Keine Stuckdecke, kein Kronleuchter, kein Drei-Gänge-Menü, stattdessen Holztäfelung, Käse-Weintrauben-Spieße und Panoramablick über das Elbtal. Bei der Wahl der sächsischen Weinhoheiten war in diesem Jahr alles anders. Statt Galaveranstaltung in der Coswiger Börse mit Hunderten Gästen wurden die neuen Vertreterinnen des Sachsenweines am Mittwochabend im Vereinshaus „Walhalla“ der Weinbaugemeinschaft Weinböhla mitten im Weinberg gewählt.
Gewählt wohlgemerkt, noch nicht gekrönt. Denn das soll erst feierlich im Rahmen des sächsischen Landeserntedankfestes in rund anderthalb Wochen geschehen. Diese besondere Gelegenheit war es auch, die den Termin der diesjährigen Wahl um fast zwei Monate nach vorne, noch vor die Weinfeste, verschoben hat.
In Saale-Unstrut werde dieses Verfahren seit Jahrzehnten so angewendet, erklärte der Vorsitzende des Weinbauverbands Michael Thomas zu Beginn des Abends den rund 40 Wahlberechtigten. Denen machte das veränderte Prozedere offenbar nichts aus, im Gegenteil: In kleinerer Runde ging es deutlich familiärer zu als in der großen Börse, und als Moderatorin und Ex-Weinkönigin Friederike Wachtel irgendwann zwinkernd sagte „Wir sind hier ja unter uns“, um einer Kandidatin eine private Anekdote zu entlocken, da sorgte das nicht einmal für einen Lacher. Der sächsische Weinbau war am Mittwochabend tatsächlich „unter sich“.
Auch den drei Kandidatinnen machte es sicherlich weniger aus, vor gut drei Dutzend Menschen zu treten, als im Rampenlicht auf einer großen Bühne stehen zu müssen – auch wenn die Aufregung bei mancher wohl ähnlich groß gewesen sein durfte. Sechsmal erhielten sie die Möglichkeit, mit ihrem Wissen, ihrem Charme und Auftreten für sich zu punkten. Nach einer kurzen Vorstellung hielt jede Kandidatin zunächst einen Vortrag zu einem Fachthema, von der Sektherstellung über die Feste des Weinjahres bis zu den Herausforderungen des Klimawandels für den Weinbau. Einziges bekanntes Gesicht in der Runde war das von Katrin Hecht. Die 27-jährige Wahl-Großenhainerin, die beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie arbeitet, ist aktuell noch amtierende Weinprinzessin und strebt nun nach der goldenen Krone.
Die Meißnerin Lisa Leinemann (26) arbeitet als Personalreferentin bei einem Automobilzulieferer und wollte sich schon im vergangenen Jahr als Weinhoheit bewerben – verpasste aber die Anmeldefrist. Ann-Kathrin Schatzl stammt ursprünglich aus Bayern und kam über das Studium der Labor- und Verfahrenstechnik in Leipzig nach Sachsen, wo sich die 27-Jährige in einen Mann aus Diesbar-Seußlitz verliebte.
Knapp zwei Stunden lang präsentierten die drei sich dem Publikum, stellten einen Wein vor, beantworteten Fachfragen und mussten zuletzt ein fiktives Grußwort für eine Veranstaltung halten, in die es spontan eingeblendete Begriffe einzubauen galt, was für besondere Belustigung sorgte, weil mal Thomas de Maizière zum noch amtierenden Innenminister erklärt, mal Landrat Arndt Steinbach in der Aufregung zum Stadtrat gemacht wurde.
Während sich die Flaschen mit dem Schieler der amtierenden Weinhoheiten im Publikum langsam leerten, wurden die Notizzettel immer voller. Manche vergaben Noten, andere Punkte, wieder andere führten Strichlisten über richtige und falsche Antworten. Die Entscheidung für eine Kandidatin dürfte nicht leicht gefallen sein, denn alle überzeugten trotz kleinerer Erinnerungslücken, die der Aufregung geschuldet waren, mit ihrem Weinwissen.
Am Ende stand fest, wer nun ein Jahr lang die goldene und wer die beiden silbernen Kronen tragen wird. Verraten wurde jedoch noch nichts, denn auch die Kandidatinnen sollen sich überraschen lassen. Fest steht nur eines: Ohne eine Krone wird keine von ihnen durch das nächste Weinjahr gehen.
Die Krönungszeremonie findet am 15. September um 18 Uhr im Festzelt in Coswig statt.
Von Dominique Bielmeier
Bildquelle: Norbert Millauer