Neukirch. Über 16 500 Oberlausitzer pendeln zur Arbeit nach Dresden. Thomas Hohlfeld hat seit vier Jahren den entgegengesetzten Arbeitsweg. Für den anspruchsvollen Job als Fertigungsleiter beim Unternehmen Dremicut in Neukirch nimmt der 37-Jährige, der mit seiner Familie in der Landeshauptstadt zu Hause ist, zweimal 50 Minuten Fahrzeit am Tag in Kauf. Die technische Herausforderung, ein eingespieltes Team, flache Hierarchien in der Firma und ein gutes Arbeitsklima sind es ihm wert.
Im Neukircher Gewerbegebiet am Bönnigheimer Ring sind die beiden Hallen von Dremicut eher unscheinbar. „Doch mehr Platz brauchen wir nicht“, sagt Thomas Hohlfeld. Die 16 Lasermaschinen, auf denen das Unternehmen produziert, finden auf knapp 1 000 Quadratmetern Platz. Doch dafür hat es die Technik in sich. Es sind leistungsstarke Laser, die schneiden, schweißen, bohren, beschriften. Keine Großteile, sondern die „Minis“ für Industrie, Manufakturen und Wissenschaftseinrichtungen, für die die Neukircher und ihre Kollegen in Dresden als Zulieferer arbeiten. Teile von Dremicut findet man beispielsweise in hochwertigen Markenuhren, wie sie in der Uhrenmanufaktur Rolf Lang Dresden und bei anderen renommierten Produzenten der Branche hergestellt werden. Dremicut liefert Teile für die Medizintechnik, für Zulieferer der Autobranche und für Produzenten exklusiver Luxusgüter. Einen großen Teil ihres Umsatzes realisiert die Firma als Partner der Elektronikindustrie. So werden in Neukirch auch hochpräzise SMD-Schablonen hergestellt, mit deren Hilfe Leiterplatten bestückt werden. Gearbeitet wird in Toleranzen von Mikrometern. Das ist ein Tausendstel eines Millimeters. Mit einem breiten Spektrum an modernsten Lasersystemen können nahezu alle Materialien präzise bearbeitet werden, darunter so hochwertige Werkstoffe wie Edelstahl, Gold, Titan oder Wolfram. Zur Qualitätssicherung dienen hochauflösende, moderne Messsysteme. Produziert wird unter konstanten klimatischen Bedingungen. „Nur so können wir höchste Fertigungsgenauigkeiten dauerhaft gewährleisten“, erklärt Thomas Hohlfeld während eines Betriebsrundganges.
Er kam durch ein Praktikum während seines Elektrotechnikstudiums an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden zu Dremicut. Der Mann, der zuvor zwölf Jahre lang bei der Bundeswehr gedient hatte, überzeugte die Unternehmenseigentümer Mike Müller und Kalman Kirchner. Die stellten ihn nach dem Studium sofort als Leiter für die Fertigung ein. „Sie haben mir zugetraut, dass ich das kann“, sagt Thomas Hohlfeld selbstbewusst. Und auch er traute sich diese Aufgabe zu. Als Offizier bei der Bundeswehr hatte er gelernt, Verantwortung zu tragen, auch für die Personal- und Materialplanung. Die Arbeit im Neukircher Betrieb zu planen, so dass alles reibungslos läuft, macht ihm auch jetzt am meisten Spaß. Meist sind es größere und kleinere Serien, die im Werk produziert werden. Aber auch Einzelstücke werden gefertigt. Wissenschaftliche Einrichtungen brauchen oft für ihre Arbeit nur ein einzelnes Teil. Die Neukircher können es liefern. Unter anderem Fraunhofer-Institute und die Universität Oxford ordern bei Dremicut. Kunden gibt es in ganz Europa – und darüber hinaus. Finnland, Schweden Frankreich, Spanien, die Schweiz, Österreich und Israel sind einige der Länder, wo Präzisionsteile aus Neukirch montiert wurden oder werden.
Fasziniert vom enormen Potenzial des Lasers gründeten Kalman Kirchner und Mike Müller kurz nach der deutschen Wiedervereinigung 1991 in Dresden eine gemeinsame Firma. Speziell in der Lasermikrobearbeitung sahen die beiden geschäftsführenden Gesellschafter einen Markt mit großen Chancen. Deshalb gründeten sie im Jahr 2001 ein weiteres Unternehmen, die Dremicut GmbH Neukirch, mit dem Ziel, sich speziell dem Mikrobereich stärker zu widmen. Der Laser ist eines der genialsten Werkzeuge überhaupt, sagen die beiden Firmenchefs. Mit Laserlicht wird markiert, getrennt, beleuchtet, operiert, verschmolzen, geschweißt und vieles mehr. Dremicut konzentriert sich dabei auf den feinen, präzisen, kleinen Bereich.
Qualitätsarbeit spricht sich in Fachkreisen rum. Darüber hinaus investieren die Firmeneigentümer jedes Jahr viel Zeit, Arbeit und Geld, um sich international bekannt zu machen. Sie fahren beispielsweise auf Fachmessen. „Neben den technischen Voraussetzungen sind es die langjährige Erfahrung, hohe eigene Qualitätsansprüche und die enorme Flexibilität, die es unseren Unternehmen ermöglichen, auch besonders anspruchsvolle Industriezweige zu beliefern“, sagt Kalman Kirchner.
Das Mutterunternehmen Kirchner und Müller Lasertechnik beschäftigt an seinen beiden Standorten 30 Mitarbeiter, davon fast 20 in Neukirch. Gestartet war man 2002 nach dem Bau der ersten 300 Quadratmeter großen Halle in der Oberlandgemeinde mit zwei Beschäftigten. Für eine spätere Erweiterung sicherte sich das Unternehmen bereits eine Fläche.
von Ingolf Reinsch
Bildquelle: Steffen Unger