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„Mit den eigenen Händen was entstehen lassen“: Was zwei junge Männer aus dem Kreis Bautzen am Handwerk reizt

93 junge Menschen aus dem Landkreis Bautzen haben jetzt ihre Gesellenbriefe erhalten. Zwei von ihnen erzählen, wie sie zum Handwerk gekommen sind - und was das Schöne daran ist.

Lesedauer: 4 Minuten

Man sieht Tischler Martin Schurk und Orgelbauer Konrad Hofmann
Tischler Martin Schurk (links) und Orgelbauer Konrad Hofmann aus dem Landkreis Bautzen sind seit Kurzem Gesellen. Sie lieben ihre handwerklichen Berufe. © Steffen Unger

Von Fionn Klose

Bautzen. Anfang August hat das neue Lehr- und Ausbildungsjahr begonnen. Für viele junge Menschen ist das der erste Schritt ins Berufsleben. Während sie ihre zwei- oder dreijährige Ausbildung noch vor sich haben, sind andere schon durch. So wie Martin Schurk aus Kamenz und Konrad Hofmann aus Bautzen. Sie wurden jetzt freigesprochen, gemeinsam mit 91 weiteren Gesellen aus verschiedenen Handwerksberufen, und starten in ihren Beruf, den sie über die Ausbildung lieben lernten.

Martin Schurk ist Tischler. Schon früh wurde er ans Handwerk herangeführt. „Mein Vater hat schon immer handwerkliche Sachen gemacht“, sagt er. „Ich durfte jedes Mal mitmachen.“ Er habe Spaß daran gehabt. Nach dem Abitur dachte Schurk erst an ein Studium, irgendetwas in Richtung Physik oder Mathe zum Beispiel. „Meine Eltern meinten: ‚Mit Abitur, da kann man schon studieren'“, sagt der 22-Jährige. „Aber sie waren auch nicht böse, dass ich das am Ende nicht gemacht habe.“

Vom Naturschutzprojekt in die Tischlerei

Dabei hatte er sich für Angewandte Materialforschung in Freiberg eingeschrieben. „Dann kam Corona, und ich hatte keine Lust auf Online-Lehre.“ Stattdessen machte er einen Bundesfreiwilligendienst beim Naturschutzprojekt Lausitzer Seenland. „Da habe ich den Wald gepflegt und das Holz ein bisschen kennengelernt“, sagt er. „Ich dachte, man könnte ja in die Richtung gehen.“ Er verschickte Bewerbungen an verschiedene Tischlereien. Im Januar 2022 sagte die Tischlerei Wenk aus Ostro zu.

Martin Schurk in der Tischlerei Wenk in Ostro bei der Arbeit.
© Steffen Unger

Weil er Abitur hat, konnte Martin Schurk das erste Lehrjahr überspringen, ein paar handwerkliche Fähigkeiten brachte er sich auch selbst bei. Aller paar Monate war er in der Berufsschule, dann wieder im Betrieb und viel auf Montage.

„Die größte Baustelle, bei der ich dabei war, war die Kirche in Crostwitz“, sagt Schurk. „Die wurde von allen möglichen Gewerken restauriert. Vieles, was das Holz betraf, hat unsere Firma übernommen.“ Gemeinsam mit seinen Kollegen habe er die 120 Bänke restauriert und erneuert. Auch eigene Projekte wie einen Nachttisch oder eine Eckbank hatte er.

Einer der besten Tischlergesellen im Kreis Bautzen

Am meisten Spaß gemacht hat ihm der Bau seines Gesellenstücks, ein Barschrank. „Das Lackieren war eine echte Herausforderung, am Ende habe ich dafür zwei Wochen gebraucht“, sagt er. Generell baue er am liebsten Schränke. Sein nächstes großes Projekt ist einer aus Nussbaum.

Was das Schöne am Tischlerberuf und am Handwerk ist? „Dass man mit jedem Projekt etwas Neues schafft. Man bekommt eine Zeichnung und muss sich neu reindenken – und mit Problemen umgehen und sie lösen. Dann nach zwei Wochen sieht man das fertige Ergebnis und kann stolz drauf sein. Das Handwerk macht mir Spaß“, sagt Martin Schurk.

Und nun hat er seinen Abschluss. Einen der besten im Landkreis Bautzen, wie er sagt. Ob er noch studieren wird, weiß er nicht. Er wolle auf jeden Fall in seinem Beruf bleiben. Studieren würde er nur eine Richtung, die ihn als Tischler weiterbringt.

Eltern meinten: „Studiere erstmal was“

Bei Konrad Hofmann entwickelte sich mit fünf Jahren die Faszination für Orgeln. „Meine Mutter hat im Kirchenchor gesungen“, erzählt der 29-Jährige. Während der Proben saß er immer oben beim Organisten. Lange spielte er Klavier, dann ging es an die Orgel. „Dann hat sie mich gepackt und nicht wieder losgelassen.“

Der gebürtige Schmöllner nahm Orgelunterricht, ging mit 19 Jahren sogar nach Halberstadt und belegte dort ein C-Seminar. Damit kann man nebenamtlich Kirchenmusikdienst machen. „Das beinhaltet sehr viel Orgelspiel, aber auch die Chorleitung“, sagt Hofmann. Seitdem ist er C-Kantor. In Halberstadt hatte er auch Orgelkunde. „Da habe ich mir das schon das erste Mal vorstellen können, Orgelbauer zu werden.“

Konrad Hofmann überprüft die Holzpfeifen einer Orgel.
© Steffen Unger

Als er das seinen Eltern sagte, hätten sie gemeint: „Du hast jetzt Abitur gemacht, studiere erstmal was.“ Er ging mit seiner Frau, die er in Halberstadt kennengelernt hatte, nach Dresden. Zunächst versuchte er sich im Bauingenieurwesen, blieb am Ende bei Lehramt für Geografie und Geschichte hängen. „Dann kam Corona und die Online-Lehre. Das hat meinem Studienwillen das Genick gebrochen.“ Insgesamt zehn Semester hatte er da schon weg.

Da seine Frau später eine Stelle in Bautzen annahm, entschloss sich Hofmann, auch hier etwas zu suchen. Er rief beim Orgelbauer Eule in Bautzen an und fragte nach einem Praktikum. Die Firma übernahm ihn mit 26 als Lehrling.

„Aus Holz etwas zu schaffen, das ist unbeschreiblich“

Seine Ausbildung dauerte knapp drei Jahre. Zum Unterricht fuhr er nach Ludwigsburg an die einzige Berufsschule für Orgelbauer in Deutschland. „Das war das Anstrengendste an der ganzen Ausbildung“, erzählt er. In der Schule hatte er sehr viel Musikgeschichte, Materialkunde, Physik oder auch Handzeichnen. Am meisten habe ihm das händische Konstruieren Spaß gemacht. Einmal mussten er und seine Klasse eine Prospektzeichnung machen, also abbilden, wie eine Orgel im Raum aussehen würde. Das sollte keine technische Zeichnung sein. „Es musste aber den Maßstab haben.“ Da sei er einer der Klassenbesten gewesen.

Im Juni 2024 legte er seine Prüfung ab. Dazu gehörte auch ein Gesellenstück. „Das war in meinem Fall eine Windlade, dazu sieben Metallpfeifen und 13 Holzpfeifen“, sagt Hofmann. Das Herausforderndste für ihn war das Handwerk selbst. Am Anfang musste er die Basics lernen, etwa, wie er einen Hobel wieder scharf kriegt, eine Säge schärft oder Holz richtig behandelt.

Und was ist für ihn das Schöne am Handwerk und am Orgelbauen? „Jede Orgel ist ein Unikat. Jedes Mal denkt man sich neu rein, schaut, wie es funktioniert, ringt mit der optimalen Lösung. Man spielt ein bisschen Gott. Man hat ein Rohmaterial und lässt mit den eigenen Händen was entstehen. Aus etwas Totem wie Holz was zu schaffen, wo man sagen kann, dass es einen Charakter hat, und es entstehen zu sehen – das ist unbeschreiblich.“

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