Die Vorwürfe wiegen schwer: Führende Manager der Winzervereinigung Freyburg würden Mittel des Unternehmens aus Sachsen-Anhalt verwenden, um damit Sachsens jüngstes Weingut, die Weinbaugesellschaft Meißen, aufzubauen. Hier würden Ressourcen zweckentfremdet für einen Wettbewerber eingesetzt, teilte jetzt ein Insider mit. Nun solle die Satzung der Freyburger Genossenschaft geändert werden, um der Weinbaugesellschaft Meißen dort eine Mitgliedschaft zu ermöglichen.
Ähnlich berichtet die Mitteldeutsche Zeitung in einer ihrer jüngsten Ausgaben für den Burgenlandkreis. Dem Weinjournalisten Wolf-Dietrich Balzereit zufolge sollen die gut 500 Mitglieder der Winzervereinigung per Post über den Aufnahmeantrag der Weinbaugesellschaft informiert worden sein. Eine Generalversammlung solle noch im Januar darüber entscheiden.
Besonders an diesem Vorstoß: Der Aufsichtsratsvorsitzende der Freyburger, Andreas Silbersack, und Genossenschafts-Geschäftsführer Hans Albrecht Zieger sind gleichzeitig Gesellschafter der Weinbaugesellschaft Meißen. Sie hatten das Unternehmen Anfang vergangenen Jahres nach eigenem Bekunden als "Privatpersonen" gegründet. Die insgesamt 40 Hektar Fläche wurden zuvor größtenteils von den Weingüter Wackerbarth sowie Proschwitz bewirtschaftet, sechs Hektar stammen aus Familienbesitz. In das operative Geschäft wollten sie sich nicht aktiv einmischen, hieß es zu diesem Zeitpunkt in einer Pressemitteilung von Silbersack und Zieger.
Anbaugebiete klar trennen Im Elbtal lösen die Pläne eines Verbundes von Winzervereinigung und Weinbaugesellschaft trotz dieser Aussagen Ängste vor einem möglichen Preiskrieg aus. Bislang haben dies die Gründer aus Sachsen-Anhalt stets dementiert. Sie beteuerten wiederholt, sich sowohl an die im sächsischen Anbaugebiet geltenden anspruchsvollen Qualitätsmaßstäbe als auch an das gehobene Preisniveau halten zu wollen. Gerade dieses sei ein Grund für die Investition im Elbtal gewesen, so Geschäftsführer Reinhold Zieger in einem Gespräch mit der Sächsischen Zeitung Ende August 2018.
Schätzungen des Deutschen Weininstituts zugrund legend, könnten die aktuell im Ertrag stehenden 35 Hektar der Weinbaugesellschaft für den Jahrgang 2018 gut 200 000 Weinflaschen mit einem Inhalt von 0,75 Litern ergeben.
Der Schwerpunkt liegt bei Weißweinen, so der Geschäftsführer. In aufwendiger Handarbeit zu bearbeitende Steillagen bewirtschaftet das Unternehmen nicht. Da die Struktur bewusst schlank gehalten werden soll, verzichtet es zudem bewusst auf eine Vinothek und möchte den Vertrieb über den Weinhandel abwickeln, so Reinhold Zieger.
In Fachkreisen wird darüber spekuliert, dass hier der baden-württembergische Weinhandelsriese Mack & Schühle ins Spiel kommen könnte, welcher gleichzeitig Vertriebspartner der Winzervereinigung Freyburg ist. All dies spräche für einen Preisvorteil gegenüber der sächsischen Konkurrenz.
Beim sächsischen Weinbauverband legt dessen Chef Michael Thomas unter Bezug auf mögliche Kooperation Wert darauf, dass die Weinbaugebiete Sachsen und Saale-Unstrut klar voneinander getrennt bleiben und demzufolge sächsische Trauben in Sachsen ausgebaut und abgefüllt werden. Zentrale Punkte für den Verband seien der Erhalt der einzigartigen sächsischen Weinkulturlandschaft, die konsequente Qualitätsentwicklung im gesamten Gebiet und dass der sächsische Wein über die Grenzen hinaus noch bekannter werde. "Alle Maßnahmen, die das befördern, unterstützen wir", so Thomas. Ob das auch für das angefragte Modell zutreffe, sei mit den vorliegenden Informationen nicht zu beurteilen.
Äußern möchte sich auch die Winzervereinigung Freyburg. Theo M. Lies vom für das Unternehmen arbeitenden gleichnamigen Pressebüro kündigte am frühen Montagabend an, bis Dienstagmittag entsprechende Frage der SZ zu beantworten. Diese müssten allerdings zuvor mit einem auf Genossenschaftsrecht spezialisierten Anwalt durchgesprochen werden.
Von Peter Anderson
Foto: Claudia Hübschmann