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Deutsche Solarfirma will wieder in Europa produzieren

Die Renaissance der von Meyer Burger ausgelösten Solarmodulfertigung in Deutschland währte nur kurz. Doch die Branche gibt nicht auf. Das Unternehmen Enpal will mit Hilfe aus China eine Produktion in Europa aufbauen. Geschäftsführer Henning Rath, verantwortlich für die Lieferkette bei Enpal, erläutert den Stand dieses ambitionierten Projekts.

Lesedauer: 5 Minuten

Man sieht Installateure der deutschen Solarfirma Enpal bei der Anbringung von Solarmodulen auf einem Dach.
Installateure der deutschen Solarfirma Enpal bei der Anbringung von Solarmodulen auf einem Dach. Das Berliner Unternehmen verfolgt ein ambitioniertes Projekt, es will eine Fertigung in Europa aufbauen mit chinesischer Hilfe. Quelle: toom Baumarkt GmbH/Enpal/obs

Nora Miethke

Herr Rath, welche Spuren haben die deutsche Wachstumsschwäche und die chinesischen Überkapazitäten an Solarmodulen in der Bilanz und Geschäftsentwicklung von Enpal hinterlassen?

Die Jahre 2022 und 2023 waren eine extreme Boomphase für alle Installateure. Jetzt hat sich das Geschäft normalisiert. Die Zahlen der Bundesnetzagentur zeigen, dass erheblich weniger Solaranlagen installiert werden. Dennoch ist für uns 2024 ein sehr gutes Jahr, weil wir schon seit 2022 sehr auf die Wärmepumpe gesetzt haben. Wir bieten inzwischen ein komplettes System aus Solaranlage, Wärmepumpe und, Batterie., Und unser virtuelles Kraftwerk schaltet alle Haushalte zusammen, was einen deutlichen Ersparnis-Effekt für die Kunden hat.

Können Sie das mit Zahlen unterlegen? Wie hat sich der Auftragseingang im Vergleich zum letzten Jahr entwickelt?

Die Nachfrage nach Dachsolaranlagen in Deutschland ist im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel geschrumpft. Das hat mehrere Gründe: Die Strompreise sind wieder gesunken, die Zinsen sind dagegen gestiegen, und die Inflation war zwischendurch hoch. Die Menschen befinden sich in einer allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheit und verschieben solche Investitionen. Dennoch sind wir als Enpal gut durch das Jahr gekommen, sind stabil und profitabel. Uns geht es recht gut.

Meyer Burger hatte große Hoffnungen hier in Sachsen geweckt, für eine nachhaltige Renaissance der Solarmodul-Produktion in Ostdeutschland zu sorgen. Das ist gescheitert. Enpal will ein europäisches Konsortium schmieden für die heimische Fertigung von Solarmodulen. Sie haben das im Februar mitgeteilt, wie ist der Stand der Umsetzung?

Alle sitzen in den Startlöchern, würde ich sagen. Es geht darum, ein europaweites Konsortium mit europäischen und chinesischen Unternehmen zu schaffen. Das soll chinesischen Unternehmen einen Anreiz bieten, in Europa zu produzieren. Allerdings geht es um ein Joint Venture-Konzept, in dem das europäische Unternehmen die Mehrheit hat. Man muss anerkennen, dass die Chinesen gerade in der Produktionstechnologie, in der Kosteneffizienz und bei den Skaleneffekten weltweit Marktführer sind und wir von dieser Technologie letztendlich auch partizipieren und profitieren wollen. Es fehlt immer noch der europäisch gestrickte Rahmen und ein klares Commitment der Europäischen Union, wie eine Wiederansiedlung durch eine Subventionierung der Investitions- und Betriebskosten aussehen kann. Wenn wir einen Rahmen in Europa hätten, der uns ermöglichen würde, gewinnbringend einen Hochlauf in der Solarindustrie skalieren zu können, dann wären wir bereit, loszulegen.

Henning Rath ist Geschäftsführer bei Enpal und will mit Hilfe aus China eine Produktion in Europa aufbauen.
Quelle: Enpal

Mit welchen Unternehmen aus China und Deutschland sprechen Sie über eine Beteiligung und was lässt sich schon zum Investitions- und Produktionsvolumen sagen?

Wir haben mit extrem vielen chinesischen Unternehmen gesprochen, über die ganze Wertschöpfungskette hinweg. Die fünf Großen zeigen großes Interesse, sich wieder in Europa anzusiedeln, weil sie nicht mehr als chinesisches, sondern globales Unternehmen wahrgenommen werden wollen. Und weil sie den Drang verspüren, „lokal für lokal“ zu produzieren – aufgrund der geopolitischen Situation und wegen der Markenpositionierung.

Und zur Investitionssumme?

Die Frage, wo und wieviel Geld investiert werden soll, hängt am Ende davon ab, wo es in der Europäischen Union den Anreiz gibt, das zu tun. Die Wafer, also das Vorprodukt für die Solarzellen, könnte man in Südeuropa produzieren, zum Beispiel in Portugal oder Spanien, die Zellen eher in Osteuropa, weil man dafür viel Energie und Wasser braucht. Und die Module könnten direkt in Deutschland gefertigt werden.

Wie müsste der politische Rahmen aussehen, damit der Anreiz entsteht, zu investieren?

Der politische Prozess in China sieht anders aus als in Europa. In China gilt ein Top-down-Prinzip. Die chinesische Regierung fragt sogenannte Design-Institute, welche technologischen Entwicklungen in den nächsten zehn bis 25 Jahren wichtig werden. Diese Institute geben Empfehlungen, wo investiert werden soll, und die Zentralregierung verteilt das Geld in die Provinzen runter. Wir in Europa verfolgen einen anderen Ansatz. Hier entwickeln Unternehmen Geschäftsmodelle, und Regierungen geben einen Markt- und Förderrahmen vor. Wenn es beispielsweise um den Aufbau von Produktionskapazitäten für 20 Gigawatt Leistung geht, ergibt sich am Ende eine „Investitionslücke“: Das heißt, bis man die Skaleneffekte erreicht hat, wird es vier oder fünf Jahre dauern. So lange braucht man staatliche Unterstützung wie Steuervergünstigungen oder günstigen Strom. Die Position von Enpal dabei ist klar auf der Abnehmerseite. Das heißt: Wir würden gern mehr lokal in Europa produzierte Produkte kaufen und auch eine bestimmte Volumenabnahme garantieren, wenn die Mehrkosten in irgendeiner Weise ausgeglichen werden. Produzenten und Politik hätten jedoch die Klarheit, dass die heimische Produktion auch abgenommen wird. Da sind wir auch mit deutschen Unternehmen im Gespräch, die Interesse daran haben.

Um wie viel teurer sind denn in Europa produzierte Module im Vergleich zu chinesischen momentan?

Momentan sind wir in einerspeziellen Situation, da die Preise der Module extrem niedrig sind. Wir glauben, dass man mit einer Preisdifferenz von vier bis fünf Cent pro Wattpeak in Europa produzieren könnte, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Und das bedeutet vergünstigte Betriebskosten und eine Startschussfinanzierung bei den Investitionskosten.

Inwiefern kann es jetzt gelingen, mit dem Konsortium in Europa wettbewerbsfähig zu produzieren, was anderen Unternehmen nicht gelungen ist, denn die chinesischen Überkapazitäten werden vermutlich nicht verschwinden?

Doch, ich glaube schon, dass die Überkapazitäten geringer werden. Die Überkapazitäten rühren aus einem Technologiewechsel her. Der Markt konsolidiert sich gerade. Es werden einige Produzenten vom Markt verschwinden. Der Berg wird im nächsten Jahr noch nicht abgetragen sein, aber Kapazitäten und Nachfrage werden sich wieder bis Ende 2026 angleichen. Es werden nicht gleich wieder Engpässe entstehen, aber ein ausgeglicheneres Bild als heute. Und in dem Moment, wo es durch den europäischen Net Zero Industry Act einen Anreiz gibt, lokal zu produzieren, wird es ein Geschäftsmodell sein, das lockt.

Welche Signale bekommen Sie aus Brüssel? Wie offen ist man Ihren Plänen gegenüber, mit chinesischen Partnern eine Produktion aufzubauen?

Gemischte Gefühle, würde ich sagen.Es gibt sehr offene Türen, es gibt aber auch durchaus kritische Stimmen. Genau daher braucht es die Klarheit, welche Richtung einzuschlagen ist. Und genau daran fehlt es derzeit in Europa für viele Industriezweige. Niemand auf dieser Welt investiert ohne absehbare Sicherheit. So sind alle, ob in der Batterie-, Chip- oder Solarindustrie, in einer Art Wartehaltung. Schlimmer als eine Entscheidung ist keine Entscheidung.

Wer soll denn die Solarmodule aus dem Joint-Venture abnehmen?

Zum einen die Betreiber der großen Anlagen für kommerzielle Flächen wie auf Warenhausdächern. Ikea wünscht sich zum Beispiel Solarmodule aus europäischer Produktion. Zum anderen auch die Eigenheimbesitzer. Das große Problem ist die allgemeine Unsicherheit, die Investitionen verhindert. Auch Deshalb ist eine klare Linie der Regierung notwendig.

Sie waren mit dem Bundeskanzler in Indien. Was macht Indien interessant für die Solarbranche?

An China kommt man nicht vorbei. Aber wir sind dennoch bemüht, unsere Lieferkette zu diversifizieren und sind deshalb unterwegs in Vietnam und schauen uns auch Indien als weiteren Standort sehr genau an. Dort wird derzeit stark investiert in den Ausbau lokaler Produktionskapazitäten. Indien ist ein wiedererwachender Tiger, mit einer guten demographischen Kurve und verfügbarem Kapital.

Mit Blick auf den Wiedereinzug von Donald Trump ins Weiße Haus und eine neue, vermutlich konservative Bundesregierung im neuen Jahr – was bedeutet das für das Projekt. Ist es realistisch, dass es noch umgesetzt werden kann?

Heimische Energie aus Deutschland ist keine Frage des Parteibuchs oder der Ideologie. Sondern es geht hier um eine Sachfrage. Richtig ist aber: Die neue Regierung muss schnell handeln. Die Zeit drängt, wenn wir in diesem Weltmarkt noch eine Rolle spielen wollen.

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