Die Industriegewerkschaft Metall wird mit dem Insolvenzverwalter der Waggonbau Niesky GmbH die Bedingungen für eine mögliche Übernahme durch einen slowakischen Investor sondieren. Das Mandat für die Sondierung erteilten gestern auf einer Mitarbeiterversammlung die im Werk beschäftigten IG-Metall-Mitglieder. Das berichtete der Ostsachsen-Chef der Gewerkschaft, Jan Otto, nach der Versammlung auf Anfrage der SZ. Die Stimmung sei aufgeheizt gewesen.
Nach Ottos Angaben handelt es sich bei dem Kaufinteressenten um die Firma Tatravagonka im slowakischen Poprad. Von hier kommt etwa jeder fünfte weltweit neu gebaute Güterwagen. Bisher war von einem möglichen Investor aus Tschechien die Rede, gemeint waren allerdings die Slowaken. Der IG Metall zufolge würde Tatravagonka bei einer Übernahme des Waggonbaus Niesky die Gehälter in dem Oberlausitzer Werk massiv kürzen wollen. Das werde von den Mitarbeitern jedoch strikt abgelehnt, erklärte Otto. „Wir sind nicht bereit, über Entgelte zu verhandeln. Über Urlaubs- und Weihnachtsgeld hingegen kann man reden.“ Bei einem Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld würden die Beschäftigten insgesamt rund eine Million Euro pro Jahr zur Sanierung des Unternehmens beitragen. „Das wäre erheblich“, erklärte der Gewerkschafter. Er werde zeitnah mit der Kanzlei von Insolvenzverwalter Jürgen Wallner einen Termin für Gespräche vereinbaren.
Als zweiter Kaufinteressent für den Waggonbau Niesky steht der weltgrößte Waggonbauer CRRC aus China in den Startlöchern. Die Chinesen haben bisher keine Forderungen nach Einschnitten beim Lohn in Niesky verlauten lassen, deshalb sehe die IG Metall hier auch keinen Grund für Sondierungsgespräche, sagte Otto.
Die Chinesen sehen Niesky offenbar als mögliches Sprungbrett auf den deutschen Markt. Einen ersten Auftrag an das Pekinger Unternehmen gibt es bereits: Im Juni dieses Jahres bestellte die Deutsche Bahn bei CRRC vier Rangierlokomotiven mit kombiniertem Diesel- und Elektromotor. Über einen Rahmenvertrag besteht die Option auf Bestellung von 16 weiteren Rangierlokomotiven.
von Tilo Berger
Bildquelle: André Schulze