Schwarze Pumpe. Die Kraft der Bilder. „Darum geht es doch.“ Davon ist Toralf Smith überzeugt. Smith ist Betriebsratsvorsitzender beim Energieunternehmen Leag, zuständig für den Bereich Kraftwerke. Kurz nach dem Antritt der neuen Bundesregierung wollte er am Dienstagvormittag mit rund 100 Kollegen vor den Kühltürmen und Blöcken des Braunkohlekraftwerks Schwarze Pumpe bei Hoyerswerda „ein Zeichen setzen und eine Botschaft schicken“: Die Verantwortlichen sollen die „Schwäche des Ostens gegenüber dem Westen nicht zementieren, sondern angleichen“, so Smith.
Hintergrund ist der Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Wechsel zu erneuerbaren Quellen. Unter anderem um die Energieversorgung sicherzustellen, wenn Windkraft- und Photovoltaikanlagen keinen Strom liefern, sollen Gaskraftwerke entstehen, die einspringen. Dazu hatte die alte Bundesregierung ein Kraftwerkssicherheitsgesetz auf den Weg gebracht. Wegen des vorzeitigen Endes der Ampelkoalition kam es nicht über den Entwurfsstatus hinaus.
Der aber sorgte Verunsicherung im Lausitzer und Mitteldeutschen Braunkohlerevier. Denn von den angestrebten 12,5 Gigawatt an installierter Gaskraftwerkskapazität sollten zwei Drittel im „netztechnischen Süden“ Deutschlands geschaffen werden, also in den westdeutschen Bundesländern ohne Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Von einem Südbons war die Rede. Begründet wurde der damit, dass dann im Süden weniger Eingriffe bei drohender Netzüberlastung nötig seien.
Doch das stößt in der Lausitz und im Mitteldeutschen Braunkohlerevier auf wenig Verständnis. Die Frage nach dem Warum bleibt. Und man will wissen, ob die neue Regierung an den Plänen festhält.
Darum positionierten sich die Frauen und Männer im Rahmen einer Betriebsversammlung in Schwarze Pumpe also für Fotos. Hielten ein Banner in die Kameras mit dem Slogan „Transformationsbonus statt Südbonus“. Formten mit ihren Körpern die Buchstaben „GAS-KW“ für Gaskraftwerke. Die Sonne schien ungetrübt, nur Kühltürme malten weiße Wolken vor den blauen Himmel. Die Stimmung – für den Moment war sie ähnlich heiter.
Unsicherheit bei den Azubis
Doch die Lage sei angespannt. Das erleben auch Auszubildende wie Paul Hugo Bullmann. Der 20-Jährige lernt im Kraftwerke Jänschwalde bei Cottbus den Beruf des Elektronikers für Betriebstechnik. Und sagt: „Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Wir wollen Antworten.“
Quelle: Irmela Hennig
Es geht darum, ob die Gaskraftwerke nun verstärkt in Brandenburg und Sachsen gebaut werden? Konkret in Lippendorf bei Leipzig und Schwarze Pumpe sowie perspektivisch in Jänschwalde und Boxberg. Ob also dort, wo man von Kohleausstieg und Strukturwandel vor allem betroffen ist.
Neue Bundesregierung will mehr Gaskraftwerksleistung ausschreiben
Die Leag jedenfalls hat Pläne für wasserstofffähige Gaskraftwerke in Schwarze Pumpe und Lippendorf „auf dem Tisch“, so Toralf Smith. Und nun Hoffnung.
Denn die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hat angekündigt mehr Gaskraftwerksleistung ausschreiben zu wollen. 20 Gigawatt – bis 2030 sollen die verfügbar sein. Wo die Anlagen errichtet werden, ist weiter offen. Im Koalitionsvertrag sind die Formulierungen dazu vage, wie Smith bestätigt. Es heißt, sie sollen, „deutschlandweit vorrangig an bestehenden Kraftwerksstandorten entstehen“. Das könnte auch Gebiete mit nun stillgelegten Atomkraftwerken meinen.
Doch bei der Leag hofft man, dass die Lausitz und der Mitteldeutsche Raum nun „gesetzt sind“, sagt Smith. Für Schwarze Pumpe habe das Unternehmen sein Gaskraftwerksprojekt vorsorglich ausgeweitet. Statt einmal sollen nun zweimal 800 Megawatt installierter Leistung kommen. Das wäre so viel, wie man jetzt mit Kohle zur Verfügung habe. Für Lippendorf hält Toralf Smith Ähnliches für denkbar. Für Jänschwalde und Boxberg sei man noch in der Planung.

Quelle: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/
Vor allem für den Lippendorfer Standort, dort gehört der Leag ein Kraftwerksblock, ist der Betriebsratschef zuversichtlich. „Da liegen wir an einem Netzknotenpunkt und können in den Süden einspeisen.“ Also, in das Netz, das Strom für den Südwesten liefert.
Quelle: Irmela Hennig
An beiden Standorten, Lippendorf und Schwarze Pumpe, gebe es derzeit etwa 300 Kraftwerksmitarbeiter. Pro Gaskraftwerksblock rechnet der Betriebsrat künftig mit um die 50 Beschäftigte. Das seien weniger als jetzt. „Aber bis 2038 scheiden viele altersbedingt aus“, weiß Smith. Jungen Leuten aber wolle man eine Perspektive geben. Das versprach auch Leag-Personalvorstand Jörg Waniek. Von der Politik forderte er in dem Zusammenhang mehr Tempo, weniger Bürokratie und klare Rahmenbedingungen.
Mit Tobias Dünow, Brandenburgs Staatssekretär aus dem Wissenschafts- und Kulturministerium, war ein Politik-Vertreter vor Ort. Er geht davon aus, dass es „Gaskraftwerke hier geben soll“ und die Lausitz nicht deindustrialisiert werde.
SZ