
Die unterschiedlichen Sektoren müssen dabei gesondert betrachtet werden. Ulrich geht beispielhaft auf die Energiewirtschaft und den Gebäudesektor ein: „Zweidrittel der Energie wird in Sachsen nach wie vor durch Braunkohle gewonnen und es ist nicht absehbar, dass sich der Freistaat ohne Kohle selbst versorgen kann.“ Dabei produziere er aktuell sogar mehr als er verbraucht, sodass Strom exportiert werde. Der Ausbau erneuerbarer Energien scheint dringend notwendig, zumal er viele Arbeitsplätze beschert. „2021 standen 16.500 Arbeitsplätze im Zusammenhang mit dem Ausbau erneuerbarer Energien“, sagt Ulrich. Das sei mehr als der bundesweite Durchschnitt und sei aktuell vor allem durch die Fotovoltaik-Industrie gegeben.
Heizenergiebedarf unter Durchschnitt
Der Gebäudesektor stehe laut Ulrich bereits gut da. Denn zum einen gebe es in Sachsen viele Mehrfamilienhäuser, zum anderen weisen die Gebäude durch die Renovierungen der 1990er-Jahre einen guten Sanierungsstand auf. Dieser Umstand dürfe jedoch nicht schleifen gelassen werden. „Der Heizenergiebedarf liegt unter dem bundesweiten Durchschnitt. Daran kann man weiter anknüpfen“, sagt Ulrich.
Sachsens Stärken bestünden laut Ulrich unter anderem darin, dass es viele kleine und mittelständische Unternehmen mit hoher Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gebe, aber auch in seinen forschungsstarken Hochschulen und Forschungseinrichtungen. An Forschungskooperationen seien zudem vergleichsweise viele sächsische Unternehmen beteiligt und arbeiteten bereits mit Schlüsseltechnologien, wie Fotovoltaikanlagen oder Batteriespeichern. Auf der Seite der Schwächen führt Ulrich beispielsweise die komplizierte Bürokratie und den zunehmenden Mangel an Arbeitskräften auf.
Sachsens Vorreiterrolle nutzen
Fast alle Industrien in Sachsen haben bereits mit Klimaschutzgütern zu tun und machen Umsätze damit. „Diese Tatsache ist dynamisch gewachsen und wird weiterwachsen“, sagt Ulrich. Chancen bestehen vor allem in der angestrebten Vorreiterrolle Sachsens bei der Nutzung von (grünem) Wasserstoff als Energieträger und in den neuen Absatzmöglichkeiten für Hersteller von energieeffizienten Technologien und Produkten. Risiken liegen dagegen in der in Teilen geringen Bereitschaft in der Bevölkerung, Transformationsprozesse mitzutragen und in der Gefährdung traditioneller Geschäftsmodelle durch Technologiewandel und Kostensteigerungen.
Der konkrete Ausbau und die Förderung unter anderem von erneuerbaren Energien fordern Investitionen, die über einen längeren Zeitraum anhalten müssten, sagt Ulrich. Die Studie zeige aber, dass das Bruttoinlandsprodukt im Freistaat steigen wird und Sachsen gesamtwirtschaftlich mehr als andere Bundesländer von Klimaschutzmaßnahmen profitieren würde. „In diesem Zusammenhang ist Kretschmers Aussage, die Energiewende sei gescheitert, nicht zielführend und absurd“, sagt Ulrich.