Georg Moeritz
Dresden. Die Sommerpause auf dem Arbeitsmarkt ist vorbei, aber die Unternehmer und Personalchefs bleiben vorsichtig: In Sachsen finden nicht mehr so viele Menschen eine neue Stelle wie sonst zu dieser Jahreszeit. Sachsens Arbeitsagentur-Chef Klaus-Peter Hansen sagte am Freitag in Chemnitz, die „normale Herbstbelebung“ falle aus. Nur wenig sei die Arbeitslosigkeit im September zurückgegangen. In diesem Monat fanden 7.764 arbeitslose Menschen eine Stelle und konnten sich bei Hansens Behörde abmelden. Aber 8.025 Menschen meldeten sich arbeitslos, die vorher in Sachsen beschäftigt waren.
Hansen sagte, nun seien 139.271 Menschen in Sachsen arbeitslos gemeldet. Die Zahl sei zwar im September um 745 gesunken. Aber die „normale Herbstbelebung“ nach dem Vorbild vergangener Jahre hätte drei- bis viertausend bedeutet. Verglichen mit September vorigen Jahres ist die Zahl der Arbeitslosen in Sachsen gestiegen, um 7.595. Ein Blick in Hansens Tabellen zeigt, dass vor allem bei Männern die Arbeitslosigkeit gestiegen ist. Es gelingt auch nicht mehr, die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu verringern: Mehr als 50.000 Menschen in Sachsen sind jetzt länger als ein Jahr ohne eine bezahlte Stelle.
Aussichten: In den nächsten Monaten etwas weniger Arbeitslose in Sachsen
Für die kommenden Monate sieht Hansen „keine Trendwende“. Die Chance, eine Arbeitslosigkeit zu beenden, nehme ab. Das Risiko, arbeitslos zu werden, steige. Der Arbeitsagenturchef zeigte sich trotzdem „verhalten optimistisch“: In den nächsten Monaten werde die Arbeitslosigkeit in Sachsen weiter leicht zurückgehen. Fachkräfte würden weiterhin benötigt, und auch der sächsische Ausbildungsmarkt sei stabil und „aufnahmefähig“. Die sächsischen Betriebe zeigten weiterhin eine hohe Bereitschaft zum Ausbilden. „Es wird langfristig in Jugend investiert“, lobte Hansen. Das helfe der Wirtschaft in den nächsten Jahren.
Unternehmer sollte aber auch ältere Bewerber bei der Stellenbesetzung berücksichtigen, sagte der sächsische Agenturchef. Mehr als 60.000 Sachsen über 55 Jahre seien arbeitslos gemeldet, obwohl sie sich noch viele Jahre nützlich machen und auch ihr Wissen weitergeben könnten. Drei Viertel von ihnen hätten eine qualifizierte Ausbildung oder ein Studium vorzuweisen.
Die Arbeitslosenquote in Sachsen beträgt weiterhin 6,5 Prozent, in Deutschland insgesamt 6,0. Innerhalb Sachsens sind die Unterschiede oft größer als zwischen den Bundesländern: 5,2 Prozent melden das Erzgebirge und der Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Dagegen liegt die Quote in der Stadt Chemnitz bei 8,9 Prozent, im Kreis Görlitz bei 8,7. In den Großstädten Dresden und Chemnitz ist die Arbeitslosigkeit im September etwas gesunken, in Leipzig dagegen gestiegen.
Neue Stellen: Zuwachs bei Sozial- und Gesundheitswesen, Verkehr, Verwaltung
Während viele Dienstleistungsbranchen in Sachsen weiterhin wachsen, fällt Arbeit in der Industrie und auf dem Bau weg. Hansen sagte, bei „Dienstleistungen am Menschen“ sehe er weiterhin einen Zuwachs. Sozial- und Gesundheitswesen haben im vergangenen Jahr zusammen 3.900 Stellen in Sachsen aufgebaut, auch öffentliche Verwaltung, Verkehr und Lagerei schufen zusätzliche Plätze. Im verarbeitenden Gewerbe, also Industrie und größeren Handwerksbetrieben, fielen 5.400 Arbeitsplätze weg, auf dem Bau 2.100.
Dennoch stehen in Sachsen mehr als 34.000 freie Stellen in den Computern der Jobcenter und Arbeitsagenturen. „Wer gut qualifiziert ist, hat gute Chancen“, betonte Hansen. Die Zahl der Beschäftigten in Sachsen ist noch immer hoch: Nach jüngster Hochrechnung hatten im Juli 1,636 Millionen Menschen eine Stelle mit Sozialversicherung in Sachsen. Das waren über 300.000 mehr als zur Zeit der Massenarbeitslosigkeit um 2005. Allein im September meldeten sächsische Arbeitgeber rund 5.500 freie Stellen als Auftrag an die Arbeitsbehörden. Auch diese Zahl war allerdings in vorigen Jahr höher. Dass die Arbeitslosigkeit jetzt sinkt, liegt auch daran, dass die Agenturen zu dieser Jahreszeit mehr „Projekte und Maßnahmen“ starten, also Schulungen und Weiterbildungen.
In Deutschland insgesamt ist die Arbeitslosigkeit im September ebenfalls zurückgegangen. Doch auch Bundesagentur-Chefin Andrea Nahles in Nürnberg berichtete, der Rückgang sei nicht so stark wie sonst zu dieser Jahreszeit. Die Herbstbelebung verlaufe „nur schleppend“. 2,8 Millionen Menschen sind in Deutschland arbeitslos gemeldet. Die Zahl der Beschäftigten ist nach jüngsten Zahlen vom Juli gestiegen – innerhalb eines Jahres um 150.000 auf 34,73 Millionen. Der Zuwachs sei allein ausländischen Staatsangehörigen zu verdanken, teilte die Bundesagentur mit.