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Rotkäppchen schafft die Milliarde

Das Traditionshaus aus dem Osten präsentiert eine prickelnde Bilanz und verabschiedet sich von einem der Gründerväter.

Lesedauer: 3 Minuten

Es ist schon ein etwas historischer Moment, als die Rotkäppchen-Sektkellerei gestern in Leipzig ihre Jahresbilanz der Presse vorgestellt: 25 Jahre nach der Wiedergründung des Unternehmens aus den Händen der Treuhand hat der Umsatz 2018 erstmals die Eine-Milliarde-Euro-Marke überschritten. Zugleich verabschiedete sich mit Ulrich Wiegel der letzte Gründervater nach 34 Jahren aus der Geschäftsführung des Hauses. Wiegel hatte 1985 bei Rotkäppchen angefangen. Im März 1993 kaufte er auf dem Weg eines Management-Buyouts zusammen mit anderen Weggefährten das Unternehmen von der Treuhand. Nun wird Wiegel 60 und verlässt Ende April das Haus in den Ruhestand, wie er sichtlich um Fassung ringend berichtete.

Zurück bleibt ein Lebenswerk, das eine ziemlich einmalige Erfolgsgeschichte Ost ist. 1993 hatte Rotkäppchen gerade mal 14,8 Millionen D-Mark Umsatz geschrieben. Jetzt kann Christof Queisser, der Vorsitzende der Geschäftsführung, den größten Umsatz in der Unternehmensgeschichte präsentieren. Genau 1,085 Milliarden Euro hat der deutsche Sektmarktführer aus Freyburg an der Unstrut umgesetzt – ein Plus von 15 Prozent. 278 Millionen Flaschen seiner diversen Getränkesorten verkaufte der Rotkäppchen-Mumm-Konzern. „Das Unternehmen steht heute auf drei starken Säulen, die ausgewogen gewichtet sind“, sagte Queisser. „Das könnte nicht besser sein.“ Der Gesamtumsatz verteilt sich dabei mit 660 Millionen Euro zu fast zwei Dritteln auf Sekt und andere prickelnde Sorten, zu einem Viertel auf alle Arten Spirituosen vor allem aus Nordhausen und zu 13 Prozent auf den Haus-Wein: Rotkäppchen ist jetzt erstmals auch die Nummer Eins unter den deutschen Markenweinen. Beim Sekt selbst befindet sich Rotkäppchen auf einem leichten Sinkflug – allerdings auf hohem Niveau von weit über 100 Millionen verkauften Flaschen im Jahr.

Einen Großteil des neuen Wachstums in Deutschlands größtem Sekthaus macht vor allen ein entscheidender Zukauf aus: Im April 2018 übernahmen die Freyburger das Bremer Importhandelshaus Eggers & Franke mit rund 180 Mitarbeitern als strategischen Baustein für den weiteren Ausbau des Vertriebs. „Eggers & Franke ist erfolgreich im Onlinehandel. Somit haben wir jetzt den direkten Zugang zu den Verbrauchern“, sagte Queisser. Zudem setze man nun in der Gastronomie auf die renommierten internationalen Wein- und Premium-Spirituosen der Bremer. Mit der Übernahme arbeiten mittlerweile 870 Menschen bei Rotkäppchen-Mumm an acht Standorten in Deutschland sowie Italien. Aussagen zum Gewinn macht das familiengeführte Traditionshaus indessen nicht. „Sie dürfen davon ausgehen, dass etwas übrig bleibt und wir eine schwarze Zahl schreiben“, sagt Queisser nebulös.

Trotz des heißen Sommers sei der deutsche Sektmarkt voriges Jahr leicht geschrumpft, blickte der Vorstandschef zurück. Rotkäppchen-Mumm verkaufte mit 184 Millionen Flachen drei Millionen weniger als zuvor und verlor ein reichliches Prozent Marktanteil. Queisser kommentiert den wenig prickelnden Trend allerdings gelassen: „Bei mehr als 50 Prozent Marktanteil werden sie keine Unruhe bei mir sehen – wir setzen auf den Schutz unserer Qualität und unserer Marke.“ So sei es gelungen, leichte Preiserhöhungen von zwei bis drei Prozent durchzusetzen. Mehr als jede zweite verkaufte Sektflasche in Deutschland stammt nach wie vor aus der Rotkäppchen-Mumm-Gruppe und mehr als jede Dritte Flasche trägt eine rote Alu-Kappe. „Rotkäppchen ist seit 16 Jahren die beliebteste Sektmarke in Deutschland“, betonte Queisser. Er beruft sich dabei auf Zahlen des Marktforschungsinstituts IRI für den Lebensmitteleinzelhandel. Dabei steigt auch der Anteil alkoholfreier Getränke jedes Jahr deutlich.

Rund 13 Millionen Euro hat das Unternehmen voriges Jahr in Technik und Technologien an seinen Standorten investiert, darunter Abfüll-, Verpackungs- und Etikettiermaschinen sowie eine Flaschen-Rüttelmaschine in Freyburg, berichtete der scheidende Geschäftsführer für Produktion, Qualitätsmanagement und Technik, Ulrich Wiegel. Sein Nachfolger ist bereits seit Montag im Amt: Der promovierte Ingenieur Mike Eberle arbeitete zuvor unter anderem in der Radeberger Gruppe, bei Sachsenmilch und zuletzt in der Geschäftsleitung der Carl Kühne KG in Hamburg. Er sei ein international erfahrener Spezialist aus der Konsumgüterindustrie, betonte Wiegel. Und auch Eberle werde seinen Lebensmittelpunkt in der Saale-Unstrut-Region haben.

 

Von Sven Heitkamp

Foto: © Hendrik Schmidt/dpa
 

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