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Coaching und Kokosmilchsuppe

In Cunewalde haben Henriette Hauerstein und Flora Brinckmann ein ungewöhnliches Projekt gestartet und dabei gleich noch die Zukunft für einen urigen Ort gesichert.

Lesedauer: 3 Minuten

Zwei Frauen stehen vor einem Umgebindehaus.
Henriette Hauerstein und Flora Brinckmann vor der Kleenen Schänke in Cunewalde. Fotos: Thomas Kretschel

Von Irmela Hennig

Cunewalde. Balsamico-Feigen-Aufstrich, Erbsen-Kokosmilchsuppe, Blattsalat mit Rote Beete und Walnüssen. Da kommt der Appetit beim Zuhören. Das, was Henriette Hauerstein und Flora Brinckmann mit ihren Kunden gelegentlich gemeinsam kochen, klingt lecker. Kochkurse bieten die Oberlausitzerinnen allerdings nicht an. Was in der Küche der „Kleenen Schänke“ in Cunewalde, südlich von Bautzen, gerührt, geschnippelt und gewürzt wird, ist teambildende Maßnahme und Teil von Seminaren, Schulungen, Coachings für Firmen aus der Gesundheits-, Pflege- und Sozialbranche. Dies ist das Geschäft von Bima – Bildung und Management, einem Unternehmen für Fortbildung und Bildungsberatung mit Sitz in Großpostwitz bei Bautzen.
Gemeinsames Kochen und Essen schiebt sich, wenn es passt, zwischen die Arbeit „mit dem Kopf“, wie Henriette Hauerstein (66) erzählt. Sie ist die Bima-Gründerin. Tochter Flora ist 2018 eingestiegen, auch um den Betrieb künftig weiterzuführen, so die 40-Jährige.
Das Thema Unternehmensnachfolge – es steckt doppelt in der Geschichte der gebürtigen Bautzenerinnen. Nicht nur im Einstieg von Flora Brinckmann. Sondern auch darin, dass die beiden mit der „Kleenen Schänke“ etwas übernommen haben, was sonst möglicherweise vor einer ungewissen Phase gestanden hätte. Das Gebäude, ein Umgebindehaus aus der Zeit um 1780, gehört zwar dem Landesverein Sächsischer Heimatschutz, der im Obergeschoss auch ein Museum für Holzbearbeitung und Geologie eingerichtet hat. Doch an sich wird das Objekt verpachtet, die unteren Räume werden genutzt als Gaststube. Und bis Ende 2024 als Koch- und Kulturwerkstatt, samt Café und kleinem Verkaufsbereich. Damit hatte sich die gebürtige Cunewalderin Carola Arnold, Köchin und früher Leiterin eines Dresdner Cateringbetriebs, selbstständig gemacht. Einen Ort für Veranstaltungen, Gastronomie und Begegnungen geschaffen. Doch mit Anfang 60 hatte sie sich entschieden, die Schänke abzugeben. Doch an wen? Nachfolger in der Oberlausitzer Gastronomie zu finden – schwierig.

Ein Ambiente, in dem man loslassen kann
Die „Kleene Schänke“ aber wird weitergeführt – seit Anfang 2025 als Tagungs- und Kulturzentrum. Durch ihren Mann, der hier an einer Verkostung teilgenommen hatte, war Flora Brinckmann auf den Ort aufmerksam geworden. Hatte den Kontakt zu Carola Arnold gesucht, um hier eine Fortbildung inklusive Kochworkshop durchzuführen. Gesagt, geschult, gekocht! Mehrmals. Dann aber informierte Arnold, dass sie aufhören werde. „Da haben wir diskutiert, ob das Haus etwas für uns ist“, erinnert sich Henriette Hauerstein. Vor allem, um hier Kurse und Beratungen durchzuführen. In einem Ambiente, „in dem man loslassen kann“.
Die Unternehmerinnen fanden schließlich ein Ja zum Objekt. Hier bieten sie nun in mehreren Räumen Coachings und Ähnliches an, teils mit Koch-Aktionen. Und sie erleben: „Das Konzept kommt gut an.“ Carola Arnold selbst ist bei Bima, wie eine weitere Mitarbeiterin, geringfügig beschäftigt. Führt abends Workshops durch, beispielsweise zum Brotbacken. Ein kleines Verkaufssortiment gibt es auch – Carolas Kochbuch, ihre Brotbackmischung, selbst gemachte Marmelade. Henriette Hauerstein ergänzt das Sortiment mit ihrem Buch „Ich muss mal. Jetzt nicht! Die Patienten-Souffleuse: Wie Sie den Dialog auf Augenhöhe führen“ mit Einblicken in die Pflegebranche.

Das Kerngeschäft von Bima bleiben Fortbildung und Beratung. Hauptschwerpunkte sind Führungskräfteentwicklung, Teambildung sowie Kommunikation. Es gehe beispielsweise darum, Führungskräfte fit zu machen für Mitarbeitergespräche, um den Umgang mit Stress, mit kniffligen Situationen und Lagerbildung. Für Privatpersonen bieten die Unternehmerinnen Coachings an, unter anderem, wenn diese überlegen, in Gesundheits- und Pflegeberufe einzusteigen, Fach- oder Führungskraft zu werden, oder auch die Branche wechseln wollen. Als Henriette Hauerstein 2015 begonnen hat, füllte sie damit eine Lücke. „Coaching gab es in unserer Branche nicht.“
Praktische Erfahrung für ihr Angebot hat die Ehefrau und zweifache Mutter reichlich. Nach dem Abi hatte sie als Pflegehilfskraft in einem Krankenhaus zu arbeiten begonnen, dann Krankenschwester gelernt, als solche und dann als Gemeindeschwester gearbeitet, hat schließlich Schwestern und Pfleger ausgebildet. Sie studierte Medizinpädagogik, war in der Lehrerbildung tätig, wurde Geschäftsführerin eines Wohlfahrtsunternehmens. Um nur einige Stationen zu nennen. Dann kam die Selbstständigkeit.
Tochter Flora, auch zweifache Mutter, studierte nach Abitur und Au-pair in den USA Angewandte Linguistik mit Schwerpunkt Unternehmenskommunikation. Sie war im Marketing an einer berufsbildenden Schule im Sozialbereich tätig, dann an einer Hochschule im Bereich Kern- und Teilchenphysik. Ihre Aufgabe dort war es, Veranstaltungen zu organisieren, die Jugendlichen und Lehrern dieses Thema näherbringen. Nun also Bima. Mit Kunden in der Oberlausitz und bis Cottbus oder Leipzig. Vor allem an Pflegedienste und -heime, Kitas, Kliniken, Reha- und Sozialeinrichtungen richten sich die Angebote. Das Interesse – es wachse.

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