Suche
Suche

Krise bei Leipziger Straßenbahnhersteller Heiterblick – Insolvenzverfahren in entscheidender Phase

Gelingt Heiterblick die Rettung? Der Leipziger Straßenbahnhersteller befindet sich seit dieser Woche im regulären Insolvenzverfahren. Jetzt sind mehrere Szenarien denkbar.

Lesedauer: 3 Minuten

Florian Reinke und Lucas Grothe

Leipzig. Die Zukunft des Leipziger Straßenbahnherstellers Heiterblick steht weiter auf der Kippe. Das Amtsgericht Leipzig hat nun das reguläre Insolvenzverfahren eröffnet, wie aus einer Bekanntmachung des Gerichtes hervorgeht. Zuvor war es dem Unternehmen nicht gelungen, sich aus seiner Schieflage zu befreien.

Die Entscheidung aus dieser Woche markiert einen weiteren, entscheidenden Punkt in der Sanierung des Unternehmens. Bisher hatte der Traditionsbetrieb eine Insolvenz in Eigenverwaltung durchlaufen. Dabei hatte die Geschäftsführung weiterhin die Kontrolle über das Unternehmen behalten, wurde jedoch von einem Sachwalter überwacht.

Heiterblick soll LVB 25 neue Bahnen liefern

Wie im vorläufigen Verfahren bleibt Andreas Kleinschmidt von der Kanzlei White & Case der zuständige Sachwalter. Die Krise geht damit weiter – und die Nervosität wächst bei Beschäftigten und Kunden wie den Leipziger Verkehrsbetrieben.

Denn Heiterblick hat eine strategisch hohe Bedeutung für die Verkehrswende in der Stadt: Die LVB haben zunächst 25 neue XXL-Bahnen bei den Leipzigern bestellt. Nach jüngsten Plänen des Herstellers sollten diese eigentlich zwischen Anfang 2026 und Ende 2027 ausgeliefert werden. Für die Verkehrsbetriebe in Görlitz fertigt Heiterblick indes acht Fahrzeuge, für Zwickau sechs.

Ein Modell der neuen Straßenbahngeneration NGT12+ hatten Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne, l.) und LVB-Technik-Chef Ronald Juhrs bereits enthüllt.
Ein Modell der neuen Straßenbahngeneration NGT12+ hatten Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne, l.) und LVB-Technik-Chef Ronald Juhrs bereits enthüllt.
Quelle: André Kempner

Produktion in Leipzig läuft weiter

Unternehmensangaben zufolge hat Heiterblick seine Sanierungspläne fristgerecht beim zuständigen Amtsgericht eingereicht. „Hierüber hat das Gericht nun entschieden und das Insolvenzverfahren formal eröffnet“, teilte ein Sprecher mit.

Wie in den vergangenen Wochen versichert das Unternehmen, dass die Produktion weiterhin läuft. „Die Arbeiten an den Fahrzeugen richten sich nach der Auftragslage und den Vorgaben des Insolvenzrechts“, hieß es dazu. Die Geschäftsführung soll den Angaben zufolge im Amt bleiben.

Suche nach Investoren läuft

Nach LVZ-Informationen läuft zudem die Suche nach potenziellen Investoren. Demnach soll es bereits Gespräche mit möglichen Geldgebern gegeben haben. Offenbar führten diese bisher aber nicht zum Erfolg.

Einer der Investoren soll nach LVZ-Informationen aus der erweiterten Straßenbahnbranche kommen und würde die Geschäfte von Heiterblick fortführen. Andere Investoren planen offenbar lediglich die Weiterverwendung der Marke Heiterblick. Auf Anfrage bestätigte Heiterblick, dass es Interessenten gibt, wollte sich aber nicht genauer äußern.

Bekannt ist bisher nur, wer sich nicht an Heiterblick beteiligen will: So hatten die LVB selbst zuletzt ausgeschlossen, beim Hersteller einzusteigen.

Mitarbeiter in Sorge: Kurzarbeit bei Heiterblick

Die Verkehrsbetriebe seien als Kunde weiterhin in den Prozess eingebunden und begleiteten diesen lösungsorientiert, betonte am Mittwoch Frank Viereckl, Leiter Konzernkommunikation bei der L-Gruppe.

„Mit Unterstützung von Stadt und Land bietet unsere Bestellung für die Fortführung und potenzielle Investoren eine wichtige Perspektive”, sagte er. Allerdings seien Verzögerungen in der aktuellen Situation unvermeidlich. „Sie vergrößern die wirtschaftlichen Risiken in ohnehin schwierigen Zeiten.“

Auch unter Mitarbeitern hatten die Sorgen zuletzt zugenommen. Die Gehälter der 250 Mitarbeiter waren zunächst für drei Monate über das Insolvenzgeld der Arbeitsagentur gesichert. Nun sollen Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden, verlautbarten Insider. Tatsächlich bestätigte Heiterblick auf Anfrage, dass mit Kurzarbeit geplant werde, „weil es zu Verzögerungen bei der Belieferung und der Finanzierung gekommen ist.“

Heiterblick-Fertigung in Leipzig: Sorge um 250 Jobs.
Heiterblick-Fertigung in Leipzig: Sorge um 250 Jobs.
Quelle: Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/ZB

IG Metall: Heiterblicks Zukunft sichern

Die Gewerkschaft IG Metall mahnt indes an, die Bemühungen zur Rettung des Unternehmens zu intensivieren. „Wir sind sehr in Sorge um Heiterblick und die Beschäftigten”, sagte Michael Hecker von der IG Metall. „Aus unserer Sicht brauchen wir nun schnell einen Runden Tisch mit allen Beteiligten und insbesondere den Auftraggebern sowie der Politik, um mögliche Investoren zu finden. Die Produktion in Leipzig muss langfristig gesichert werden“, forderte er.

Laut Insolvenzbekanntmachung haben die Gläubiger nun bis Ende August Zeit, ihre Forderungen beim Sachwalter anzumelden. Die wichtiGläubigerversammlung soll schließlich am 24. September am Amtsgericht stattfinden.

In einem Insolvenzverfahren, wie es Heiterblick durchläuft, sind grundsätzlich verschiedene Ausgänge denkbar: So könnte der Betrieb an ein anderes Unternehmen verkauft werden (übertragende Sanierung). Auch ist es denkbar, dass die Firma unter neuen Bedingungen fortgeführt wird (Insolvenzplanverfahren). Am Ende eines Verfahrens kann auch eine Zerschlagung stehen, wenn das jeweilige Unternehmen nicht fortgeführt werden kann.

In Leipzig haben viele ein Interesse daran, dass es dazu nicht kommt. Bei Heiterblick verweist man auf die wichtige Stellung des Unternehmens. Das Unternehmen sei „ein wesentlicher deutscher Anbieter im Bereich des ÖPNV“. Die Produkte würden von den Kunden geschätzt.

Das könnte Sie auch interessieren: