Von Connor Endt
Im vergangenen Jahr hat Sachsens Zoll 212 Verfahren gegen Unternehmen eingeleitet, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen haben. Arbeitnehmer zahlten zu wenig Lohn, Beschäftigte wurden außerdem zu spät oder auch gar nicht bezahlt. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der sächsischen Linkspartei an die Bundesregierung hervor. Zum Vergleich: In 2021 hat die zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) noch 35 Ermittlungsverfahren gegen Mindestlohn-Verstöße weniger registriert.
In Sachsen kontrollieren das Hauptzollamt Dresden und Erfurt Verstöße gegen das Mindestlohngesetz. Das Zollamt in Erfurt ist neben dem Freistaat Thüringen auch für die Städte Chemnitz und Nossen, den Erzgebirgs- und Vogtlandkreis, den Landkreis Zwickau, sowie Teile des Landkreises Mittelsachsen zuständig.
Meiste Mindestlohnverstöße in Gaststätten, Hotels und Pensionen
Im Dresdner Hauptzollamt verzeichnete man mit 66 Fällen die meisten Verstöße im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe. In Erfurt häufen sich in dieser Branche ebenfalls die meisten Fälle: Bei 21 Arbeitgebern der Branche wurden Verstöße in Bezug auf den Mindestlohn festgestellt.
Die beiden Hauptzollämter ahndeten zudem 20 Verstöße im Baugewerbe, sowie 19 Verstöße im Speditions- und Transportgewerbe.
Bei seinen Prüfungen befragt das FKS Arbeitnehmer und Arbeitgeber und begutachtet zudem Geschäftsunterlagen, Arbeitszeitsaufzeichnungen und die Buchhaltung der Unternehmen. Mindestlohnverstöße können laut Bundesfinanzministerium mit einer Geldbuße von bis zu einer halben Million Euro bestraft werden.
Industriegewerkschaft fordert engmaschigere Kontrollen
Jörg Borowski, Bezirksvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG Bau) in Dresden, hält die aktuellen Zahlen nur für die „Spitze des Eisbergs“. Die tatsächlichen Zahlen dürften, so seine Einschätzung, weitaus höher sein.
Er fordert deshalb noch mehr Kontrollen durch die Zollämter. „Die Zahl der Mindestlohn-Kontrollen ist zu niedrig“, sagt er. „Es muss einen stärkeren Kontrolldruck geben, auch der Zoll in Dresden sollte noch mehr Präsenz zeigen.“
Sein Kollege Sascha Wollert, Regionalleiter bei der IG BAU für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stimmt zu. „Wir brauchen engmaschigere Kontrollen, dem sächsischen Haushalt geht durch Schwarzarbeit jedes Jahr viel Geld verloren“, sagt er. Den Anstieg der Verstöße erklärt er mit der gestiegenen Zahl an Kontrollen, aber auch mit der Steigerung des Mindestlohns. „Nicht alle Arbeitgeber sind mit der Erhöhung einverstanden“, sagt Wollert. „Manche Unternehmen suchen deshalb nach Schlupflöchern, um den neuen Mindestlohn zu umgehen.“
Seit dem 1. Oktober 2022 ist der gesetzliche Mindestlohn von 10,45 Euro auf 12 Euro gestiegen. Bis zum 1. Januar 2024 soll er auf 12,41 und ein Jahr später auf 12,82 Euro angehoben werden.