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Konsum Dresden kündigt Erzeugern aus dem Elbland

Lesedauer: 3 Minuten

Ines Mallek-Klein

Coswig. Wie Zudecken liegen die weißen Vliese auf den Feldern von Neusörnewitz. Sie halten die Erdbeeren schön warm in den noch kalten Nächten. Jene Frucht, mit der das Unternehmen Bioobst Görnitz einen großen Teil seines Umsatzes macht.

In drei, vier Wochen geht es los mit den roten Früchten, sagt Firmenchef Michel Görnitz. Die kommen aber noch nicht vom Feld, sondern aus dem Gewächshaus.

Sein Unternehmen steht, wie die Natur in den Startlöchern für die neue Vegetationsperiode. Das vergangene Jahr, es war alles andere als einfach. Ende April 2024 kamen die Nachtfröste. Feuer in den Plantagen sollten die Pflanzen schützen. Doch die eisige Kälte zerstörte große Teile der Blüte. Nun liegt die Hoffnung auf 2025.

Doch das Jahr fängt mit schlechten Nachrichten an, denn einer der Großabnehmer habe die Lieferverträge vorzeitig und fristlos gekündigt, sagt Michael Görnitz.

Es geht konkret um die Konsumgenossenschaft Dresden. Sie hatte bereits im Herbst 2024 angekündigt, unter das Dach der Edeka Handelsgenossenschaft Sachsen-Thüringen kriechen und sich von dem Handelsriesen beliefern lassen zu wollen. In einer am 2. Dezember 2024 veröffentlichen Pressemitteilung ist von einem Beitritt des zum Edeka-Verbund die Rede.

Wohin mit den Heidelbeeren?

Der Kostendruck für den Einzelhändler mit seinen knapp 30 Filialen war zu groß geworden. Man suchte einen starken Partner und fand ihn in Edeka. Die Zustimmung des Kartellamtes Anfang Dezember 2024 machte die Übernahme perfekt.

„Wirtschaftlich verstehe ich das alles“, so Michael Görnitz. Und es schient anfangs, dass die regionalen Erzeuger wie er, die Gartenbaubetriebe von Gunter Plänitz und Uwe Findeisen in Radebeul oder die Küchenkräuter Kunze aus Großweitzschen im Landkreis Mittelsachsen, noch bis zum Jahresende Zeit hätten, sich neue Abnehmer zu suchen.

Ganz ehrlich, wenn ich könnte, würde ich mit meiner Produktion 150 bis 200 Kilometer weiter in den Osten ziehen; – Michael Görnitz, Biobauer aus Coswig

Nun kam überraschend die Kündigung. Sie ging nicht an die einzelnen Produzenten, sondern an die Erzeugervermarktung Ost EVO mit Sitz in Dresden. Sie ist der Partner der Konsum Dresden e.G. und beliefert die Märkte seit sechs Jahren mit den Produkten aus der Region, die zum großen Teil extra auf Wunsch des Einzelhändlers produziert wurden.

„Wir haben unseren Heidelbeeranbau so umgestellt, dass es frühe, mittlere und späte Sorten gibt“, sagt Michael Görnitz. Er hat mit dem Konsum einen jährlichen Umsatz von einer Dreiviertelmillion Euro gemacht. Die Verträge werden mit einem Jahr Vorlauf geschlossen, weil die Gärtnereien Saatgut bestellen und ihre Kulturen vorbereiten müssen.

Die jetzige überraschende Vertragskündigung sei ein Schlag in das Gesicht der regionalen Erzeuger. Denn die müssen versuchen, für ihre Waren neue Abnehmer zu finden. Für seine Erdbeeren ist Michael Görnitz sehr optimistisch. Andere Produzenten hätten es da schon schwerer.

Heimat zählt nicht beim Geld

Der Konsum Dresden, er wirbt wie auch Edeka mit seinen regionalen Produkten. Wer das Unternehmen anruft, wird mit den Worten „Hier ist Heimat“ begrüßt. Doch die zählt offensichtlich nicht mehr, wenn es ums Geld geht, sagt Michael Görnitz.

Er weiß um die Macht des Einzelhandels, der in der Hand einiger weniger Konzerne liegt. Die diktierten die Preise. „Und wenn einheimische Erzeuger nicht mithalten können, wird eben importiert“, so Görnitz. Beispielsweise aus Polen, dort läge der Stundenlohn bei 4,50 Euro, während in Deutschland bereits 15 Euro angepeilt werden.

„Ganz ehrlich, wenn ich könnte, würde ich mit meiner Produktion 150 bis 200 Kilometer weiter in den Osten ziehen“, so der Bioobstbauer. Aber die Felder, die Gewächshäuser, die sind hier im Elbtal.

Lieferanten werfen Konsum Vertragsbruch vor

Michael Görnitz sagt, dass am kommenden Montag, den 24. März, seine letzte Lieferung für den Konsum Dresden vom Hof fahren wird. Es sind es vor allem im Elbtal gewachsene Äpfel, die an die Filialen gehen. „So ist mein aktueller Kenntnisstand“, sagt Görnitz.

Und auch die Erzeugervermarktung Ost (EVO) bestätigt die außerordentliche und fristlose Kündigung der Lieferverträge. Sie kündigte gleichzeitig an, gegen den Vertragsbruch juristisch vorgehen zu wollen.

Nicht nur Erzeuger sind verärgert

Die Konsumgenossenschaft indes beschwichtigt. Man habe den Liefervertrag mit der EVO zum Jahresende gekündigt. Über das tatsächliche Lieferende sei man mit den Akteuren momentan im Austausch, teilt Vorstand Roger Ulke mit. Und weiter: „Wir gehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon aus, dass die Belieferung durch die EVO über den 01.04. hinaus fortgesetzt wird“.

Ein Einlenken nach der Klageandrohung? Konsum Dresden signalisiert am Freitagnachmittag plötzlich Gesprächsbereitschaft mit den regionalen Erzeugern. Und auch Edeka versichert, dass man Gespräche mit ihnen aufnehmen wolle, sobald die neue Lieferkette greife.

SZ

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