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Der Flugzeugbau kehrt nach Sachsen zurück

Am Flughafen Leipzig-Halle sollen ab 2026 Passagiermaschinen mit bis zu 43 Sitzen entstehen – im Zeichen des Kolibris, dem Symbol von Investor Deutsche Aircraft.

Lesedauer: 3 Minuten

Das Bild zeigt ein Flugzeug im Himmel.
Die D328Eco ist eine nachhaltigere Weiterentwicklung der Anfang der 1990er-Jahre gebauten Dornier 328. Das Regionalflugzeug mit bis zu 43 Sitzplätzen gilt als eines der modernsten und umweltfreundlichsten. © Deutsche Aircraft

Von Michael Rothe & Sven Heitkamp

Am Flughafen Leipzig-Halle sollen ab 2026 Passagiermaschinen mit bis zu 43 Sitzen entstehen – im Zeichen des Kolibris, dem Symbol von Investor Deutsche Aircraft.

Erstmals seit dem Aus für die legendäre B-152 Anfang der 60er-Jahre in Dresden soll in Sachsen wieder ein komplettes Flugzeug montiert werden. Der Bau des Werks begann am Dienstag. Doch am historischen Tag fliegt erst mal nur ein bisschen Erde durch die Luft. Auf einer frisch gemähten Wiese im Leipziger Flughafengelände stehen ein paar Männer in Anzügen und graben mit glänzenden Spaten einen kleinen Erdhügel um, reihenweise Kameras und Handys sind dabei auf sie gerichtet.

Es ist der erste Spatenstich für die Fabrik des Flugzeugherstellers Deutsche Aircraft. „Flugzeugbau ist coming home“, schwärmt der Chef der Mitteldeutschen Flughafen AG, Götz Ahmelmann.

In dem schicken hellen Gebäude, das bisher nur auf einer Bautafel zu sehen ist, sollen ab 2026 43-Sitzer montiert werden, die auch mit Öko-Kerosin oder E-Fuels fliegen können. 48 Turboprop-Flugzeuge unter dem Namen D328Eco sollen es im Jahr sein. Die ersten fünf Maschinen sind bereits an die Charter-Airline „Private Wings“ verkauft.

Kürzeste Kabinettssitzung

Minuten später ist vom symbolischen Akt nur eine leere Wiese mit ein paar Fahnen und Blumen übrig. Die Festgesellschaft ist in einen eigens hergerichteten Raum im Flughafenterminal umgezogen, wo Champagner bereitsteht. Auf der Bühne schwärmt Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vom besonderen Tag, für den seine Ministerriege ihre Dienstagsrunde in Dresden gestrafft habe – „die bisher kürzeste Kabinettssitzung“.

Bei der Ansiedlung gehe es auch darum, klimaeffizienter zu werden. „Wir brauchen nicht nur einen klimaneutralen Flughafen, sondern auch einen klimafreundlichen Flugbetrieb“, sagt Kretschmer. Dass der Ausbau des Airports immer auch Kritiker hat, lässt der Regierungschef in seiner kleinen Ansprache nicht aus. „Natürlich hat das auch eine Schattenseite – es bedeutet auch Lärm und andere Einschränkungen“, räumt er ein. Dafür brauche es für die Anlieger einen Ausgleich und die Unterstützung des Bundes und des Freistaates, wie etwa beim Lärmschutz.

350 Jobs an Leipzigs Airport

Dass der Bau der Fabrik erst vier Jahre nach der Ankündigung beginne, habe vor allem mit Corona zu tun. In der Zeit hätten die Architekten kaum Angebote von Baufirmen bekommen. Eigentlich sollte die Maschine schon 2023 gebaut werden. Immerhin sorgt der Verzug dafür, dass das Investment von 80 über 100 Millionen Euro und die Zahl der neuen Jobs von maximal 250 auf bis zu 350 erhöht wurde.

Laut Anna Christmann (Grüne), Luft- und Raumfahrt-Koordinatorin der Bundesregierung, fördert der Bund das Programm D328Eco mit 125 Millionen Euro. Es sei ein „Hoffnungsträger für eine klimaneutrale Luftfahrt der Zukunft“ – und wichtig, diese Expertise in Deutschland zu haben.

Sachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Martin Dulig (SPD), im Wettstreit um die Schaufel mit Sachsens Premier unterlegen, ist dennoch „glücklich und stolz“, dass fünf Jahre nach seinem Erstkontakt mit dem Investor „jetzt endlich Fakten geschaffen werden“. Nach früheren Angaben bezuschusst der Freistaat die Investition mit maximal zehn Prozent, wird die nötige Straßeninfrastruktur zu 90 Prozent bezahlt und in Kooperation mit der Arbeitsagentur die Mitarbeiterakquise unterstützt.

Zulieferer wollen dabei sein

Nun hoffen auch zahlreiche Zulieferer im Freistaat, mit ins Boot bzw. in den Flieger genommen zu werden. Die PMG Precision Mechanics Group GmbH in Wilsdruff bei Dresden macht mit der Deutschen Aircraft, die bis 2021 noch 328 Support Services GmbH hieß, schon seit 17 Jahren gute Geschäfte. David Riedrich, Chef des Herstellers von Präzisionsbauteilen etwa für Airbus, Diehl und Pilatus mit 75 Beschäftigten inklusive 15 Azubis, freut sich. „Die Dornier 328 ist fester Bestandteil unserer Firmengeschichte und der 1. Spatenstich auch für uns ein Meilenstein“, so der Chef. Mit dem Flugzeug habe PMG Fuß gefasst in der Luft- und Raumfahrt. „Seitdem das Programm eingestellt wurde, fertigen wir hier alle Bauteile, die zur Umrüstung oder für Ersatzteile benötigt werden“, sagt Riedrich.

„Wir sind ein deutscher Flugzeughersteller, der auf dem stolzen Erbe von Dornier und Deutschlands Ruf für technisches Design, Qualität und Innovation basiert“, heißt es auf der Website der Deutsche Aircraft GmbH in Weßling am Sonderflughafen Pfaffenhofen bei München. Bizarr indes die Adresse der Deutsche Aircraft Holding Ltd.: Sie sitzt auf den Cayman Islands in der Karibik, welche die EU auf einer schwarzen Liste der Steuerparadiese führt.

Mit der D328Eco werde der Übergang der Branche zu geringeren Emissionen beschleunigt, schreibt das Unternehmen – nach eigenen Angaben die „einzige bestehende Plattform, die in der Lage ist, die Effizienz- und Leistungsanforderungen an ein modernes, umweltfreundlicheres Flugzeug zu erfüllen“. Sie werde es ermöglichen, in den nächsten 15 Jahren den Weg zu emissionsfreien Flügen zu ebnen, weit vor den internationalen Richtlinien für 2050.Für ihre Mission hat sich die Deutsche Aircraft ein besonderes Symbol ausgesucht: den Kolibri. Der kleinste Vogel der Welt ist energieeffizient, wendig, anpassungsfähig, kann unermüdlich 2.000 Meilen weit fliegen. Schon in der Antike stand er für Auferstehung und Neuanfang.

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Das neue Flugzeug hat einen deutlich geringeren Treibstoffverbrauch, tankt Biosprit, ist billiger und dank neuer Propeller leiser sowie mit besserer CO2-Bilanz unterwegs als der bis 2005 gebaute Vorgänger. Die gestretchte Version für den Passagier- und Gütertransport hat eine Reichweite von 650 Kilometern. Der Investor sieht gute Marktchancen, denn es gibt noch keine anderen Produzenten für 30- bis 40-Sitzer. Dann könnte sich noch eine Besonderheit des Kolibris auszahlen: Er hat einen langen Schnabel, der es ihm ermöglicht, die süßeren Teile der Blumen zu erreichen, was andere Vögel nicht schaffen.

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