In den blauen Kästen am Arbeitsplatz liegen große Überwurfmuttern und gebogene Rohre. Konzentriert holt Max Freudenberg die Werkstücke aus ihren Boxen und steckt sie ineinander. Dann hält er das Rohr in eine Maschine. „Bördeln nennt man das. Das Rohrende wird aufgeweitet, so dass die Mutter nicht mehr herunterrutschen kann“, sagt er.
Im August hat der Oßlinger bei der PEWO Energietechnik GmbH in Elsterheide seine Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik begonnen. Seine Lehre ist eine Chance für beide Seiten: Der Förderschüler bekommt eine berufliche Perspektive, das Unternehmen kann bei erfolgreicher Ausbildung seine Arbeitsplätze besetzen. Max Freudenberg legt das fertige Werkstück in eine der blauen Boxen und greift nach dem nächsten.
Über Ferienarbeit ist er zum Unternehmen im Norden des Landkreises Bautzen gekommen. 360 Mitarbeiter stellen dort Kompaktstationen für die Wärmeverteilung in Gebäuden und Netzen her. Von seiner Arbeit beim Mittelständler erzählt dem heute 17-Jährigen vor drei Jahren sein Onkel und nimmt ihn mit in den Betrieb. Der gelernte Schlosser arbeitet seit vier Jahren in der Vorfertigung. Er nickt zufrieden, während sein Neffe schon das nächste Rohr bördelt.
Mehrere Praktika
Um die jungen Mitarbeiter im Metallbereich kümmert sich Andreas Felberg. Derzeit werden im Betrieb 16 Lehrlinge in sieben Berufen ausgebildet. „Neben der normalen Lehrausbildung unterstützen wir seit sechs Jahren die zweijährige Ausbildung zur Fachkraft“, sagt der 61-Jährige. Er und seine Kollegen mussten immer wieder feststellen, dass zum Beispiel ihre angehenden Anlagen- und Konstruktionsmechaniker im Praktischen topp seien, ihnen aber die Theorie oft schwerfiel. Die Fachkraft-Ausbildung ist dagegen direkt auf Jugendliche mit Hauptschulabschluss ausgerichtet.
Max Freudenberg musste noch einen Schritt mehr gehen. Nach seinem Abschluss an der Schule für Lernförderung vor zwei Jahren ging er dann zunächst in ein Berufsvorbereitungsjahr in Hoyerswerda. „In dieser Zeit wird Schulstoff gefestigt, Berufe durch das Arbeiten in unterschiedlichen Werkstätten anschaulich und der Hauptschulabschluss gemacht. Berufswünsche können so reifen“, sagt Simone Kessler, Teamleiterin Berufliche Rehabilitation bei der Agentur für Arbeit in Bautzen. Pro Jahr beenden nach ihren Angaben etwa 440 Absolventen die Lernförderschulen in den Landkreisen Bautzen und Görlitz. Nur etwa zehn Prozent seien dann sofort reif für eine Ausbildung.
Max Freudenberg wusste nach mehreren Praktika und seinem Berufsvorbereitungsjahr, dass er Fachkraft für Metalltechnik bei seinen Kollegen aus Elsterheide werden möchte. „Ich habe auch in anderen Unternehmen hineingeschnuppert. Aber wenn man hier bei PEWO Hilfe braucht, kommen gleich drei“, sagt der Auszubildende freundlich. Seinen Lehrvertrag hat er zum 1. August 2018 unterschrieben.
In den ersten vier Wochen ging es in die Vorfertigung, wo die Rohre gebogen, gebördelt und montiert werden. „Wir beziehen unsere Auszubildenden von Anfang an in die Produktion ein. So erleben Sie den Arbeitsalltag live und können sich in dem Bereich spezialisieren, in dem sie später eingesetzt werden. Das erleichtert den Übergang vom Auszubildenden zum Facharbeiter“, sagt Andreas Felberg.
Den kompletten Betrieb kennenlernen
Im Anschluss an diese Abteilung folgte der Bereich „Betriebsorganisation“. Dahinter stehen der Vorrichtungsbau oder die Maschinenwartung und -pflege. „Auf diese Weise lernen die jungen Mitarbeiter den kompletten Betrieb kennen“, sagt Andreas Felberg. Nach der Praxis folgt derzeit die Theorie in Kombination mit der überbetrieblichen Ausbildung. Der Schulstoff wird an der Berufsschule in Bautzen vermittelt, beim GAW-Institut für berufliche Bildung in Hoyerswerda gibt es den praktischen Teil mit Feilen, Fräsen, Drehen und Schweißen, und dort werden die Schüler für die Berufsschulprüfungen fit gemacht. Danach kehrt Max Freudenberg dann zu seinem Arbeitsplatz beim Spezialisten für Wärmeverteileranlagen zurück.
Das zweite Jahr seiner Berufsausbildung steht dann im Zeichen der Schweißerausbildung. „Da sehe ich mich auch später“, sagt der Auszubildende. Andreas Felberg weiß, dass an dieser Stelle die Ausbildung noch nicht zu Ende sein muss – und die Auszubildenden mit den etwas schwierigeren Startbedingungen sogar noch ihren Facharbeiterabschluss machen können.
„Wir nehmen unsere Lehrlinge auf diesem Weg etwas länger an die Hand“, sagt er – und verweist darauf, dass auch ab August 2019 noch Ausbildungsplätze frei seien. Selbstverständlich könne man sich auf ein Praktikum bewerben. Um über Ausbildungsmöglichkeiten im handwerklichen Bereich zu informieren, bietet das Unternehmen zudem in Kooperation mit der Oberschule Bernsdorf freiwilligen Werk-Unterricht an. Vier Schüler würden daran derzeit in ihrer Freizeit teilnehmen.
Für Simone Kessler ist PEWO Energietechnik ein gutes Beispiel, wie Unternehmen Förderschülern eine Chance geben können. „In Zeiten des Fachkräftemangels entschließen sich noch zu wenige Betriebe für einen solchen Weg“, sagt sie. Dabei gebe es sowohl für die Jugendlichen als auch für die Firmen durch die Agentur für Arbeit ganz unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten. Für Max Freudenberg bringt sie jetzt noch eine Nachhilfe in Englisch auf den Weg. Ansonsten ist sich die Teamleiterin sicher, dass der Auszubildende bei den Kollegen in Elsterheide seine berufliche Perspektive gefunden hat.
Von Miriam Schönbach
Foto: © Miriam Schönbach