Von Martin Skurt
Coswig. Inmitten der von Frost und extremen Wetterbedingungen gezeichneten Obstplantagen empfing Biobauer Michael Görnitz am Donnerstag den sächsischen Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne), der auf dem Fahrrad angereist war. Der Besuch fand vor dem Hintergrund der jüngsten Ernteausfälle statt, die insbesondere die Apfelproduktion in der Region massiv beeinträchtigt haben.
Görnitz, dessen Betrieb in Neusörnewitz seit Jahren mit den Auswirkungen von Klimaveränderungen kämpft, erläuterte die Herausforderungen, denen er und andere Landwirte gegenüberstehen. „Die Frostnächte im Frühjahr haben uns hart getroffen“, sagte Görnitz und verwies auf nur wenig verbliebene Apfelbäume. Er rechnet mit einem Ernteausfall von bis zu 90 Prozent. Besonders betroffen sind bei ihm zudem die Aronia-Pflanzen, die in diesem Jahr keine Früchte tragen. Die Pflanzen im Verkauf tragen zwar Beeren, doch diese werden extra in Kühlzellen aus Stecklingen kultiviert.
Direktvermarktung und regionale Wertschöpfungskette
Um in diesen Tagen zu überstehen, ist die Direktvermarktung entscheidend, sagt der Obstbauer. „Dadurch können wir unsere Marge verbessern.“ Durch den direkten Verkauf könne sein Betrieb mehr als einen Euro zusätzlich pro Kilo Apfel gewinnen. Den Preis für die frühe Sorte Collina musste er in diesem Jahr um 50 Cent auf 2,89 Euro anheben, um die Frostschäden zu kompensieren. Doch nur wenige kaufen sie, aufgrund der Optik, obwohl der Geschmack nicht beeinträchtigt ist, sagt Görnitz.
Minister Günther wollte schon länger den Betrieb besuchen und sich am Ort ein Bild von der Situation machen. Im Gespräch nahm er die Rolle des Fragenstellers und Zuhörers ein. Um die bereitgestellten Hilfen von 22 Millionen Euro, die betroffene Obst- und Weinbauern unterstützen sollen, ging es nur am Rande. Sie sollen den Betrieben helfen, die finanziellen Verluste zu überbrücken und die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe in Sachsen zu sichern.
Trotz staatlicher Förderung benötigt Görnitz allerdings die Querfinanzierung von Ernteausfällen durch Servicegeschäfte wie den Obstbaumschnitt für andere Betriebe, sagt er. „Wir schaffen es nicht, Eigenkapital anzuhäufen.“ Dies spiegelt die größere Problematik wider, dass landwirtschaftliche Betriebe im Osten und im Westen Deutschlands auch in Zukunft finanziell anfällig bleiben.
Das Gespräch zwischen Günther und Görnitz drehte sich schließlich auch um die langfristige Anpassung an den Klimawandel. Görnitz zeigte eine Apfelbäume-Musteranlage mit Folienüberdachung, die erfolgreich vor Frost schützt. „Die frostempfindliche Sorte Gala trägt mit am besten dank der Überdachung, sonst ist sie überall erfroren“, erklärte Görnitz. Er plädierte für eine Erhöhung der Förderung im Schutzbereich auf 70 Prozent, plus zusätzliche Unterstützung für Bio-Anbau und besondere Härtefälle. Derzeit gibt es nur 40 Prozent. Günther zeigte zwar Interesse an diesen Themen, während er einen Elstar-Apfel probierte, reagierte jedoch nicht direkt auf die Forderung nach erhöhten Förderungen.
Ohne Versicherung lohnt sich der Obstbau nicht
Görnitz betonte jedenfalls die Notwendigkeit einer Versicherung gegen Witterungsschäden. „Ohne Entschädigungen könnte ich gar nicht überleben“, sagte er. Er forderte den Ausbau der regionalen Wertschöpfungsketten, um die lokale Nachfrage besser bedienen zu können. „Jetzt müssen die Weichen gestellt werden“, betonte Görnitz und blickte schon auf das nächste Jahr. In seinen Augen entscheidet sich jeder Unternehmer in diesem Jahr, ob er das kommende überstehen wird. Wer überleben will, muss aktiv gegen die Klimawandelfolgen wie Hagel, Starkregen, Frost oder Hitze vorgehen, ist sich der Biobauer sicher.
Günther kündigte im Gespräch noch einmal an, dass im nächsten Jahr die ökologischen Feldtage zum Thema „Wasser“ stattfinden werden. Ohne es zu sagen, wolle er damit das Engagement der Landesregierung zeigen, den ökologischen Landbau voranzutreiben und innovative Lösungen für die Herausforderungen der Landwirte zu fördern. Minister Günther hörte Michael Görnitz jedenfalls länger als geplant zu und überzieht seinen Terminkalender um eine halbe Stunde. Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Schritte unternommen werden, um die Resilienz der sächsischen Landwirtschaft zu erhöhen und die Betriebe zukunftsfähig zu gestalten.