Mit Beginn des neuen Jahres ist die neue Chefetage der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) komplett. Andreas Hemmersbach, bisher Prokurist und Finanzchef des Unternehmens, löst Reiner Zieschank ab, der in Pension geht. Hemmersbach ist damit künftig als Vorstand für die Bereiche Technik und Finanzen zuständig. Außerdem wird er zum Geschäftsführer der Technischen Werke Dresden berufen, dem Mutterkonzern von DVB, Drewag, Stadtreinigung, Dresdner Bädern und weiteren kommunalen Unternehmen. Hemmersbachs neuer Vorstandskollege Lars Seiffert hatte bereits im September die Nachfolge von Hans-Jürgen Credé angetreten, der ebenfalls in Pension gegangen ist.
Der bisherige Chef Reiner Zieschank ist über die Nachfolgeregelung glücklich, sagte er. Hemmersbach kennt das Unternehmen seit Langem, hatte 1994 nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Münster als Gruppenleiter Wirtschaftsplanung angefangen. „Dass ich nach Dresden kam, ist ein historischer Zufall“, sagt der 47-Jährige. „Mein Vorstellungsgespräch damals war mein erster Besuch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.“ Mit seinem Vorgänger verbinden den zweifachen Familienvater die Erinnerungen an einige Aufbaujahre nach der Wende. „Ein 24-Stunden-Betrieb war schon damals etwas Besonderes, das gab es nicht überall“, sagt der geborene Rheinländer. „Auch nicht, dass man fast überall mit der Straßenbahn hinfahren kann.“
Passionierter Radfahrer und Läufer
Mit dem neuen Posten tritt Hemmersbach in große Fußstapfen. Die nötige Puste für den DVB-Topjob holt er sich beim Sport. Er gilt als passionierter Radfahrer und Läufer. Waren in Zieschanks Amtszeit Themen wie Umstrukturierung und Flottenerneuerung das wichtigste Thema, will sich der neue Technikchef auf die Vernetzung der Mobilität konzentrieren. Das bedeutet, digitale Daten stärker zu nutzen, aber auch das Zusammenspiel mit anderen Verkehrsmitteln wie der S-Bahn zu gestalten. „Klar ist auch, dass wir die Zufriedenheit unserer Fahrgäste halten wollen, die uns auf Platz eins beim bundesweiten Kundenbarometer gebracht hat“, sagt er. „Das ist ein bisschen wie beim FC Bayern, die machen keine großen Sprünge mehr nach oben, aber müssen die Meisterschaft halten.“ Seien die Fahrgäste früher froh gewesen, dass überhaupt eine Bahn kommt, wollten sie heute schon auf dem Weg zur Haltestelle wissen, ob sie pünktlich ist.
Anbindung an Radeberg im Blick
Und natürlich wird auch das Zusammenspiel mit dem Umland – wie die Vernetzung mit Radeberg oder Ottendorf-Okrilla – zu den Aufgabenfeldern gehören. Gerade der Ullersdorfer Platz in Bühlau ist ja ein wichtiger Knoten für die Verbindung zwischen den Bussen aus Richtung Radeberg und den Straßenbahnen. Oder auch die Frage, ob denn nun tatsächlich eine Straßenbahn zwischen Ottendorf-Okrilla und Dresden pendeln soll, statt wie bisher der Zug. Noch bis Jahresende ist Andreas Hemmersbach ja noch Chef der Verkehrsgesellschaft Meißen – und auch dort war ja die Frage der Anbindung an Dresden für ihn immer eine wichtige Frage.
Verkehrs- und Nutzerdaten könnten hier in Zukunft eine große Rolle spielen. Auch, um den Nahverkehr weiter zu beschleunigen. „Im Vergleich mit dem Auto, fahren wir für viele Kunden etwas zu langsam“, sagt Hemmersbach. „Ein sportlicher Radler ist ähnlich schnell.“
Breitere Straßenbahnwagen mit mehr Komfort
Zur Vernetzung gehörten aber auch Themen wie führerlose Fahrzeuge Fahren oder Elektromobilität. Im Sommer hatten die DVB zwischen Mickten und Übigau die erste rein elektrisch betriebene Buslinie Sachsens eröffnet. Außerdem sollen künftig neue Straßenbahnwagen angeschafft werden, die breiter sind als die bisherigen und den Fahrgästen deutlich mehr Komfort und Platz für Fahrräder und Kinderwagen bieten.
Auch jenseits von Straße und Schiene gibt es Optionen, die bisher wohl als eher fiktiv angesehen werden können. Als Beispiel nennt Hemmersbach die Anbindung der Stauffenbergallee an den Nahverkehr. Dort haben sich in den vergangenen Jahren mehrere Behörden angesiedelt. Deren Mitarbeiter könnten auch über eine überdachte Rolltreppe an der Haltestelle Sankt-Pauli-Friedhof zu ihrem Arbeitsplatz gelangen, ähnlich wie die Laufbänder an Flughäfen. „In asiatischen Städten sind solche Rolltreppen oder aber auch Seilbahnen üblich“, sagt Hemmersbach. „Dann brauchte man auf der Stauffenbergallee keine Buslinie.“ Das wäre ein ambitioniertes Vorhaben. Dafür müsste die marode Straße ohnehin erst saniert werden. Unter den neuen DVB-Chefs haben auch die eher defizitären Fähren und Bergbahnen eine Zukunft, betonte Hemmersbach. „Sie gehören zu uns.“
Von Tobias Wolf
Foto: © Norbert Millauer