Kodersdorf. Verlangt ein Kunde in der Werkstatt an der Oststraße in Kodersdorf nach Herrn Simon, dann strecken sich ihm gleich vier Köpfe entgegen – vorausgesetzt, alle Simons sind zeitgleich da. Vater Detlef (53) ist hier mit seinen Söhnen Chris (29), Max (23) und Tim (19) zugange. Ab Herbst verstärkt der 16-jährige Max Großmann das Familienteam. Schon als Praktikant und Ferienarbeiter war er begeistert bei der Sache. „Es ist cool hier, ich bin mit allen gut befreundet. Zimmerer werden ist einfach das Richtige für mich.“
Cool ist die personelle Zusammensetzung der Firma zweifellos, denn wo sonst arbeiten vier Familienmitglieder so eng miteinander. Ergeben hat sich die Konstellation quasi aus der Not heraus. „Ich habe 1996 meinen Meister und mich zwei Jahre später selbstständig gemacht“, erzählt Detlef Simon. Dann jedoch zwang ihn ein Unfall zur Aufgabe seines Unternehmens. „Das war 2007. Auf einmal war meine Hüfte kaputt. Es ging nichts mehr. Ich dachte sofort: Das war’s mit der Firma.“ Doch da hatte der Vater die Rechnung ohne seine Kinder gemacht. Drei der sechs Jungs und zwei Mädchen entschieden sich, des Seniors Werk fortzusetzen. „Wir haben zu Hause immer mitgemacht, wenn es etwas zu bauen gab. Und auch in der Werkstatt waren wir von klein auf dabei. Mir persönlich macht es einfach Spaß, den Werkstoff Holz handwerklich zu bearbeiten“, erklärt Chris Simon seine Motivation. Er hat das Geschäft 2010 als damals 21-Jähriger übernommen und seinen Vater als Handwerksmeister angestellt. Inzwischen hat er selbst die Meisterschule abgeschlossen, wartet nur noch auf die Übergabe des Meisterbriefs.
Mittlerweile ist auch Bruder Max in das Unternehmen eingestiegen. Als ausgebildeter Tischler und zugleich Zimmerer kennt er sowohl die filigranen als auch die robusten Seiten im Umgang mit Holz. Tim, der Jüngste im Familienbunde, steht noch am Anfang seiner Berufskarriere und hat sich nach seiner Praxiszeit in der eigenen Firma für ein Studium zum Bauingenieur entschieden. Natürlich nicht ohne Hintergedanken. „Damit wir bei schwierigen Konstruktionen und Berechnungen künftig noch besser aufgestellt sind, soll er sich fit machen und uns als Ingenieur später unterstützen“, hofft Vater Detlef auf weiteren Qualitätszuwachs.
Schon jetzt bearbeitet der Familienbetrieb eine breite Angebotspalette. Die reicht vom Innenausbau über den Dachbau, Holzhäuserbau bis zu Klempner-, Dachdecker- und Tischlerarbeiten. „Spaß macht vor allem, die Ideen der Kunden in Holzkonstruktionen umzusetzen. Da ist oft jede Menge Kopfarbeit gefragt“, schwärmt Max. Das Familienoberhaupt hingegen möchte die Restaurierung historischer Holzelemente nicht missen. „Ich habe zehn Jahre lang am Fortbildungszentrum für Handwerk und Denkmalpflege in Görlitz unterrichtet, bis diese Einrichtung dichtgemacht wurde. Natürlich habe ich noch immer ein Faible für diesen Bereich“, stellt Detlef Simon klar.“
Auch wenn Chris Chef im Unternehmen ist und mit Detlef auch der Senior-Chef noch mitmischt, gibt es keine totale Hierarchie. „Ich finde das gut so. Unter Brüdern und mit dem Vater kann man sich besser verständigen, bestimmte Dinge ganz ungezwungen noch einmal überdenken und dann ohne Druck entscheiden“, erklärt der oberste Simon in der betriebsinternen Familienhierarchie. Probleme würden im Familienrat bis zu Ende ausdiskutiert. „Sicher, der Laden muss laufen. Wir müssen Aufträge akquirieren. Diese Verantwortung liegt jetzt bei mir“, legt Chris für sich selbst eine hohe Messlatte an. „Aber jeder von uns bringt sich in die Firma mit ein. Und unser Vater hilft sowieso, wo wir anderen noch nicht so ganz firm sind.“ Was unter anderem auch dadurch erleichtert wird, dass alter und neuer Chef eng beieinander wohnen. „Nach dem Feierabend ist bei uns meist nicht Schluss. Dann tüfteln wir bei einem Bierchen weiter.“
Längst hat sich das Können der Zimmerer-Familie in der Region herumgesprochen. Erst jüngst waren die vier Simons in der Rengersdorfer Kirche beschäftigt. Dort wurde der Glockenstuhl repariert und die Deckenbalkenkonstruktion in Eiche neu errichtet. Bei der Schälküche in Nieder-Neundorf stammt die Dachkonstruktion ebenfalls aus dem Hause Simon. Vor allem aber ist der Familientrupp momentan bei Einfamilienhäusern und Bauernhöfen mit dem Bau von Carports, Vordächern und der Rekonstruktion von Scheunen beschäftigt.
von Frank-Uwe Michel
Bildquelle: André Schulze