Riesa. Der neue Rollgang an der Zufahrt des Feralpi-Geländes ist schon fertig eingehaust. Noch in diesem Monat sollen die ersten Knüppel aus dem Stahl- ins neue Walzwerk rollen. Dann startet der Probebetrieb für die Millioneninvestition, mit der Feralpi die Kapazitäten in seinem Riesaer Werk erhöhen will. 94.000 Tonnen Stahl sollen erst einmal gewalzt werden, schrittweise wird die Summe dann erhöht.
Die Riesaerin, die am Montagabend beim Bürgerdialog mit dem Stahlwerk das Wort ergreift, treiben aber nicht die wirtschaftlichen Eckdaten an. Ihr geht es vornehmlich um eine Frage: „Was wird man hören, wenn die Stahlknüppel durch den Rollgang fahren?“ Antwort: Im besten Fall gar nichts. Und falls doch, werde man nachjustieren.
Die Frage nach der Lärmbelastung rund ums Stahlwerk treibt viele der Gäste um, die am Montagabend in einem Konferenzraum auf dem Stahlwerksgelände sitzen. Feralpi hat zum Bürgerdialog geladen. Rund 30 Bürger sind da. Was die Anwohner auf dem Herzen haben – ein Überblick.
Messungen sollen Klarheit bringen
Regelmäßiger Streitpunkt, und das schon seit vielen Jahren, ist die Lautstärke, die ein Industriebetrieb mit sich bringt. Betroffen ist vor allem das Wohngebiet Am Gucklitz. Die Anwohner blicken von einer Anhöhe in Richtung Schrottaufbereitung, dazwischen liegen nur Bahnschienen. Ein Mann schildert, wie ihn die Arbeiten auf dem Schrottplatz bisweilen um den Schlaf bringen. „Ich muss 4 Uhr auf die Arbeit“, sagt er. Da müsse sich was tun.
Unklar ist bisher allerdings, wie groß die Lärmbelastung wirklich ist. Zu dem Thema hatte Feralpi schon Ende 2024 Kontakt mit einigen Anwohnern gehabt, die sich über das Bürgertelefon beklagt hatten. Ergebnis: Es soll noch einmal gemessen werden, abseits bisheriger Messpunkte. Denn die Arbeiten auf dem Gelände sind kurioserweise weiter im Inneren des Wohngebiets lauter zu hören; so jedenfalls die Empfindung der Anwohner. Dem will man nachgehen.
Noch läuft die Abstimmung über die genauen Messpunkte, darüber herrscht auch während des Bürgerdialogs eine gewisse Uneinigkeit. Auch, weil bisher nicht jeder anwesende Anwohner von dem Vorhaben wusste. Gemessen werden soll noch in der ersten Jahreshälfte – wenn die Bedingungen stimmen: Wichtig sei Windstille oder Wind in Richtung Gucklitz – und natürlich, dass die Schrottaufbereitung auch in Betrieb sei.
Auf dem Schrottplatz wird weiter eingehaust
Schon im Jahr 2023 hatte der Stahlproduzent einen ersten Schritt unternommen, um Geräusche in Richtung Anwohner zu reduzieren. Ein Teil der Schrottaufbereitung wurde eingehaust. Dieses Vorgehen will Feralpi weiter fortsetzen. Auf die vor zwei Jahren errichtete Halle sollen noch weitere folgen. Nach Süden wäre das Gelände dann abgeschirmt durch mehr als 25 Meter hohe Hallen. Davon erhofft man sich besseren Lärmschutz als durch die bisherigen, nur etwa zwölf Meter hohen Wände.
Allerdings: Diese Maßnahmen brauchen noch ihre Zeit. General Manager Uwe Reinecke spricht von drei bis fünf Jahren, bis das Vorhaben umgesetzt sein könnte. Und auch dann werde weiterhin Schrottberge im Freien auf dem Gelände liegen, wenn auch umgeben von den neuen Hallen. „Wir haben einen Verbrauch von 4000 Tonnen am Tag, momentan liegen hier 66.000 Tonnen auf Vorrat“, so Reinecke. Da könne man sich ausrechnen, wie schnell so ein Berg aufgebraucht sei.
Die Zahl der Lkw wird zunehmen
Die Logistik auf dem Werkgelände wird nach dem Bau des Walzwerks die nächste Aufgabe für Feralpi sein. Geplant sind mehr Pufferstellplätze und ein Einbahnstraßensystem. Über kurz oder lang soll das auch die Situation auf den öffentlichen Straßen verbessern. „Gerade donnerstags kommt es entlang der Uttmannstraße öfter zu Staus“, schildert Reinecke. Das werde wohl im Jahr 2025 noch so bleiben, soll danach aber besser werden.

Quelle: Feralpi Stahl
Eigentlich würde Feralpi auch gern mehr Waren auf der Schiene transportieren. Viel mehr als die etwa 30 Prozent Quote sei momentan aber einfach nicht drin, weil es an Zügen fehle und bei der Infrastruktur hapere. Der Hafen als Transportweg spielt laut Uwe Reinecke indes derzeit keine größere Rolle. „Aber das kann sich alles einmal ändern.“
Die Zahl der Lkw, die auf dem Stahlwerkgelände ein- und ausfahren, wird mit Inbetriebnahme des neuen Walzwerks also erst einmal steigen.
Werks-Chef regt Anwohnerparkplätze an
Beim Bürgerdialog anwesend ist auch eine Vertreterin der TAG Wohnen. Dem Vermieter gehören einige Wohnhäuser an der Uttmannstraße. Die Bewohner schauten derzeit auf eine Lagerfläche und wollten wissen, wie es dort weitergeht. Perspektivisch könne man sich vorstellen, den Mitarbeiterparkplatz in diese Richtung zu erweitern, erläutert Uwe Reinecke.
Er kennt auch die Problematik fehlender Parkplätze entlang der Straße, weil offenbar nicht jeder Stahlwerker seinen Wagen auf der Stellfläche des Unternehmens parkt. Hier sei die Stadt gefragt: Reinecke regt an, Stellflächen für Anwohner auszuweisen.
Um ein anderes Grundstück geht es Mitgliedern des Bürgervereins Riesa 2018. Feralpi hatte kürzlich auch ein Grundstück an der Nordgrenze des Werkgeländes gekauft. Die Sorge von Anwohnern: Früher oder später werde sich das Werk auf die Grünfläche ausweiten – und so noch näher an die Wohngrundstücke heranrücken. Pläne gebe es noch nicht, betont Uwe Reinecke. Gleichwohl denke man sich natürlich etwas bei solchen Käufen. „Wir versprechen Ihnen Transparenz und Dialog in dieser Sache.“
Besser werden wolle man auch beim Thema Erreichbarkeit des Bürgertelefons – und bei der Disziplin im Unternehmen. Wenn etwa Tore ins Werk offen stehen, obwohl die Vorgaben aus Lärmschutzgründen andere sind, dann müsse man notfalls disziplinarisch tätig werden, sagt auch Uwe Reinecke.
Das Bürgertelefon von Feralpi ist unter 03525 7492518 zu erreichen.
SZ