Maik Brückner
Wilsdruff. Michael Creutz ist 56 Jahre alt und hat sich noch einiges vorgenommen. Er will 104 Jahre alt werden und ein erfolgreicher Autohausbesitzer werden. „Das war schon immer mein Lebenstraum“, sagt er. Den ersten Schritt dazu hat er jetzt getan. Anfang des Monats hat er das traditionsreiche Autohaus Wilsdruff übernommen. Gegründet wurde es 1961 von Wolfgang Rost. 1994 übernahmen sein Sohn Mario und dessen Frau Elke die Geschäftsführung. 2019 stand für Mario Rost, der seit 1976 im Autohaus arbeitet, fest, dass er und seine Frau sich aus dem Geschäft zurückziehen wollen. Sie machten sich auf die Suche nach einem Nachfolger. „Wichtig war uns, dass der Betrieb mit der Stammbelegschaft so erhalten bleibt.“ Ihr Mitarbeiter Michael Creutz habe das garantiert. Deshalb habe er den Zuschlag bekommen.
Michael Creutz ist schon stolz, dass die Wahl auf ihn gefallen ist. Denn es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben, zum Beispiel den Verkauf an eine große Autohauskette. Creutz hat auch großen Respekt vor der Leistung der Familie Rost, die das Autohaus durch die politische Wende und die Corona-Pandemie geführt und in den letzten Jahren viel investiert hat, um erfolgreich am Markt zu bleiben. Einen großen Anteil am Erfolg haben die Mitarbeiter, die auch für Creutz das wichtigste Kapital sind. Da er zuvor selbst drei Jahre als Verkäufer in diesem Autohaus gearbeitet hat, kennt er die Mitarbeiter sehr gut und schätzt sie. „Hier arbeiten Leute, die seit 30, teilweise 40 Jahren dabei sind“, sagt Creutz.
Von der Aller an die Elbe
Er stammt aus Niedersachsen, aus Wolfsburg. Seine berufliche Laufbahn hat Creutz bei Volkswagen begonnen, wo auch seine Eltern gearbeitet haben. „Ich habe 21 Jahre in der Fabrik gearbeitet.“ Angefangen hat er als Arbeiter am Band, mit den Jahren hat er sich bis zum Angestellten im Vertrieb hochgearbeitet. 2001 kam er zum ersten Mal nach Dresden, um die Gläserne Manufaktur mit aufzubauen. „Ich war fast jede Woche hier.“ Die Landeshauptstadt hat ihn fasziniert. Schon damals stand für ihn fest: „Dresden, das ist meine Stadt.“ Bis zum Umzug sollten aber noch einige Jahre vergehen. 2016 zog er ins Elbtal, allerdings nicht nach Dresden, sondern ins nahe Radebeul. „Hier habe ich ganz neu angefangen.“ Er begann für das Autohaus Hammer zu arbeiten. „Dort habe ich meine Karriere als Autoverkäufer gestartet.“
2019 wechselt er zum Autohaus Wilsdruff. Dort war gerade der Händlervertrag mit VW ausgelaufen. Bis dahin konnte die Familie im Auftrag der Wolfsburger Fahrzeuge verkaufen. Michael Creutz half den Inhabern, auf ein neues Verkaufsmodell umzusteigen. Fortan wurden „EU-Fahrzeuge“ verkauft. Und das ging so. Das Autohaus verkaufte Fahrzeuge, die von den Herstellern für andere EU-Märkte gebaut wurden – etwa Polen, Tschechien oder Dänemark. „Wir haben die Fahrzeuge wieder nach Deutschland importiert und hier verkauft.“ Dabei handelt es sich nicht um Neuwagen, sondern um Fahrzeuge mit Tageszulassung. Beim Kauf dieser „jungen Gebrauchten“ könne man den Kunden hohe Preisnachlässe bieten, so Creutz. Bis zu 40 Prozent können es sein. „Das Geschäft lief gut, wir haben hohe Stückzahlen verkauft“, erinnert sich Creutz. Parallel zu diesem Geschäft blieb das Autohaus Servicepunkt für Volkswagen und dessen Tochter Skoda.
Dieses Geschäftsmodell will Michael Creutz auch nach der Übernahme beibehalten und ausbauen. Wichtig bleibt der Service. Kein Kunde soll länger als drei Tage auf einen Werkstatttermin warten müssen. Creutz selbst sieht sich als Chef zum Anfassen, den man direkt anrufen kann. Er will sich weiter um die Stammkunden kümmern, aber auch neue Kunden gewinnen. Fahrzeuge will Creutz auch weiterhin über das Internet verkaufen.
Das Personal soll erweitert werden
Das Team besteht derzeit aus 22 Mitarbeitern, darunter ist auch der bisherige Inhaber Mario Rost. Der 64-Jährige will so lange hier arbeiten, wie er gebraucht wird. „Ich habe viel Insiderwissen, das kann ich nicht an einem Tag übergeben.“ Und das kann Creutz gebrauchen. Denn er hat noch einige Pläne. Um sie zu verwirklichen, will er in den nächsten Jahren personell aufstocken. „Für das, was ich vorhabe, brauche ich zwischen 40 und 50 Mitarbeiter.“ Das Unternehmen will auch selbst ausbilden. In diesem Jahr hat es drei Azubis eingestellt. Erweiterungspläne hat Creutz derzeit nicht, allerdings hat er nach der Übernahme damit begonnen, das Haus farblich neu zu gestalten. Auch das Außengelände soll verschönert werden. Bisher hat Michael Creutz seine Entscheidung, das Haus zu übernehmen, nicht bereut: „Es macht immer noch Spaß, ins Büro zu fahren. Manchmal ist es so surreal.“