Florian Reinke
Leipzig. Auf Sachsens neuem Flugzeugwerk ruhen große Hoffnungen. Ein moderner, nachhaltiger Flugzeugtyp, Hunderte Arbeitsplätze und ein neues Kapitel deutscher Luftfahrtgeschichte: All das soll die geplante Endmontagelinie des Flugzeugbauers Deutsche Aircraft an den Flughafen Leipzig/Halle bringen. Nachdem es in den vergangenen Monaten ruhig um das Projekt geworden war, nimmt es nun wieder an Fahrt auf: Der Baustart steht unmittelbar bevor.
Möglich macht das eine Vereinbarung zwischen der Deutschen Aircraft und der Weerts Group, einem aus Belgien stammenden Projektentwickler. Wie es von Letzterem hieß, sieht diese vor, dass die Weerts Group den Werkskomplex errichtet; die Deutsche Aircraft soll schließlich einziehen.

Quelle: Michael Strohmeyer
Tiefbauarbeiten starten in Kürze
Michael Altmann, Projektmanager für Deutschland beim belgischen Unternehmen, bestätigt den bevorstehenden Baustart. „In 14 Tagen beginnen wir mit den Tiefbauarbeiten“, sagt er. Ende Januar könnten demnach die Hochbauarbeiten starten.
Bei der Deutschen Aircraft ist von einem „bedeutenden Erfolg“ die Rede. Das Unternehmen mit Sitz in Oberpfaffenhofen bei München will am Flughafen Maschinen des Turboproptyps D328eco vom Band laufen lassen. Das Regionalflugzeug mit bis zu 40 Sitzen ist eine nachhaltigere und moderne Weiterentwicklung der Anfang der 90er-Jahre gefertigten Dornier 328 – und seit Langem das erste deutsche Flugzeugprojekt außerhalb des Airbus-Konzerns.

Quelle: Weerts Group
Werk soll schon Ende 2025 übergeben werden
Der nun genannte Zeitplan ist durchaus ambitioniert. Schon im November 2025 soll die Übergabe des Werks an den Flugzeugbauer erfolgen, der die Endmontagelinie dann in Betrieb nehmen will. „Das ist ein straffer Zeitplan, aber es ist umsetzbar“, sagt Altmann von der Weerts Group.
Der Aufbau dieser Produktionslinie ist ein wegweisendes Kapitel für die nachhaltige Luftfahrt, unseren Flughafen und die gesamte Region.
Götz Ahmelmann – Vorstandsvorsitzender der Mitteldeutschen Flughafen AG
Unklar bleibt, wann die erste Maschine ausgeliefert werden soll. Im Sommer hatte der Hersteller eine Verzögerung eingeräumt und die Auslieferung auf Ende 2027 verschoben, begründet wurde das mit „neuen Regularien“, die einen „detaillierten und umfassenden Zertifizierungsprozess“ mit sich brächten. Ursprünglich war eine Erstauslieferung Ende 2026 geplant.
350 neue Jobs am Flughafen Leipzig/Halle
Klar ist hingegen: Am Flughafen Leipzig/Halle sollen bis zu 350 neue Arbeitsplätze entstehen. Die Produktionskapazität liegt bei 48 Flugzeugen des Typs D328eco pro Jahr.
Zum Werkskomplex auf 60.500 Quadratmeter gehört nicht allein die Endmontagelinie mit neuer Technologien und Verfahren: Hinzu kommen ein Flugbereitschaftshangar und ein Logistikzentrum sowie ein Verwaltungsgebäude. Götz Ahmelmann, Vorstandsvorsitzender der Mitteldeutschen Flughafen AG, wertet den Aufbau der Produktionslinie denn auch als „ein wegweisendes Kapitel für die nachhaltige Luftfahrt, unseren Flughafen und die gesamte Region.“
Flugzeuge sollen mit nachhaltigen Kraftstoffen betrieben werden
Die große Aufmerksamkeit für das Projekt liegt zum einen an der Historie. Das Vorgängermodell Dornier gilt als Ikone und war bis zum Produktionsende 2005 das letzte Verkehrsflugzeug, für dessen Entwicklung ein deutsches Unternehmen verantwortlich war. Zum anderen strebt die Deutsche Aircraft mit dem D328-Eco-Programm einen bedeutenden Schritt nach vorn in der Dekarbonisierung der Luftfahrt an.
So sollen die laut Deutscher Aircraft neu entwickelten Produktionswerkzeuge, einschließlich der Werkzeuge für den Zusammenbau des Flugzeug-Rumpfes, energieeffizient sein und zu einem umweltfreundlichen Produktionsprozess beitragen. Auch sollen die Maschinen mit Sustainable Aviation Fuel betrieben werden, also mit Luftfahrttreibstoffen aus nicht fossilen Rohstoffen.

Quelle: Deutsche Aircraft
Experte hat Zweifel
Ein Selbstläufer wird der Vertrieb und Einsatz der neuen Maschinen nach Einschätzung von Branchenkennern aber nicht. Wie der Luftfahrtexperte Gerald Wissel jüngst im Gespräch mit der LVZ betonte, handele es sich um ein sehr gutes Flugzeug. Doch wies der Experte etwa darauf hin, dass die nachhaltigen Luftfahrttreibstoffe noch nicht ausreichend verfügbar und zu teuer seien.
Auch habe er „Bedenken auf der Nachfrageseite“. Wissel: „Es ist eine Herausforderung, eine Serienfertigung aufzubauen, wie das die Deutsche Aircraft plant. Es braucht die Nachfrage, um die Flugzeuge zu produzieren. Allerdings werden die großen Airlines wohl eher kein Interesse an dem Flugzeug haben – insofern bin ich skeptisch, was einen kommerziellen Betrieb der D328eco anbelangt.“ Zudem nähmen Kurzstreckenflüge, für die sich die D328eco eigne, in Europa ab.
Bei der Deutschen Aircraft werden diese Bedenken entkräftet. Die Flotte von regionalen Turbopropmaschinen sei weltweit veraltet, daraus ergebe sich die Nachfrage nach neuen Maschinen, hieß es etwa. Vereinbarungen mit ersten Kunden soll es bereits geben.