Leipzig. Ostdeutschlands größter Energieversorger EnviaM will vorerst die Strompreise konstant halten. Die Kosten für die Beschaffung von Energie hätten sich stabilisiert, sagte Patrick Kather, Vorstand für Erzeugung und Vertrieb. Das sei eine gute Nachricht.
Viel hänge jetzt von den Maßnahmen der Bundesregierung ab, die im Koalitionsvertrag eine Senkung der Steuern und Abgaben auf Strom angekündigt hatte und davon, ob diese auch für private Haushalte gelten werden.
Aktuell machen Steuern und Abgaben 32 Prozent des Strompreises in Deutschland aus. EnviaM hatte zuletzt zu Jahresbeginn die Preise gesenkt. Die Stromverbrauchspreise für Privatkunden gingen um 5,60 Cent je Kilowattstunde (kWh) brutto auf 37,91 Cent/kWh zurück.
Der Versorger hat im vergangenen Geschäftsjahr rund 80.000 Kunden verloren, die zu preiswerteren Anbietern gewechselt sind. Die Wechselfreudigkeit der Verbraucher gehe aber erwartungsgemäß zurück.
Während der Energiekrise wuchs die Kundenzahl
EnviaM war während der Pleitewelle von Energieversorgern für diese eingesprungen und hat die Belieferung für zehntausende Kunden übernommen. Während der Energiekrise waren die Einkaufspreise an den Strombörsen drastisch gestiegen. Zahlreiche Stromversorger, vor allem Billiganbieter, gingen in der Folge pleite und konnten Hunderttausende Verbraucher teils über Nacht nicht mehr bedienen. Jetzt, so Kather, würden erneut wieder zahlreiche Billiganbieter mit Kampfpreisen auf Kundensuche sein.
Laut Unternehmenschef Stephan Lowis steht EnviaM wegen der Energiewende vor herausfordernden Zeiten. Insbesondere um den weiteren Zubau von Wind- und Solaranlagen realisieren zu können, seien milliardenschwere Investitionen ins Netz nötig. Die Summe bis Ende des Jahres bezifferte Lowis mit 565 Millionen Euro, nach 426 Millionen im Vorjahr. Im Vorjahr habe man 960 Kilometer Stromnetz neu gebaut beziehungsweise modernisiert und Umspannwerke errichtet. Bis 2030 sollen insgesamt drei Milliarden Euro in die Netzertüchtigung fließen.
Wir sind weiterhin auf der Suche nach Fachkräften und Auszubildenden, die mit uns die Energiezukunft unserer Region gestalten wollen. – Sigrid Nagl, Personalchefin EnviaM
Der Boom von Windrädern und Solaranlagen halte an. Allein im Vorjahr wuchs die Zahl der Balkonanlagen um rund 33.000. Die installierte Leistung im Netzgebiet aus Erneuerbaren ist um fast ein Gigawatt gestiegen. Das sei etwa so viel wie ein Kernkraftwerk, erklärte Lowis. Im Netzgebiet werde bereits mehr Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt, als insgesamt Strom verbraucht werde. Allerdings sind weiterhin konventionelle Kraftwerke – etwa mit Kohle betriebene – notwendig, da Sonne und Wind wetterbedingt nicht konstant Strom liefern.
Fernwärme-Anlagen werden umgestellt
Parallel zum Ausbau von Wind- und Sonnenenergie im Stromsektor will der ostdeutsche Energieversorger nun auch die Wärmewende, wie Lowis sagte, vorantreiben. Der Stand könne noch nicht zufriedenstellen. Um die Wärmeversorgung „grüner zu machen“ soll in diesem Jahr damit begonnen werden, acht konventionelle Anlagen für Fernwärme auf erneuerbare Brennstoffe umzustellen.
Als Beispiel nannte Vorstand Kather das Heizwerk Vetschau in Südbrandenburg, wo man künftig Holzhackschnitzel statt Braunkohlestaub verfeuern will. Zudem will man Abwärme aus Datencentern nutzen, so beispielsweise in Taucha (Landkreis Nordsachsen). Für die Vorhaben seien Investitionen von mehr als 50 Millionen Euro geplant.
Rückgang bei Umsatz und Gewinn
EnviaM beliefert in Teile von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg Haushalte und Unternehmen mit Strom, Gas, Wärme und schnellem Internet. Laut Vorstandschef habe man im Jahr 2024 ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen können, obwohl der Umsatz auf 3,09 Milliarden Euro (2023: 3,49 Mrd.) zurückgegangen ist und auch weniger Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) erzielt wurde: 353,3 Millionen Euro, nach 453,5 Millionen im Jahr davor. Lowis begründete das damit, dass 2023 außergewöhnlich hohe Einnahmen verzeichnen konnte.
Nicht zuletzt wegen des starken Ausbaus der Netze benötigt der Versorger zusätzliches Personal. Allein im Vorjahr erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten auf 4300. Das sind über 400 mehr als zum Jahresende 2023, darunter über 100 neue Auszubildende.
Allerdings rechnet Personalchefin Sigrid Nagl wegen des hohen Durchschnittsalters der Belegschaft damit, dass in den nächsten Jahren viele Kräfte das Unternehmen verlassen werden. Deshalb: „Wir sind weiterhin auf der Suche nach Fachkräften und Auszubildenden, die mit uns die Energiezukunft unserer Region gestalten wollen.“