Es ist ein Paradebeispiel konstruktiven Bürger-Engagements, wie es selten sein dürfte bei großen Verkehrsbau-Projekten. In die Trassenplanung für die neue Eisenbahnstrecke Dresden – Prag hat sich eine Bürgerinitiative aus Pirna mit eigenen Vorschlägen zur Trassenführung eingebracht, die nun in die Varianten-Untersuchungen der Deutschen Bahn aufgenommen werden. Oder doch nicht?
Nachdem die Bürgerinitiative „Basistunnel nach Prag“ stets die konstruktive Zusammenarbeit mit den Projektplanern der Bahn gelobt hatte, zeigten sich die Mitglieder nach einem jüngsten Treffen in der vorvergangenen Woche ernüchtert. Bei dem Treffen sei angeklungen, dass die Bahn vor dem bevorstehenden Raumordnungsverfahren eine Vorauswahl unter den bisher zehn in der Diskussion befindlichen Trassenvorschlägen getroffen hat, berichtet Steffen Spittler von der Bürgerinitiative. Intensiv gesprochen worden sei nur noch über drei Varianten, darunter eine von zwei Volltunnel-Vorschlägen, die die Bürgerinitiative erarbeitet hat.
Ziel der Bürgerinitiative ist es, die Bahntrasse bereits an der Stelle, an der sie in Heidenau das Elbtal verlässt, in den langen Osterzgebirgs-Tunnel zu führen. Erste Planungen für das Sächsische Wirtschaftsministerium gingen hingegen von einer offenen Streckführung südlich von Pirna und einem späteren Tunnel-Eintritt aus. Das würde für die Einwohner von Pirna-Zehista, Dohma, Cotta und Goes aber bedeuten, dass sie Bahnlärm ausgesetzt sind. Das Argument der Bürgerinitiative: Mit einem nur etwas längeren Tunnel bei leicht geänderter Streckenführung vermeidet man diesen Konflikt. Zwei Varianten hat die Bürgerinitiative erarbeitet – und wünscht sich, dass beide auch im Auswahlverfahren bleiben. „Egal welche objektiven Kriterien man anlegt“, sagt Steffen Spittler, „unsere Varianten sind die konfliktärmsten.“ Zudem sind die Vorschläge auch technisch durchdacht, wie die Bahn-Planer bereits bestätigten. Will die Bahn nach der bisher guten Zusammenarbeit die Ideen der Bürgerinitiative nun aus dem weiteren Verfahren herausdrängen?
„Aus unserer Sicht hat seitens der Bahn bereits eine nicht nachvollziehbare Vorauswahl an Trassenvarianten stattgefunden“, bekräftigt Steffen Spittler. Die Initiative legte dies auch auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung am 1. April im Gasthof „Zur Post“ in Pirna-Zehista so dar. Sie wandte sich sofort auch mit einem Brief an die Projektplaner bei der Bahn, mit der Bitte, die Entscheidung zu überdenken.
Bei der Bahn wiederum zeigt man sich verschnupft. Kay Müller, Projektleiter bei der DB Netz AG, sagt, er sei verwundert darüber, wie die Bürgerinitiative versuche, die Öffentlichkeit gegen das Verfahren aufzuwiegeln. „Wir kommunizieren, auch bei den kommenden Dialogforen in Pirna, Heidenau und Dohma, dass wir mit zehn Streckenvarianten in das Raumordnungsverfahren gehen“, sagte der Manager. Erst im Ergebnis dieses Verfahrens würde die Trassenführung festgelegt – „nicht von der Deutschen Bahn, sondern von der Landesdirektion Sachsen“. Im Mai gebe es eine Antragskonferenz. „Demnach können wir noch gar keine Vorauswahl getroffen haben“, so Müller. Das Verfahren sei nach wie vor ergebnisoffen, versichert er.
Von Christian Eißner
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