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Neuer Streit um Sachsens Ladenschlusszeiten

Sachsens Landräte wollen mehr Freiheit für die Wirtschaft und schlagen vor, das Ladenöffnungsgesetz abzuschaffen. Doch das kommt nicht einmal bei allen Händlern gut an.

Lesedauer: 2 Minuten

Man sieht Menschen beim Einkaufen
Wann ist Einkaufen erlaubt? Die optimalen Ladenöffnungszeiten sind schwer festzustellen. © Symbolfoto: dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

Von Georg Moeritz

Dresden. Hemmt Sachsens Ladenöffnungsgesetz die Wirtschaft? Nach Ansicht der sächsischen Landräte gehören die staatlichen Ladenschlusszeiten zu den Bremsen, die gelöst werden müssen. Auf einer Landkreisversammlung zu Anfang des Monats hat der Sächsische Landkreistag ein Forderungspapier zur Wirtschaftsförderung herausgegeben. Darin steht: „Das Ladenöffnungsgesetz wollen wir komplett abschaffen.“ Mit Sachsens Einzelhandel scheint diese Forderung nicht abgesprochen zu sein. Der Gewerkschaftsbund reagiert empört.

Die Landräte schreiben in ihrem Wirtschaftsförderungspapier, sie hielten es für nicht richtig, „den geschäftlichen Entscheidungsspielraum“ der Händler zu hemmen. Bisher ist es den meisten Läden verboten, sonntags sowie zwischen 22 und 6 Uhr zu öffnen – mit bekannten Ausnahmen wie Tankstellen, Apotheken und Bäckern. Doch selbst im Einzelhandel gehen die Meinungen über die Regelungen zu den Öffnungszeiten an Werktagen „schon immer weit auseinander“, sagt René Glaser, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Sachsen.

Glaser sagte auf Anfrage von sächsische.de, zu einer Diskussion über Ladenschlusszeiten gehörten auch Fragen wie Kosten, Erwartungen der Verbraucher, Wettbewerbsaspekte – und die Personalsituation. Die komplette Abschaffung des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes könne sogar „eher ein Rückschritt“ sein, weil dann wieder Regeln des Bundes für Sachsen gelten würden. In dieser Frage liege die Lösung „wie so häufig sicherlich in einer vermittelnden Kompromissposition“.

Handelsverband: Undurchsichtige Regeln für Sonntage

Der Handelsverband hat aber einen dringenden Wunsch, wenn es um die Sonntagsöffnung geht: Die Bedingungen für verkaufsoffene Sonntag müssten rechtssicher werden, forderte Glaser. Das sei gegenwärtig eine Schwerpunkt-Frage für den Verband. Das Problem: Zwar ermächtigt das Ladenöffnungsgesetz die Gemeinden, an bis zu vier Sonntagen pro Jahr die Öffnung von Verkaufsstellen zwischen 12 und 18 Uhr durch Rechtsverordnung zu gestatten. Doch dafür muss stets ein besonderer Anlass gefunden werden.

Welcher Anlass für einen verkaufsoffenen Sonntag ausreicht, das ist laut Glaser schwer festzustellen. Die Anforderungen der Verwaltungsgerichte seien „hoch und zum Teil undurchsichtig“. Der Hauptgeschäftsführer erinnerte daran, dass schon mehrmals angekündigte verkaufsoffene Sonntage wieder abgesagt werden mussten – das koste Geld und schade dem Image der Branche und auch der Städte.

Das Prozessrisiko beim Festlegen verkaufsoffener Sonn- und Feiertage ist laut Glaser inzwischen so groß, dass manche Händler oder Städte lieber ganz darauf verzichten. Der Handelsverband will nach Angaben des Hauptgeschäftsführers nicht etwa die Sonntagsöffnung völlig freigeben lassen oder mehr Sonntage pro Jahr – sein Ziel sei nur die „rechtssichere Durchführung“ einer begrenzten Anzahl pro Jahr. Dafür sei „dringend eine Gesetzesänderung“ nötig. Eine Abschaffung des Gesetzes fordert der Handelsverband nicht.

Gewerkschaftsbund: Lieber attraktive statt Sonntagsarbeit

Für Markus Schlimbach ist die Abschaffung des Ladenöffnungsgesetzes gar „eine Forderung aus der Mottenkiste“. Der Sachsen-Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sagte, ein solcher Vorschlag komme „immer dann, wenn einem wirtschaftspolitisch nichts mehr einfällt“. Schlimbach meint, ausufernde Ladenöffnungszeiten würden die jetzt schon „unattraktiven Arbeitsbedingungen“ noch weiter verschlechtern. Im sich verschärfenden Wettbewerb um Fachkräfte könnte der Einzelhandel dann buchstäblich dicht machen.

Um den Einzelhandel stabil zu halten und die Fachkräftesicherung voranzutreiben, müssen diese Berufe laut Gewerkschaftsbund vielmehr aufgewertet und besser bezahlt werden. „Dafür streiken die Beschäftigten des Einzelhandels bereits seit einem halben Jahr“, sagte Schlimbach. Vom Sächsischen Landkreistag würde er sich „weniger Populismus und mehr Sachpolitik“ wünschen.

Schlimbach sagte, die Forderungen des Landkreistages ließen sich aus seiner Sicht so zusammenfassen: „Lasst uns ein Paradies für Unternehmer schaffen, die Leute länger und am Sonntag arbeiten, Steuern senken und irgendwelche Normen abschaffen, dann wird Sachsen wieder so wie vor 30 Jahren.“ Aber wie vor 30 Jahren würden die Menschen mit den Füßen abstimmen und dorthin gehen, wo die Einkommen und die Arbeitszeiten stimmen. „Sachsens Landräte können sich dann selbst regieren“, sagte der DGB-Sachsen-Chef.

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