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Gibt’s bald Windpark-Wildwuchs in der Sächsischen Schweiz?

Bis 2027 muss ein neuer Regionalplan für Windenergie stehen. Passiert das nicht, hat das massive Auswirkungen. Drei Fakten.

Lesedauer: 2 Minuten

Man sieht Windräder.
Greift 2027 kein neuer Regionalplan für die Windenergie, könnten Windräder auch weiter in Landschaftsschutzgebieten gebaut werden. © Claudia Hübschmann

Von Anja Weber

Schon jetzt regt sich in manchen Teilen im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge Widerstand gegen neue Windkraftanlagen. Neue Flächen will kaum noch jemand ausweisen. Oft geht es um Ersatz für ältere, nicht so leistungsfähige Anlagen. Trotzdem könnte es in Zukunft noch mehr Windkraftflächen geben. In Landschaftsschutzgebieten ist das schon jetzt mit Ausnahmen machbar, wäre aber bald uneingeschränkt möglich. Der Grund ist, dass das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen im Mai letzten Jahres den Teil Windenergie des Regionalplanes für ungültig erklärt hat, praktisch wegen eines Formfehlers, weil in dem Plan nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass „Stellungnahmen zur Niederschrift“ abgegeben werden können.

Bis 2027 muss nun ein neuer Regionalplan erarbeitet werden. Doch bislang läuft alles ziemlich schleppend. Im Bundesgesetz ist festgelegt, dass zwei Prozent der Fläche in Sachsen für die Windenergie planerisch auszuweisen sind. Sächsische.de hat beim zuständigen Regionalen Planungsverband nachgefragt, welche Auswirkungen das haben könnte.

Fakt 1: Ohne Regionalplan kaum Gestaltung möglich

Bei der Erfüllung der Zwei-Prozent-Planung können Windenergieanlagen nur in Vorranggebieten gebaut werden, also im Regionalplan ausgewiesenen Flächen. Wird die zwei Prozent Hürde nicht genommen, dann könnten quasi überall solche Anlagen gebaut werden, sagt Michael Holzweissig.

Bedingung sei, dass die genehmigungsrechtlichen Anforderungen erfüllt werden, wie zum Beispiel die Bestimmungen aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Das gilt aber allgemein nicht als eine große Hürde. Gelingt eine Einigung über Flächen, die im Regionalplan verankert werden, gibt es Gestaltungsspielräume.

Die Entscheidung, ob Windanlage oder nicht, treffen aber zunächst die Grundstückseigentümer. Die zuständige Genehmigungsbehörde prüft dann, ob eine Windenergieanlage auf dem jeweiligen konkreten Planstandort errichtet werden darf. Da ohne Regionalplan, mögliche Hürden gefallen sind, könnte es so tatsächlich bald zu einem Windanlagen-Wildwuchs in der Sächsischen Schweiz kommen.

Fakt 2: Windanlagen können bis zum Nationalpark rücken

Wenn das Zwei-Prozent-Ziel in der Planungsregion verfehlt wird, sind Windenergieanlagen als privilegierte Vorhaben immissionsschutzrechtlich zu genehmigen sind, sagt Michael Holzweissig vom Regionalen Planungsverband.

Damit entfielen insbesondere die landesgesetzlichen Mindestabstandsregelungen. Auch die Errichtung von Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten wären uneingeschränkt möglich, so der Experte. Auch, wenn der Nationalpark Sächsische Schweiz immer noch Tabu bleibt, könnten die Windräder genau daneben errichtet werden, da in einigen Bereichen wie unter anderem in Hohnstein, die Landschaftsschutzgebiete bis an den Nationalpark reichen. Es gibt aber eine Gerichtsentscheidung, die den Bau von Windrädern in der Kernzone eines Nationalparks verbietet.

Fakt 3: Politische Steuerung fällt aus

In einigen Städten und Gemeinden wurde in den letzten Monaten über mögliche neue Gebiete für Windanlagen gesprochen, so beispielsweise in Neustadt. Dort ist die Ablehnung groß. Deshalb ist die Stadt Neustadt vorgeprescht und wehrt sich gegen neue Anlagen. Außerdem geht die Verwaltung gegen die Ausweisung des Vorranggebietes vor. Ziel ist, es, diese im Regionalplan nicht mehr darzustellen. Aus dem Flächennutzungsplan der Stadt wurde das Vorranggebiet bereits herausgestrichen. Aktuell befinden sich in Rückersdorf zwei Windkraftanlagen am Wachberg. Diese wurden in den Jahren 2002 und 2005 errichtet, mit einer Höhe von 100 Metern. Jetzt dürften die Anlagen bis zu 250 Meter hoch werden. Es könnten vier weitere Windräder errichtet und die bestehenden zwei aufgestockt werden.

Dass das derzeitige Vorgehen auf der Suche nach möglichen Vorranggebieten nicht unumstritten ist, zeigt auch der kürzliche Rücktritt von Landrat Michael Geisler (CDU) von seinem Amt als Chef des Regionalen Planungsverbandes Oberes Elbtal/Osterzgebirge (RPV OEOE). Dieses Flächenziel könne man bestenfalls als ’unglücklich’ bezeichnen, sagte er. Und auch er weiß, dass sich bei den Vorplanungen weitere Konflikte abzeichnen zwischen Natur-, Arten- und Landschaftsschutz, den Anwohnersorgen sowie den Ausbauzielen. Fazit: Die politische Steuerung wird nach dem Rückzug des RPV-Chefs schwieriger, ein Indiz mehr, dass am Ende Windkraftanlagen ohne die möglichen Einschränkungen errichtet werden.

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