Von Marc Hörcher
Die neue Lagerhalle auf dem Firmengrundstück der Spezial-Dragee-Fabrik Rudolf Hoinkis GmbH ist seit längerer Zeit fertig. Säcke- und tonnenweise Zucker stehen hier in den Hochregalen. Geschäftsführer Mathias Hoinkis steht mittendrin und erklärt sein Tagesgeschäft. Die Erweiterung war ein unternehmerischer Schritt, den er habe gehen müssen. Er sagt auch warum: Der Warenwert von Zucker habe sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, rechnet er vor. Die steigenden Rohstoffpreise sind ein Grund, warum Hoinkis, Hersteller der weltweit bekannten „Liebesperlen“, auf diesen Anbau setzt. Ein anderer ist die Lieferketten-Problematik.
Vor zwei Jahren hatte das Unternehmen mit dem Umbau auf einer Fläche von rund 1.000 Quadratmetern begonnen. Nach eigenen Angaben hat Hoinkis dafür einen „Millionenbetrag“ investiert, und dafür auch Fördermittel vom Freistaat Sachsen nutzen können. Nicht nur das Warenlager gehört dazu, auch eine Produktionsfläche. Dort stehen Maschinen, mit denen sich verschiedene Formen von Zuckerartikeln herstellen lassen. Kleine Zuckerherzen etwa, aber auch Zuckersticks, wie man sie beispielsweise auf Schokoladenplätzchen findet.
Aber auch zuckerfreie Produkte lassen sich mit den Maschinen herstellen oder Nahrungsergänzungsmittel wie Traubenzuckertabletten oder Magnesiumtabletten. Die Maschinen sind jedoch bislang noch nicht in Betrieb, die Erweiterung der Produktion noch nicht völlig abgeschlossen. Ohnehin hat alles wesentlich länger gedauert, als er sich das gewünscht hat, erzählt der Geschäftsführer. Wann möchte es denn fertig werden? „Noch dieses Jahr“, da habe er ja noch elf Monate, sagt er und lacht.
„Diese Bauverzögerung ist ja jetzt üblich“, führt er aus, und beklagt in diesem Zusammenhang den Mangel an Rohstoffen, den Fachkräftemangel beziehungsweise überhaupt den Arbeitskräftemangel – und nicht zuletzt den hohen Bürokratieaufwand. Von diesen Sorgen erzählte er nicht nur der SZ, sondern auch am Dienstagnachmittag zwei FDP-Spitzenpolitikern, die den Betrieb besuchten und sich die Neuerungen ansahen: Torsten Herbst und Toralf Einsle. Herbst ist sächsischer Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion der Freien Demokraten im Bundestag, Einsle tritt unter anderem bei den Landtagswahlen 2024 im Kreis Görlitz an. Auf die Frage, welche Botschaft er von diesem Besuch mitnehme, antwortet Herbst: „Wir wollen denjenigen, die unternehmerisch tätig sind, das Leben leichter machen“ – dabei setze man vor allem auf das Thema Bürokratieabbau. Als Unternehmer wolle man sich auf sein Geschäft konzentrieren, sagt der Liberale.

Der FDP-Bundestagesabgeordnete Torsten Herbst (rechts) lässt sich von Mathias Hoinkis erklären, wie die Süßwaren hergestellt werden. Der Chef zeigte ihm… © Martin Schneider

… die neue Lagerhalle, errichtet mit Fördergeld des Freistaats … © Martin Schneider

… und Produktionshalle. Dort drehen sich 100 Dragierkessel. © Martin Schneider
Hoinkis pflichtet ihm bei. Als Newcomer im produzierenden Handwerk sei es heutzutage „fast unmöglich“, Fuß zu fassen, meint er. Er selbst steht nicht vor diesem Problem, führt er doch das etablierte Familienunternehmen in mittlerweile vierter Generation. Etwa 20 Mitarbeiter seien bei ihm beschäftigt. Aufträge hat der Süßwarenfabrikant nach eigenen Angaben genug. Dabei spielt der Export eine große Rolle – nach Dänemark, Norwegen, Schweden, Kroatien, Bulgarien und Tschechien etwa. In insgesamt 22 Länder liefert das Unternehmen eigenen Angaben zufolge, wichtigste Exportregion ist laut dem Firmenchef Westeuropa. „Unsere Produkte sind Klima-unabhängig und lange haltbar“, diesen Vorteil könne man spielen auf dem Weltmarkt, sagt der Chef.
Bei den neuen Produkten gehe der Trend vor allem zu natürlichen Aromen. Seit einiger Zeit bietet er seine Dragees auch als Bio-Produkte sowie in veganer Ausführung an. Die Färbung mit rein pflanzlichen Zutaten sei das Entscheidende, um das Label „Vegan“ zu erhalten, erklärt er. Apfelsäure kommt dabei zum Einsatz, Rote-Bete-Saft oder Kurkuma.
Keine Zwischenfälle mit dem Flüchtlingszentrum
Im Gewerbegebiet am Görlitzer Flugplatz hat Hoinkis seit Anfang Dezember neue Nachbarn: Das Asylheim nahm dort Anfang Dezember seinen Betrieb auf, bis zu 60 Geflüchtete haben dort Platz. Im Freistaat sind solche Einrichtungen mitunter ein heikles Thema: Der kürzlich veröffentlichte Sachsen-Monitor ergab unter anderem, dass fremdenfeindliche Einstellungen in Sachsen sehr weit verbreitet sind und dass sich viele Sachsen um ihre Sicherheit sowie eine vermeintliche Überfremdung sorgen. Der Firmenchef selbst war im Zuge einer Informationsveranstaltung des Landkreises einfach mal in der Flüchtlingsunterkunft, um sich über den Zweckbau zu informieren – und scheint die Sache völlig entspannt zu sehen. Besondere Sicherheitsmaßnahmen wegen des Heims, wie sie beispielsweise das Einkaufszentrum Neißepark bereits vor der Eröffnung des Heims getroffen hatte, hat er nicht angeordnet. Zwischenfälle habe es bislang keine gegeben, sagt der Geschäftsführer – wobei die Süßwarenfabrik im Gegensatz zum Shoppingcenter auch kein öffentliches Gelände ist und keine öffentlichen Führungen anbietet.
Den Süßwarenfabrikanten beschäftigen andere Sorgen, etwa die Suche nach geeigneten Lehrlingen. Momentan ist ein Lehrling im Betrieb beschäftigt, die Suche sei aber „ein weiter Weg“ gewesen, beschreibt er. Der 52-jährige Diplom-Ingenieur sieht den Lehrermangel und die immer schlechtere Schulbildung als Ursache dafür, verweist auf die Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studie – und spricht auch hier Tacheles: Er könne schließlich nicht damit anfangen, den jungen Leuten hier im Betrieb Mathematik und Deutsch beizubringen, das gehe nicht, diese Grundlagen müssten stimmen.