Mit ungarischen Kennzeichen rollte der Bus am vergangenen Sonntag nach Hoyerswerda und sorgte schon bei der Anfahrt für Aufmerksamkeit. Jetzt trägt er das Kennzeichen "HY- IK 55H". Damit ist schon vieles gesagt. Dieser Ikarus 55 ist ein Oldtimer (H-Kennzeichen) und fährt ab sofort in Hoyerswerda und zwar für die Verkehrsgesellschaft Hoyerswerda VGH. Als im Juli 2017 die VGH ihr 25. Firmenjubiläum feierte, fand hier auch das 5. Ikarus-Treffen statt. Jede Menge Busse des ungarischen Herstellers, die zu DDR-Zeiten hierzulande das Straßenbild prägten und auch in den Bushallen im Industriegelände beim Kraftverkehr zu Hause waren, gab es an dem Wochenende zu sehen. So mancher der rund 5 000 Besucher fragte sich, warum sich denn die VGH nicht auch einen Ikarus aufgehoben hat. Vielleicht war es eine Geldfrage, vielleicht war es auch so, dass niemand glaubte, dass man sich noch mal nach den Ostbussen sehnen würde. Doch es kam so. Und wie das so ist, wenn man über Oldtimer spricht: Nicht allein das Alter entscheidet. Wenn man sich einen zulegt, dann soll er im Auge des Eigentümers auch schön sein. Wenn man an die Marke Ikarus denkt, ist man bei dieser Frage schnell beim Modell 55. Das wurde von 1955 bis 1973 produziert und fällt vor allem dadurch auf, dass sich der wassergekühlte Sechs-Zylinder-Diesel mit 8 Litern Hubraum im herausragenden und dennoch aerodynamisch gestalteten Heck des Busses befindet. Genau so einen Sympathieträger hat sich die VGH als Traditionsfahrzeug nun zugelegt. Der 1971 gebaute Zweiachser mit einem zulässigen Gesamtgewicht von rund 15 Tonnen wird künftig also in Hoyerswerda und Umgebung unterwegs sein. Laut Klaus-Peter Meyer, Leiter Verkehr bei der VGH, kann man den Bus samt Fahrer für bis zu 41 Fahrgäste mieten. Spätestens im Mai, so sagte Meyer gestern auf TAGEBLATT-Nachfrage, soll es so weit sein. Bis dahin hat man auch die Mietkonditionen ausgearbeitet und bittet bis dahin um Verständnis, noch keine Anfragen zwecks Miete zu stellen.
Der Bus ist jedenfalls auf eigener Achse nach Hoyerswerda überführt worden. Er machte allerdings noch einen Abstecher nach Zwickau, wo er einige für den Betrieb in Deutschland erforderliche Details verpasst bekam, unter anderem einen digitalen Fahrtenschreiber. An Bord findet man natürlich die herrlichen Panoramascheiben im Dach, und die Seitenfenster sind im oberen Bereich ankippbar, was es früher wohl nicht so oft gab. Da der Oldtimer keine Klimaanlage hat, wird man das im Sommer zu schätzen wissen. Und selbstverständlich gibt es auch auf jeder Seite des Ganges zwei gegenüberliegende Sitzbänke mit Tischchen und Tischlampe.
Die Unternehmenswurzeln der VGH gehen auf das private Verkehrsunternehmen Mietrach zurück, aus dem 1953 der Kraftverkehr Hoyerswerda mit drei Bussen entstand. Die erste Buslinie verkehrte zwischen Hoyerswerda, Laubusch und Lauta.
1960 führte in Hoyerswerda die erste Stadtlinie, "Linie A", vom Industriegelände, über den Markt, zum Bahnhof und zurück. 1967 erreichte die Fahrzeugflotte mit 167 Bussen und 11 Hängern der Marken Robur, Ikarus, Skoda, H6B und DO 56 den höchsten Stand. Dominierend waren die aus Ungarn stammenden Busse der Marke Ikarus.
Von Uwe Schulz
Foto: Benjamin Kramer