Suche
Suche

Rüstungsmilliarden: Sachsens Wirtschaft will ein großes Stück vom Kuchen abhaben

Sachsens Industrie- und Handelskammern sehen in der Verteidigung Chancen für neue Jobs und Wertschöpfung. Dazu wollen sie die Akteure im Herbst zusammenbringen.

Lesedauer: 2 Minuten

Michael Rothe

Dresden. Ginge es nach den drei sächsischen Industrie- und Handelskammern, dann würde die vor drei Jahren eingeläutete politische Zeitenwende auch eine für Sachsens Rüstungsindustrie. „Der Freistaat hat in dieser Hinsicht einiges zu bieten – nicht nur als Industriestandort, sondern auch als Innovationsmotor und mit Stärken, die weltweit Beachtung finden“, wirbt Dresdens IHK-Präsident Andreas Sperl.

Der Ex-Chef der Elbe Flugzeugwerke sieht dort große Chancen für die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Das zusätzliche Bundeswehr-Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro dürfe „nicht einfach so an uns vorbeirauschen“, mahnt der 78-Jährige.

Nach IHK-Angaben ist der Freistaat in der Schlüsselbranche bislang eher schwach vertreten. 90 Prozent der Rüstungscluster seien in Westdeutschland angesiedelt, heißt es. Doch das soll sich ändern.

IHK will offene und realistische Debatte

Der Freistaat solle sich die Chance nicht entgehen lassen, fordert Sperl. Sachsen böte im Vergleich mit Bayern und Baden-Württemberg, den führenden Bundesländern auf dem Gebiet, „signifikante infrastrukturelle Potenziale“ zur Ansiedlung und Entwicklung dieser Boom-Industrie, die nach Studien bundesweit bis zu 200.000 neue Jobs verheißt.

Verteidigung sei in großen Teilen Informationstechnologie zur Aufklärung und Cybersicherheit, sagt Sperl. Dort könne der Hightech-Standort anknüpfen. Gerade „Dual Use-Anwendungen“, also Technologien, die zivil und militärisch eingesetzt werden können, eröffneten neue Möglichkeiten. Viele Kompetenzen – Sensorik, Robotik, Materialforschung – seien längst vorhanden, müssten nur stärker in sicherheitspolitische Wertschöpfungsketten integriert werden.

Die Zeiten, in denen Verteidigung und Wirtschaft in getrennten Sphären gedacht wurden, sind vorbei. – Andreas Sperl, Präsident der Industrie- und Handelskammer Dresden

„Die Zeiten, in denen Verteidigung und Wirtschaft in getrennten Sphären gedacht wurden, sind vorbei“, sagt Sperl. Aus seinen vielen Jahren in der Luftfahrt kennt er die Wechselwirkungen beider Bereiche. Der Präsident plädiert für „eine offene und realistische Debatte, wie wir als Standort technologische Souveränität aufbauen“.

Erleichterung beim Doppelhaushalt

Doch bis „ein neues Ökosystem“ aus Zulieferern, Start-ups und Forschungsinstituten entsteht, braucht es eine Bestandsaufnahme. Noch hat die Kammer keine Daten hiesiger Akteure. „Wir entwickeln gerade Ideen, sie im Herbst bei einer Art Symposium in Dresden zusammenzubringen“, sagt Sperl. Mit „Wir“ meint er auch die Schwesterkammern in Leipzig und Dresden – zusammen Interessenvertretung von 250.000 Unternehmen.

Deutsche Rüstungsexporte erreichten im vorigen Jahr mit gut 13 Milliarden Euro einen neuen Rekord. Der zuletzt bekannte Jahresumsatz der Branche von 2022 belief sich auf 47 Milliarden Euro, was fast dem neuen Doppelhaushalt des Freistaats entspricht.

Apropos: Dass dieser Etat nach langem Hin und Her am Donnerstag vom Landtag verabschiedet werden soll und ohne Neuverschuldung auskommt, sorgt bei der IHK für Erleichterung, wie Hauptgeschäftsführer Lukas Rohleder sagt. Die Zugeständnisse in Sachen Soziales, Kultur und Naturschutz im Volumen von nur 250 Millionen Euro an die Opposition seien erwartbar gewesen. „Wenn das der Preis für den Kompromiss war, ist es besser als gar kein Haushalt“, so Rohleder.

SZ

Das könnte Sie auch interessieren: