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Recycling und Automatisierung: Dresdner Firmen setzen Leichtbau-Maßstäbe

Sachsen hat einen guten Namen bei Forschung und Entwicklung in Sachen Faserverbund. 16 Branchenvertreter stellen jetzt bei der wichtigsten Messe in Paris aus.

Lesedauer: 3 Minuten

Herone-Chef Christian Garthaus steht mit einem Laptop unter dem Arm unter dem Firmenlogo.
Herone-Chef Christian Garthaus will mit Composite-Hohlprofilen in der Branche eine tragende Rolle übernehmen.

Von Michael Rothe

Für Christian Garthaus sind Paris und die JEC, eine Fachmesse für Verbundwerkstoffe, fester Bestandteil im Terminkalender. Der Dresdner Kunststoffhersteller Herone GmbH war nach Aussage seines Mitgründers schon drei Mal beim weltweit wichtigsten Branchentreff vertreten, der an diesem Dienstag eine Neuauflage erlebt.

Das Unternehmen, eine Ausgründung des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik der TU Dresden, ist spezialisiert auf die Entwicklung und Herstellung thermoplastischer Faserverbund-Profile, wie sie in der Luft- und Raumfahrt gefragt sind. Seine Technologie setzt auf recycelbare Materialien, kombiniert automatisierte Flechtverfahren aus der Textiltechnik mit einem effizienten Pressprozess und verringert die Handarbeit. Ressourcenschonend, schneller und kostengünstig lassen sich so leichte Hohlprofile aus faserverstärkten Kunststoffen mit veränderlichen Lagenaufbauten und Querschnitten herstellen. Dafür gab es 2019 Sachsens Gründerpreis.

Die Wellen, Rohrleitungen und Streben kommen bei der Übertragung von Lasten, Bewegungen und Flüssigkeiten in Mobilität, Sport und Industrie zum Einsatz. Anders als Wettbewerber verzichtet Herone auch bei Verbindungselementen auf Metall. Sie werden aus dem gleichen thermoplastischen Grundwerkstoff gefertigt, sodass die Teile vollständig recycelbar sind. „Das können nur wir“, sagt Christian Garthaus, einer der beiden Geschäftsführer. Die Technologie sei zum Patent angemeldet.

In Sachsen gibt es in der Branche mehr als 200 Firmen

Bei der letzten Messe-Auflage vor einem Jahr hatten sich die Dresdner erstmals und mit eigenem Stand als serienfähiger Lieferant präsentiert – nach erfolgreicher Luftfahrt-Zertifizierung kurz zuvor und Bezug einer 1.000 Quadratmeter großen Produktionshalle im Norden der Landeshauptstadt. Dort können die 14 Mitarbeitenden 20.000 Bauteile pro Jahr herstellen.

Diesmal ist das erst fünf Jahre alte Unternehmen im Gefolge der Wirtschaftsförderung Sachsen (WFS) in Paris – wie 15 andere Firmen und Forschungseinrichtungen. Sachsen habe eine breite und langjährige Expertise in Leichtbau und Materialverarbeitung und bilde mit über 200 Unternehmen die gesamte Wertschöpfungskette ab, heißt es von der WFS. Das Know-how werde durch die Exzellenz sächsischer Hochschulen und außeruniversitären Institute in dem Bereich unterstützt. Auf dieser Basis seien die Unternehmen mit innovativen Lösungen gefragte Geschäfts- und Kooperationspartner. Der Standort sei „ein wichtiger Akteur, wenn es darum geht, die Wirtschaft nachhaltiger zu machen und weitere Einsatzmöglichkeiten von Verbundwerkstoffen – ob in der Luft- und Raumfahrt, im Bau-, Gesundheits- und Transportwesen oder im Freizeitbereich – technisch umzusetzen“.

Auf der JEC World Composites Show & Conference werden bis zum Donnerstag mehr als 1.200 Aussteller und über 33.000 Fachbesucher aus 112 Ländern und Regionen erwartet. Dort geht es um Themen wie das Flugzeug der Zukunft, neue Werkstoffe und Leichtbaukonstruktionen, Recycling und die Kreislaufwirtschaft.

Viele Vorteile eines Gemeinschaftsstandes

„Dem Einsatz von Verbundwerkstoffen, wie Kunststoff, Textil, Metall, Holz und deren Kombination kommt eine wachsende Bedeutung zu“, sagt WFS-Geschäftsführer Thomas Horn. „Für das richtige Produkt das richtige Material zu finden, was im besten Fall mit weniger Materialeinsatz verbunden ist und sich dank Recycling wieder in den Wirtschaftskreislauf einbinden lässt, ist dabei eine der großen Herausforderungen.“

Der Freistaat präsentiert sich zum 16. Mal mit einem 260 Quadratmeter großen Gemeinschaftsstand auf der JEC. Die Teilnahme unter dem Dach der Standortwerber habe für teilnehmende Unternehmen vor allem Zeit- und Kostenvorteile, heißt es von der WFS. Weil die landeseigene Gesellschaft sowohl die Organisation als auch das messebegleitende Marketing übernehme, sei der Aufwand deutlich geringer als für Einzelaussteller. Die Firmen profitierten auch von der größeren Reichweite und Wahrnehmung eines Gemeinschaftsstands – und von der „Anziehungskraft“ der Mitaussteller.

Dazu gehören neben anderen die Elbe Flugzeugwerke in Dresden, Hightex Verstärkungsstrukturen in Klipphausen und einige Dresdner Forschungseinrichtungen wie das Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik an der TU, das Fraunhofer Institut für Keramische Technologien und Systeme sowie das Leibniz-Institut für Polymerforschung.

Die Vision eines Chefs: emissionsfreie Mobilität

Die Wirtschaftsförderung hat in diesem Jahr 15 solcher „Sachsen-live“-Auftritt geplant: zum Beispiel im Juni auf der internationalen Fahrradmesse Eurobike in Frankfurt am Main, im September auf der Trako, der internationalen Fachmesse für Bahntechnik in Gdansk (Danzig) und im November auf der Agritechnica, der Weltleitmesse für Landtechnik in Hannover.

Herone zeigt auf der JEC die ganze Bandbreite seiner Produkte: von der integralen Turbinenumhausung für Flugtaxis über vorgespannte Motorraumstreben bis zum Leitungssegment zum Transport von Wasserstoff. „Emissionsfreie Mobilität ist unsere Vision“, sagt Christian Garthaus.

Der Pionier der Leichtbauwelt ist auch bei der Anreise nach Paris Trendsetter. Er kam mit dem Zug aus Dresden – „aus Überzeugung“. Der Chef erhofft sich an der Seine auch Inspiration für ein neues Thema: ultraleichte Leitungen für die Luftfahrt mit Widerstand gegen Blitze. Die Produkte von Herone sollten indes schon einschlagen.

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