Von Anja Beutler
So schnell wie die ersten Exemplare der neuen Sonderserie „Stern der Literatur“ über den Ladentisch gegangen waren – so schnell tauchten die ersten Angebote dieser speziellen Herrnhuter Sterne im Internet auf. Allerdings zu wahrlich astronomischen Preisen: Den Vogel abgeschossen hatte dabei zunächst ein Anbieter aus Königswartha, der den Stern einen Tag nach dem Kauf für 650 Euro anbot – mittlerweile aber „nur noch“ 450 Euro verlangt – wie ein Anbieter aus Blasewitz ebenfalls. Für 399 Euro versendet ein Verkäufer aus Flörsheim am Main den neuen Sonderstern und mit 300 Euro am günstigsten ist ein Angebot aus Döbschütz. Aber selbst wer hier zuschlägt, zahlt noch immer etwa das Zehnfache des eigentlichen Preises, denn der Stern kostet im Original mit LED 31 Euro.
Inzwischen ist das auch Kunden und Sterne-Kennern bei Ebay aufgefallen. Sie haben die Wucherpreise entdeckt – und kritisieren offenbar Händler massiv. Einer von ihnen, der augenscheinlich zwei dieser neuen Literatur-Sterne am 9. Juni erstanden hat, reagiert patzig: Wegen der Kritik und Gejammere erhöhe er jetzt den Preis, schreibt er direkt bei seinen Angebotsfotos. Daneben die neue Summe: 888 Euro.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Herrnhuter Sterne damit zu kämpfen haben, dass sich Geschäftemacher auf die Sondereditionen stürzen und diese dann im Internet zu horrenden Preisen feilbieten. Schon bei der Kooperation mit der Erzgebirgs-Drechslerei Volkmar Wagner 2019 hat es solche Phänomene und Wucherpreise für das Schneemänner-Pärchen gegeben. Vor Kurzem änderte die Manufaktur zudem auch die Regeln im Bastelstübchen, wo sich Besucher selbst ihren eigenen Stern mit Farben ihrer Wahl zusammenstellen können. Hintergrund waren als Original verkaufte Nachbauten von beliebten Sondereditionen, die sich Onlineverkäufer gut bezahlen lassen.
Dieses Mal stehen die Sterne dem Onlinehandel ohne große Handhabe gegenüber: „Wir können dagegen nichts machen“, sagt Vertriebschef Jens Ruppert bedauernd, „außer darauf aufmerksam machen, dass es immer wieder Nachschub an Literatur-Sternen geben wird und diese in die Comenius-Buchhandlungen gehen, sobald 60 bis 70 neue produziert sind.“ Der Stern ist gewissermaßen ein Geschenk zum 125. Geburtstag der Comenius-Buchhandlung und wird deshalb auch nur dort verkauft.

Nach dem Ansturm auf die beiden Buchhandlungs-Standorte Herrnhut und Görlitz am vergangenen Freitag, wo jeweils in zwei bis zweieinhalb Stunden je 210 Literatur-Sterne verkauft worden sind, will und kann die Sterne-Manufaktur daran aber nichts ändern: „Derzeit sind vier Mitarbeiterinnen mit dem Herstellen des Sterns der Literatur beschäftigt, eine fünfte Kollegin wird angelernt“, sagt der Vertriebsleiter. Kapazitäten, einen Online-Handel oder ein System an Vorbestellungen aufzubauen, habe man nicht. Verkauft werde deshalb absehbar auch weiterhin immer in den Buchhandlungen und je nach Fertigstellung.
Dieser Umstand – sowie die wachsende Bekanntheit und Beliebtheit auch bei Sammlern deutschlandweit – mag dazu führen, dass der Internethandel auch weiterhin solch seltsame Blüten treiben kann. Denn, wer den Stern unbedingt haben will, aber weder nach Görlitz noch nach Herrnhut kommen kann, um einen zu kaufen, der wird wohl aktuell nur auf diesem Wege zu einem „Stern der Literatur“ kommen.