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Lausitzmagistrale als Preis für den Kohleausstieg

Landtagsabgeordneter Thomas Baum (SPD): „Ohne verbesserte Infrastruktur in der Lausitz drehen wir uns im Kreis.“

Lesedauer: 3 Minuten

Lausitz. Geht es nach dem Bad Muskauer Landtagsabgeordneten Thomas Baum (SPD), wird die Verlängerung der B 178n von Weißenberg über Weißwasser bis zur A 15 nach Cottbus „das zentrale Straßenbau-Projekt der gesamten Lausitz“. Dass für das Straßenbauprojekt nun das Sächsische Wirtschaftsministerium (SMWA) eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hat, begrüßt der Landtagsabgeordnete ausdrücklich: „Ich hoffe, wir bekommen bis Mitte nächsten Jahres die Ergebnisse.“ Herauskommen sollen bei der Studie, die das Landesamt für Straßenwesen und Verkehr (Lasuv) durchführen soll, nämlich nicht nur die Baukosten und die Umweltverträglichkeit einer dreispurigen Fahrbahn, sondern auch die Verkehrsprognosen und ein Kosten-Nutzen-Verhältnis. „Ich gehe davon aus, dass sicher 10 000 Fahrzeuge pro Tag die Straße nutzen werden“, ist sich Thomas Baum sicher.

Veränderte Trassenführung

An der Trasse, die als Strukturentwicklungsprojekt auch von der Lausitzrunde und mehreren Bürgermeistern des Görlitzer Landkreises gefordert wird, hat er einige Modifikationen vorgenommen: So soll der Streckenverlauf nicht mehr durch das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft führen. „Durch den neuen Streckenverlauf ist der wichtigste Grund, das Straßenbauvorhaben nicht zu realiseren, weggefallen“, ist sich Baum sicher. Die Strecke soll nun entlang der Krebaer Teiche über Boxberg, östlich an Weißwasser vorbei über Döbern bis zur A-15-Anschlussstelle Roggosen verlaufen. „Insgesamt würden dafür 80 Kilometer Straßenneubau nötig werden, während auch ein Großteil bestehender Fahrtwege, wie etwa die B 156 zwischen Boxberg und Weißwasser, genutzt werden könnte“, erklärt der Verkehrspolitiker der Sozialdemokraten. Auch verweist er auf die anstehenden Planungen in Schleife und Trebendorf, die gegenwärtig die Umsiedelung von Mühlrose vorbereiten. „Hier sollten die Planer von vornherein Platz für die Straße lassen“, fordert Thomas Baum. Die neue Straße soll nach seinen Vorstellungen keinerlei Ampeln oder sonstige Querungen aufweisen, sondern Abfahrten wie auf Autobahnen enthalten.

Unterstützung vom Freistaat

„Wir verschließen uns nicht vor den Ideen und Vorschlägen aus der Region. Wir suchen das Gespräch, denn die Menschen und Akteure vor Ort sollen ihre Vorstellungen für die Zukunft entwickeln. Es ist ihre Heimat, die ein attraktiver und lebenswerter Lebens- und Arbeitsort bleiben soll. Wir möchten sie dabei unterstützen. Ein konzeptioneller Vorlauf von konkreten Projekten für eine gelingende Strukturentwicklung ist essenziell“, sagt Hartmut Mangold, Verkehrs-Staatssekretär und Beauftragter der Staatsregierung für den sächsischen Teil der Lausitz. Obwohl das SMWA bereits die Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hat – die Vergabe der Leistungen erfolgt laut Thomas Baum noch im Juli – will die Landtags-SPD gemeinsam mit der CDU eine Plenar-Debatte in der Sache B 178n. „Es wird dazu ein Koalitionsantrag erarbeitet“, sagt Baum. Wenn im Landtag darüber debattiert wird, so das Kalkül der Regierungskoalition, dann zeige sich, was die Kritiker aus der Opposition für Argumente gegen die Lausitzmagistrale vorbringen. Für Thomas Baum steht aber jetzt schon fest: „Der Ausbau der Infrastruktur in der Lausitz ist der Preis für Bund und Land, den Kohleausstieg einzuleiten.“

Kritiker verstummen nicht

Nicht jeder sieht die neue Lausitzmagistrale so positiv wie der Bad Muskauer Abgeordnete. Bei Linken und Grünen beispielsweise, so Thomas Baum, herrsche die Vorstellung, wenn die Braunkohle nicht mehr genutzt wird, brauche man auch keine neuen Straßen in der Region. Und: „Stephan Kühn von den Grünen hat provokativ beim Bundesverkehrsministerium angefragt, ob die Straße in Planung ist“, berichtet Baum. Dazu erklärt Bundestagsabgeordneter Thomas Jurk (SPD): „Was soll die Bundesregierung auch antworten? Das Projekt konnte noch gar nicht im Bundesverkehrswegeplan stehen. Dort stehen Maßnahmen, die einen entsprechenden Vorlauf hatten. Deshalb ist die Prüfung der Machbarkeit des Projektes auf Veranlassung des sächsischen Verkehrsministeriums eine wichtige Voraussetzung, um die B 178 nord überhaupt dem Bund melden zu können.“

Auf die Frage, ob ein Ausbau der B 115 nicht einen ähnlichen, womöglich günstigeren Effekt hätte – wie einige Leser glauben – entgegnet Thomas Baum: „Vom Norden des Landkreises sollten wir uns in Richtung Dresden orientieren“, erklärt er. Er selbst erlebe es täglich auf seinem Weg zum Dresdener Landtag, wie viele Pendler aus dem Raum Weißwasser nach Dresden müssen. Zumal die B 115 durch mehrere Ortschaften verläuft und insofern nicht durchgängig Tempo 100 möglich ist. Und noch ein Zweites: Auf der tschechischen Seite ist die Infrastruktur zwischen Prag und Liberec gut ausgebaut. Zumal das Skoda-Werk Mladá Boleslav direkt an der Strecke liegt. Würde die B178n bis nach Weißenberg fertig und anschließend die Magistrale bis nach Brandenburg gebaut, könne man von Cottbus nach Prag in gut anderthalb Stunden fahren. „Die neue Strecke würde zudem die A13 und die B115 und B156 entlasten“, so Baum.

Darüber hinaus ließe sich mit der durchgehenden Streckenführung auch der technischen Entwicklung Rechnung tragen: „Es müssen sehr viele Straßen für das künftige autonome Fahren von Pkw und Lkw umgerüstet werden“, so Thomas Baum. Er ist sich sicher, die Technologie werde kommen – „Und warum nicht eine Versuchsstrecke dazu in der Lausitz mit der B 178?“, fragt er. Zudem könne der Tourismus angekurbelt werden, wenn neben der Strecke auch ein Radweg errichtet würde, der auch an das europäische Radwegenetz angekoppelt werden würde.

Infrastruktur insgesamt betrachten

Thomas Baum wehrt sich gegen den Vorwurf, er setze ausschließlich auf Straßen. „In Ermangelung eines vernünftig ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs gehört der Straßenausbau dazu.“ Sowohl Schiene als auch Straße müsse zusammengedacht werden. Beide Gleisstrecken – von Görlitz nach Dresden und Zittau nach Cottbus – müssten elektrifiziert werden. Das sieht auch Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) so, wie er beim Lausitzdialog Ende Juni in Spremberg deutlich machte: „Ganz wichtig sind dabei auch die Elektrifizierung der Bahnstrecken. Hier brauchen wir unbedingt ein hohes Tempo.“

 

von Christian Köhler

Bildquelle: André Schulze

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