Von Nora Miethke
Der kleine Freistaat Sachsen und die großen Vereinigten Staaten von Amerika – auf der Ebene der Halbleiterindustrie begegnen sie sich auf Augenhöhe. Die Unternehmen, Start-up-Gründer und Wissenschaftler aus Silicon Saxony sind in New York willkommen und als Partner gesucht. Am Montag unterzeichnete das Fraunhofer IPMS, das Zentrum für Nanoelektronik-Technologien in Dresden, eine Absichtserklärung über den Aufbau einer strategischen Allianz mit NY Creates in Albany, einer weltweit führenden Forschungs- und Entwicklungseinrichtung und Kommerzialisierungsförderer für digitale Technologien, Energietechnologien und die Mikroelektronik.
Geplant sind gemeinsame Forschungsprojekte, Seminare und Workshops und der Austausch von Wissenschaftlern. Eine der ersten, die eine gewisse Zeit in Albany forschen wird, ist Wenke Weinreich, die die Absichtserklärung in Anwesenheit von Ministerpräsident Michael Kretschmer unterzeichnet hat. Welche idealen Arbeitsbedingungen Wenke Weinreich vorfinden wird, war bei einem Rundgang durch das Zentrum zu erahnen. In den vergangenen 20 Jahren flossen mehr als 20 Milliarden US-Dollar Investitionen in modernste Einrichtungen, darunter rund 150.000 Quadratmeter Reinraumfläche. 200 Industriepartner, unter anderem IBM, Applied Materials oder NY Power Electronics, lassen über angewandte Forschungsaufträge neue Schaltkreise oder neue Materialen entwickeln und testen. Auch eine 150 Millionen Euro teure Maschine von ASML zum Lithografieren der Mikrochips steht in einem der Forschungs-Reinräume. „Das ist die komplizierteste Maschine, die Menschen je gebaut haben“, sagt Paul Kelly, Chief Operating Officer, der durch das Forschungszentrum führt. Großes Thema ist hier, die Kosten- und Ressourceneffizienz der extrem teuren Halbleiterproduktion zu verbessern. Pilotanlagen sollen entwickelt werden etwa zum Senken des Wasserverbrauchs.
Ziel des Besuchs ist auch die stärkere Vernetzung insbesondere der vier sächsischen Startup-Teams aus dem Mikroelektronik-Bereich: deepXscan, deveritec, Semron und Spinncloud. So erklärte Ronny Timmreck, CEO von deepXscan, den Amerikanern, wie die Halbleiterindustrie durch den Einsatz seiner Röntgenbildgebungstechnologie jährlich Milliarden von Dollar einsparen kann. Durch das tiefe Scannen von Wafern und Chips können Defekte erkannt und so die Ausbeute erheblich gesteigert werden.
Sehr interessiert zeigte sich die amerikanische Seite auch am Projekt Reallabor „Telewerk“. Die Hochschule Mittweida will gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI, der Volksbank Mittweida und mittelständischen Unternehmen aus Sachsen ein Funktionsgebäude mit minimalem CO2-Fußabdruck und strukturiertem Energie- und Lastmanagement errichten. Rektor Volker Tolkmitt zeigte sich fasziniert vom Zusammenspiel von regionaler Wirtschaft, regionaler Wissenschaft und regionaler Politik bei NY Creates. „Das ist auch unser Treiber“. Ihn inspirieren auf der USA-Reise vor allem Mindset und Unternehmermut, denen er begegnet. Den Gründergeist in Sachsen zu stimulieren, das sieht er als Aufgabe der Hochschulen.