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Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken: Hier sollen in Sachsen bald wieder Züge fahren

22 stillgelegte Bahnstrecken hat der Freistaat Sachsen insgesamt überprüft. Für drei gibt es nun konkrete Pläne zur Reaktivierung. Dabei profitiert Sachsen auch von Kohle-Geldern.

Lesedauer: 3 Minuten

Tobias Winzer und Michael Rothe

Dresden. Beim Vorhaben, vormals stillgelegte Bahnstrecken zu reaktivieren, konzentriert sich der Freistaat Sachsen künftig auf zwei Abschnitte: Die Strecken Döbeln-Meißen und Marienberg-Pockau-Lengefeld. Das teilt das sächsische Infrastrukturministerium auf Anfrage mit. Mit einer Inbetriebnahme ist aber erst in den 2030er-Jahren zu rechnen. Für die Planungen gibt der Freistaat in diesem Jahr rund fünf Millionen Euro aus. Im kommenden Jahr stehen 1,9 Millionen Euro im Haushaltsplan. Absehbar sind aber weitere Millionen Euro nötig.

Der Freistaat prüft seit 2021 – unter dem damaligen SPD-Verkehrsminister Martin Dulig – die Wiederbelebung stillgelegter Trassen. Zunächst ging es um 22 Strecken. Nach einer Erstbewertung blieb ein Sextett übrig: Döbeln–Meißen, Kamenz–Hosena, Löbau–Ebersbach, Marienberg–Pockau-Lengefeld, Beucha–Brandis, Trebsen–Brandis. Für sie waren vertretbarer Reaktivierungsaufwand, mindestens 400 Reisende pro Tag und moderate Zuschüsse als größter Kostenfaktor prognostiziert worden.

Kohleprogramm sichert Reaktivierung von Kamenz-Hoyerswerda

Wie das CDU-geführte Infrastrukturministerium betont, werde prinzipiell an den Plänen des Vorgängerministeriums festgehalten. Im aktuellen Koalitionsvertrag ist die Fortsetzung der Planungen für die Strecken Döbeln-Meißen sowie Marienberg-Pockau-Lengefeld festgehalten. Die Reaktivierung der Strecke Kamenz-Hoyerswerda steht dort ebenfalls.

„Wenn es Wege zu einer früheren Inbetriebnahme der reaktivierten Strecke gibt, werden diese realisiert.“ – Ministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung

Weil sie mit Mitteln aus dem Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen finanziert wird, zählt sie nicht mehr zum Reaktivierungsprogramm des Freistaats. Der Bund investiert dafür insgesamt rund 41,09 Millionen Euro. Gefördert wird das Vorhaben mit Mitteln aus dem Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen. 2036 könnte die Strecke in Betrieb gehen, so das Infrastrukturministerium.

Planungen für drei Streckenabschnitte zurückgestellt

Ebenfalls im Koalitionsvertrag festgehalten ist die Reaktivierung von Beucha-Brandis-Trebsen, die Anbindung Rochlitz und die Strecke Ebersbach-Löbau. Diese Abschnitte sind jedoch insofern zurückgestellt, weil sie zunächst weiter auf Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft werden sollen.

Der Freistaat Sachsen konzentriert seine Reaktivierungspläne für vormals stillgelegte Bahnstrecken primär auf die Abschnitte Döbeln–Meißen, Marienberg–Pockau-Lengefeld und Kamenz–Hoyerswerda.
Der Freistaat Sachsen konzentriert seine Reaktivierungspläne für vormals stillgelegte Bahnstrecken primär auf die Abschnitte Döbeln–Meißen, Marienberg–Pockau-Lengefeld und Kamenz–Hoyerswerda.
Quelle: Datenquelle: Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr/Karte: Benjamin Winkler

Der Freistaat Sachsen konzentriert seine Reaktivierungspläne für vormals stillgelegte Bahnstrecken primär auf die Abschnitte Döbeln–Meißen, Marienberg–Pockau-Lengefeld und Kamenz–Hoyerswerda.

Quelle: Datenquelle: Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr/Karte: Benjamin Winkler

Schnell wird es aber auch auf den Strecken Döbeln-Meißen und Marienberg-Pockau-Lengefeld nicht gehen.

Für die mittelsächsische Verbindung sind die Vorplanungen mittlerweile abgeschlossen. Die Kosten für die Infrastruktur werden bislang auf etwa 32 Millionen Euro geschätzt. Weil Nutzen und Kosten in einem laut Freistaat guten Verhältnis stehen, hofft Sachsen auf Bundesförderung nach Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Die Fördermittel werden nun beantragt. Mit einer Inbetriebnahme der ertüchtigten Strecke ist im Jahr 2031 zu rechnen.

Zwischen Nossen und Meißen werden Schwellen getauscht

Das Infrastrukturministerium ist mit der Dauer des Vorhabens selbst nicht zufrieden. Man wirke laufend auf die Beschleunigung der Planungen und baulichen Umsetzung der Maßnahme hin, sofern dieses möglich sei, heißt es. „Wenn es Wege zu einer früheren Inbetriebnahme der reaktivierten Strecke gibt, werden diese realisiert.“

Immerhin werden derzeit zwischen Nossen und Meißen Schwellen ausgetauscht, um das Teilstück für Güterzüge zum Tanklager Rhäsa bei Nossen befahrbar zu machen. Die Arbeiten sollen voraussichtlich im März 2026 abgeschlossen sein, so das Infrastrukturministerium.

Für die Strecke Marienberg-Pockau-Lengefeld laufen derzeit die Vorplanungen – finanziert vom Freistaat. Laut Ministerium sollen diese Mitte 2026 abgeschlossen sein. Anschließend folgt unter anderem eine Untersuchung der Kosten und Nutzen. Sollte dies für eine Reaktivierung sprechen, soll – wie bei der Strecke Döbeln-Meißen auch – eine Bundesförderung nach Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz beantragt werden. Auch hier ist also mit einer Inbetriebnahme erst in den 2030er-Jahren zu rechnen.

60 Bahnstrecken seit 1994 in Sachsen stillgelegt

Laut Eisenbahnbundesamt wurden seit 1994 von deutschlandweit 500 beerdigten Bahnstrecken 60 in Sachsen stillgelegt. Nur im fast doppelt so großen Nordrhein-Westfalen waren es noch 14 mehr. Die Länge des toten Gleises im Freistaat wird mit 510 Kilometern angegeben. Das entspricht einer Bahntrasse von Dresden nach Flensburg an der dänischen Grenze.

Im gesamten Osten wurden seit der Wende 2.468 Kilometer abgebaut, fast jeder fünfte Kilometer. Dort hatte das ursprüngliche Netz schon nach dem Zweiten Weltkrieg gelitten, als die Sowjetunion im Zuge der Reparationen vielerorts das zweite Gleis abbaute. Im Westen verschwand nach 1989 hingegen nur jeder zehnte Kilometer. Klimawandel und öffentlicher Druck führten zum Umdenken bei der Bahn und der Politik – auch in Sachsen, das mal eines der dichtesten Bahnnetze Europas hatte.

SZ

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