Von Jana Mundus
Eltern können sich an diesen Moment sicherlich gut erinnern: Als sie zum ersten Mal das ungeborene Kind auf einem Bildschirm vor sich gesehen haben. Solche Ultraschalluntersuchungen gehören heute zur Standardbehandlung von Schwangeren. Die Entdeckung des medizinischen Ultraschalls hat die Welt der Medizin revolutioniert. Seine Fähigkeit, detaillierte Bilder vom Inneren des Körpers zu liefern, hat unzählige Diagnosen und Eingriffe ermöglicht und verbessert. Doch trotz seiner vielen Vorteile stoßen die traditionellen Ultraschallgeräte an ihre Grenzen. Genau hier setzt das Dresdner Projekt HybridEcho an.
Fledermäuse, zwei französische Brüder und die Titanic – sie alle waren wichtig für die Entwicklung des medizinischen Ultraschalls. Der italienische Naturforscher Lazzaro Spallanzani entdeckte Ende des 18. Jahrhunderts, dass sich Fledermäuse mittels Echoortung orientieren. Das legte den Grundstein für das Verständnis von Schallwellen und ihrer Reflexion.
Die französischen Physiker Pierre und Jacques Curie entdeckten 1880 den piezoelektrischen Effekt. Sie fanden heraus, dass bestimmte Kristalle elektrische Spannungen erzeugen, wenn sie mechanisch verformt werden. Dieser Effekt ist die Grundlage für die Erzeugung und Detektion von Ultraschallwellen. Nach dem Untergang der Titanic im Jahr 1912 wurde die Sonar-Technologie entwickelt, um Eisberge zu orten.

© Arvid Müller
Der österreichische Neurologe Karl Theo Dussik war der erste Mediziner, der den Ultraschall 1938 zu diagnostischen Zwecken nutzte. Er machte Aufnahmen des menschlichen Gehirns. Ab den 1950er-Jahren wurde der Ultraschall dann zum unverzichtbaren Werkzeug in der Medizin.Moritz Herzog leitet die Forschungsgruppe HybridEcho am Else Kröner Fresenius Zentrum für Digitale Gesundheit der TU Dresden.
„In den vergangenen 20 Jahren hat sich an der grundlegenden Technologie des Ultraschalls nichts verändert“, sagt er. Sie basiert immer noch auf dem piezoelektrischen Effekt, den die Curie-Brüder entdeckten: Elektrische Spannung wird in mechanische Schwingungen umgewandelt, die als Schallwellen in den Körper geschickt werden. Diese Schallwellen werden von den Gewebeschichten reflektiert und von denselben Piezokristallen wieder empfangen, die die reflektierten Signale in elektrische Signale umwandeln. Aus denen entstehen schließlich Bilder. Eine sichere Methode der Bildgebung.
„Sie hat jedoch Schwächen“, erklärt Herzog. Ihre räumliche Auflösung ist begrenzt. Je tiefer der Ultraschall in einen Körper vordringt, desto schlechter wird das Bild. Gerade bei Untersuchungen an tief liegenden Gewebestrukturen oder bei winzig kleinen Veränderungen ist das ein Problem. Der Gruppenleiter nennt noch ein weiteres. „Immer noch werden riesige Geräte für solche Untersuchungen genutzt.“ Es gebe weltweit nur rund fünf große Hersteller dafür. „Die sind nicht unter Druck, an ihrer Technologie oder Gerätegröße etwas zu ändern. Die Konkurrenz ist überschaubar.“ Die Dresdner Forscher könnten den Druck nun aber erhöhen.

© Arvid Müller
HybridEcho setzt auf eine neuartige Kombination. Die Forscher nutzen die traditionellen keramischen Piezoelemente und bringen sie mit Ultraschallwandlern auf Halbleiterbasis zusammen. Die sind empfindlichere Empfänger und haben eine höhere Bandbreite. Das führt zu einer deutlich besseren Bildauflösung. „Die Piezoelemente haben eine starke Sendeleistung, aber sind schlechte Empfänger“, erläutert der Ingenieur Tönnis Trittler. Durch die Kombination mit Halbleiterbauteilen könnte die Gruppe diese Schwäche umgehen. Man bringe das Beste aus beiden Welten zusammen.
Damit sind künftig selbst kleinste Veränderungen im Gewebe gut zu erkennen. Das ist unter anderem wichtig bei der Diagnose von Krebserkrankungen oder auch bei Eingriffen, bei denen Mediziner mithilfe des Ultraschalls Gewebeproben entnehmen müssen.Die Forschungsgruppe ist breit aufgestellt. Mediziner, Ingenieure, Informatiker, Datenspezialisten und Nachrichtentechniker arbeiten bei HybridEcho zusammen. „Wir wollen nicht nur einen hybriden Schallkopf für einen neuartigen Ultraschall entwickeln“, erläutert Herzog. Die riesigen Datenmengen aus Untersuchungen sollen in Zukunft auch besser übertragen werden.
Die Wissenschaftler verwenden dafür eine spezielle Technologie aus der Mobilfunktechnik. Daten können damit mit hoher Geschwindigkeit und Qualität übertragen und analysiert werden. „Große Geräte mit vielen Kabeln sind dafür nicht mehr notwendig. Unsere Vision ist ein kleines, handliches Gerät.“ Einen ersten Demonstrator haben sie bereits gebaut. Mit Forschungs- und Industriepartnern arbeitet HybridEcho nun weiter am Ultraschall der Zukunft.