Von Andreas Weller
Dresden. Im vergangenen Jahr ging die Bäckerei Grundmann pleite, da war L. gerade mal seit einem halben Jahr Geschäftsführer. Eingesetzt wurde er von der „al dente Group“, die das Geschäft zuvor übernommen hatte. Im Juli 2022 erstatte Ronald Pohl, der Gastro-Chef der Gruppe, Anzeige gegen L., weil rund 50.000 Euro fehlen sollen. L. war offenbar quasi der „Sargnagel“ für die Bäckerei und damit die Angestellten.
Grundmann wurde mittlerweile von der Bäckerei Krause übernommen. Was sich 2022 dort abspielte, ist ein Fall fürs Dresdner Amtsgericht, in dem nun ein Urteil gegen L. gefällt wurde.
Nachdem der Ex-Geschäftsführer die meisten Taten am ersten Prozesstag eingeräumt hatte, blieben Untreue in 47 Fällen und falsche Versicherung an Eides Statt. Rund 40.000 Euro hat L. sich aus den Tageseinnahmen in bar und vom Konto der Bäckerei verschafft. Einen großen Teil davon hat er für Escort-Damen und ein Online-Casino verpulvert – bis er aufflog.
4.600 Euro in Bäckereitaschen in Dresdner Hotelzimmer
Nun sagte die Polizeioberkommissarin vor Gericht aus, die die Ermittlungen gegen L. leitete. Angezeigt wurde dieser demnach von seinem Chef Pohl, drei Tage, nachdem L. sich am 4. Juli offiziell in den Urlaub verabschiedet hatte. In den verschwand L. mit Taschen, in denen sich die Einnahmen der Bäckerei von mehreren Tagen befanden. Rund 5.000 Euro hob L. noch in bar vom Firmenkonto ab, teilweise auch in Berlin.
Anhand der Abbuchungen von seiner Firmenkarte konnten die Beamten L. an dem Tag aber im Ibis Hotel auf der Prager Straße ausfindig machen. „Im Hotelzimmer konnte er festgenommen werden, dazu fanden die Kollegen Bäckereitaschen mit zirka 4.600 Euro, ein Handy und einen Computer der Bäckerei“, so die Ermittlungsleiterin.
Was der Chat-Verlauf mit Escort-Damen offenbart
Im Zuge der Ermittlungen ist die Polizei auch auf die Ex-Freundin von L. gestoßen. Die Frau aus der Ukraine hat von November 2021 bis Mai 2022 mit ihm in einer Wohnung in Dresden gewohnt. Über deren Konto bei der Volksbank hatte L. Verfügungsgewalt und es offenbar auch genutzt, um Gelder der Bäckerei zu parken und darüber im Online-Casino zu verzocken.
Die Chef-Ermittlerin berichtete auch vom Verhör der Ex-Freundin. Irgendwann hat L. demnach eine andere Frau mitgebracht – die Escort-Dame „Rebecca“, für die L. insgesamt 9.000 Euro vom Bäckerei-Geld ausgegeben hat. „Die Freundin musste die Wohnung verlassen und in der Aufnahmestelle für ukrainische Geflüchtete am Dresdner Hauptbahnhof übernachten“, so die Ermittlerin.
Zu den Escort-Damen, von denen es mehrere gab, hielt L. per Handy Kontakt. Im Chat-Verlauf konnten die Polizisten alles nachvollziehen. Demnach wurden für Treffen zwischen zehn und zwölf Stunden etwa 1.000 Euro verlangt, für „Rebecca“ musste auch mal ein Auto für 3.000 Euro gemietet werden. So kamen insgesamt rund 18.000 Euro zusammen.
Die Beamten haben vieles nachweisen können – nur L. hatte die beiden Schlüssel für den Haupttresor der Bäckerei, konnte über das Konto verfügen und es gibt Videoaufnehmen von Abhebungen. Zudem wurde bekannt, dass das Hauptzollamt noch ein Verfahren gegen L. führt, weil er Mitarbeitende teilweise schwarz bezahlt haben soll.
Als Betrüger seit fast 30 Jahren bekannt
L. bringt es auf bislang 16 Eintragungen in der Strafakte. Zum ersten Mal wurde er 1994, also vor fast 29 Jahren, wegen Betrugs zu Tagessätzen verurteilt. Da war L. 28 Jahre alt.
Danach folgen weitere Verurteilungen wegen Betrugs, Untreue – beides häufig gleich in mehreren Fällen – aber auch gelegentlich Schwarzfahren und einmal vortäuschen einer Straftat. Etliche Jahre hat L. bereits hinter Gittern verbracht.
Dresdner Bäckerei fand wegen Geschäftsführer ihr Ende
Wenn er nicht im Knast saß, hat er als Bäcker gearbeitet und bald seinen nächsten Betrug vorbereitet. Die Richterin hob hervor, dass L. geständig war und es ihm „leicht“ gemacht worden sei, weil er alleine Zugriff aufs Geld hatte. Sie lastete ihm aber auch an, dass er einschlägig vorbestraft ist, er sich 47 Mal in nur einem halben Jahr am Geld bedient hat und die Bäckerei seinetwegen „ihr Ende fand“.
Deshalb verurteilte das Gericht L. zu drei Jahren und vier Monaten Haft. Zudem werden die 4.600 Euro, die im Hotelzimmer bei ihm gefunden wurden eingezogen und ein sogenannter Wertersatz für die restlichen rund 35.000 Euro Schaden. Da L. aber nichts hat, außer rund 80.000 Euro Schulden, wie er angab, wird die Bäckerei beziehungsweise der Insolvenzverwalter wohl nie etwas davon bekommen. Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.
L. sagte zum Schluss noch, er habe „viele Fehler“ gemacht. „Ich möchte mich bei den Mitarbeitern entschuldigen.“ In der Bäckerei Grundmann haben zehn Mitarbeiter und zwei Auszubildende gearbeitet.