Von Ulrich Wolf
Dresden. Die Unternehmenspleiten in der sächsische Informationstechnologie-Branche häufen sich, insbesondere bei jungen Softwarefirmen. Von September 2023 bis Anfang Februar meldeten die drei für Insolvenzen zuständige Amtsgerichte in Chemnitz, Dresden und Leipzig gleich 15 Fälle. Das ergab eine Analyse von Sächsische.de.
Frank Bösenberg, Geschäftsführer des IT-Verbandes Silicon Saxony, sagte am Freitag auf Anfrage, „das Finanzierungsumfeld vor allem für Folgeinvestitionen“ sei deutlich schwieriger geworden. „Dies ist ein zu beobachtender Trend in Gesamtdeutschland“.
Tatsächlich ermittelte ein für das Handelsblatt beauftragter Dienstleister, dass im vorigen Jahr 297 Jungfirmen in Deutschland aufgeben mussten – so viele wie noch nie binnen eines Jahres in der Startup-Szene. Eine Besserung sei vorerst nicht in Sicht, heißt es in dem Bericht. Es könne zu einer Insolvenz- und Konsolidierungswelle kommen, wenn die Bestandsgesellschafter kein weiteres Geld nachschössen und kein neuer Investor an Bord komme.
Mehrfach prämierte Gründerfirmen gehen pleite
In Sachsen traf es seit dem vergangenen Herbst teils mehrfach prämierte Jungunternehmen, etwa die 2016 gegründete Dresdner Scanacs GmbH, die mit ihrer Software eine „Revolution im Gesundheitswesen“ verspricht. 2022 hatte sie den Vision.A-Award gewonnen, war 2020 Startup des Jahres in Sachsen geworden und hatte 2019 auch den Health-i-Award eingeheimst. Doch allein zwischen 2018 und 2021 hatte Scanacs fünf Millionen Verlust gemacht. Anfang Februar gab sie jedoch bekannt, neue Investoren gefunden zu haben.
Ein weiteres halbwegs bekanntes Insolvenzopfer wurde die ebenfalls in Dresden ansässige PowerOn GmbH, die noch im vorigen Jahr den Gründerpreis der ersten Sächsischen Innovationskonferenz gewonnen hatte. Die erst 2020 ins Leben gerufene Firma entwickelte Programme für „Industrieroboter mit Fingerspitzengefühl“. Ihre „taktilen Greifer“ können beispielsweise Tomaten, Pilze, Eier und Zwiebeln ertasten.
Subventionen von mindestens 2,5 Millionen Euro ließen auch einen KI-Branchenpionier in der Medizintechnik seit 2017 überleben: die Raylytic GmbH, an der auch der sächsische Technologiegründerfonds beteiligt war. Die Leipziger Firma setzte Künstliche Intelligenz ein, um „die Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit und Objektivität verschiedener Prozesse im Zusammenhang mit der Behandlung von komplexen Wirbelsäulenerkrankungen zu verbessern“. Inzwischen ist die Raylytic GmbH liquidiert, jedoch als Raylytic Software GmbH in dieser Woche bereits wieder auferstanden.
Es erwischt auch etablierte Software-Dienstleister
Doch auch länger am Markt existierende Softwarefirmen erwischte es in Sachsen. So musste der seit 2004 existierende Datenfunk-Spezialist Nubix aus Dresden ebenso aufgeben wie der 2007 gegründete Microsoft-Partner und selbst ernannte „Cloud-Spezialist“ Pro-Technology, ebenfalls Dresden. Im Raum Leipzig gingen bekannte Namen wir die Sax-IT insolvent oder die Robotron Netzwerksysteme GmbH.
Zu den deutschlandweit bekannten Startups, die 2023 ihre Pleite verkündeten, gehörten der Solarauto-Anbieter Sono Motors, die Firma Actio des deutschen Startup-Stars und Gründers von Lieferheld.de Nikita Fahrenholz, der Spirituosenhändler Tastillery oder das auf vegane Produkte und Umweltschutz setzende Kosmetik-Startup Future Stories.