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Der tägliche Kampf ums Überleben

Kaum eine Landgaststätte hat heute noch geöffnet. Der Groitzscher Hof schon. Nun gibt es eine neue Managerin.

Lesedauer: 3 Minuten

Ira Robitzsch ist die neue Chefin im Groitzscher Hof – einer Landgaststätte fernab einer Stadt oder einer Hauptverkehrsader. Am Ende einer Wohnsiedlung – auf einem ehemaligen LPG-Gelände – befindet sich das riesige Haus mit einem teilbaren Saal, mehreren unterschiedlich großen Räumen, Discobar und einer Kegelbahn. 

Von außen erinnert es ein wenig an ein FDGB-Heim aus DDR-Zeiten. Innen hat es teilweise noch den Charme aus früheren Zeiten. Umso überraschter ist man dann von den gemütlichen kleineren Räumen.

Nach Groitzsch verirrt sich keiner mal eben so. Trotzdem hat sich der Gasthof bis heute gehalten. Zu verdanken ist dieser Erfolg vor allem Camilla Triller, der Vorgängerin von Ira Robitzsch. „Sie war das Herz und die Seele des Groitzscher Hofs“, sagt die gebürtige Lausitzerin, die seit zehn Jahren in Groitzsch wohnt.

Es ist 10 Uhr. In der Großküche wird schon fleißig gekocht. Ab 11 Uhr öffnet die Kantine. Knapp 500 Essen werden zubereitet, für Hausgäste und zur Auslieferung an verschiedene Abnehmer, wie auch Kindereinrichtungen. Das Konzept mit einer Mischung aus Gaststättenangebot, Essenslieferungen und Veranstaltungen stimmt. Doch einfach ist es nicht, es ist ein täglicher Kampf.

Eigentlich wollte die 43-jährige Betriebswirtschaftlerin und gelernte Hotelfachfrau nie wieder in der Gastronomie arbeiten. Die Arbeitszeiten, vor allem an den Wochenenden, waren für sie keine Option mehr. Noch schlimmer empfand sie ihre Bürojobs, in denen sie zuletzt arbeitete. 

„Ich wollte nicht mehr ständig auf die Uhr sehen, um festzustellen, dass wieder nur fünf Minuten von den zwei Stunden um sind, bis ich nach Hause gehen kann.“ Sie fühlte sich unterfordert. Im Gasthof kann das der zweifachen Mutter nicht passieren. „Hier ist jeder Tag anders, Ich bin mit Leib und Seele dabei. 

Die Arbeit ist wahnsinnig vielseitig und interessant. Wenn ich jetzt mal auf die Uhr sehe, dann empfinde ich es als gruselig, wo denn die Zeit geblieben ist.“ Die Zufriedenheit merkt man ihr an. „Jetzt kann ich mich verwirklichen“, sagt sie voller Enthusiasmus.

Doch leicht wird es für sie nicht, das hat ihr Camilla Triller auf den Weg gegeben. „Sie braucht erst einmal Erfolg. Es gibt nicht immer schöne Tage, sie muss durchhalten“, sagt Camilla Triller, die Anfang des Jahres in den Ruhestand wechselte. Ihre vergangenen 30 Jahre widmete sie ausschließlich dem Groitzscher Hof.

 Hobbys, Urlaube, all das kannte die jetzige Rentnerin nicht. Und auch die Familie zog mit. „Der Groitzscher Hof, das war Camilla Triller“, sagt Ira Robitzsch. „Als ich vor zwei Jahren erfuhr, dass sie aufhören wird, habe ich sie über den Gartenzaun gefragt, ob es schon einen Nachfolger gibt. Dann sagte ich ihr, dass ich Interesse hätte.“

Doch zunächst war man sich in der Groitzscher Genossenschaft – der Betreiberin der Gaststätte – nicht im Klaren, wie es mit dem Haus weitergehen sollte. Soll es vielleicht auch verkauft oder verpachtet werden? Denn es war und ist nicht einfach, so ein Haus zu halten. „An erster Stelle steht immer das Geld. 

Man kann gute Ideen haben, aber es muss sich rechnen“, sagt Triller. Doch bei Ira habe sie ein gutes Gefühl. „Ich weiß, dass ich in große Fußstapfen trete“, sagt die neue Chefin, die erstmals nun auch Personalverantwortung trägt. Doch ganz allein muss sie die neuen Aufgaben zunächst nicht bewältigen. Seit August 2018 wurde sie eingearbeitet. Und auch heute steht ihr Camilla Triller mit Rat und ihrer ganzen Erfahrung zur Seite, wofür Ira Robitzsch sehr dankbar ist.

Neue Ideen hat sie auch schon eingebracht. So wird es dieses Jahr erstmals ein Hexenfeuer geben. Ob es sich rechnet, wird sich zeigen. Der Kampf um den Erhalt der Gaststätte geht also weiter – nun für Ira Robitzsch. Verschönerungen im Haus könnte sich die neue Chefin auch vorstellen, aber die müssen erst einmal finanziert werden. Und auch das Finden von Personal bleibt eine Herausforderung. So gehen demnächst zwei Köche in Rente.

 

Von Uta Büttner

Foto: © Claudia Hübschmann

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