Luisa Zenker
Der ostsächsische Energieversorger Sachsen-Energie mit Sitz in Dresden wächst. Seit 2017 ist die Belegschaft von 3.000 auf 4000 Arbeitskräften angestiegen – durch den Netzausbau für Balkonkraftwerke, durch das geplante Flusswasserwerk für die Chip-Großansiedlung und durch den Fernwärmeausbau. All das braucht nicht nur mehr Investitionen, sondern auch mehr Fachkräfte. Der Energieversorger investiert daher jährlich eine halbe Milliarde Euro, vor wenigen Jahren lag das Investitionsvolumen noch bei 120 bis 150 Millionen, erklärt Frank Brinkmann, der Vorstandsvorsitzende des Energieunternehmens bei einem Pressetermin am Freitag. Bis Ene des Jahres will er 4.250 Personen in seinem Unternehmen beschäftigen.
Dieser Wachstumsstrategie steht das demografische Problem gegenüber: 450 Beschäftigte von Sachsen-Energie gehen bis 2030 in Rente, junge Nachwuchskräfte rücken aber nicht in der Menge nach. „Die technischen Fächer sind dramatisch unterbesetzt“, so Brinkmann. Gerade in den Studiengängen der Elektrotechnik seien die Anfängerzahlen stark zurückgegangen. Das Unternehmen setzt deshalb verstärkt auf Internationalisierung: „Wir suchen die Besten, egal woher sie kommen, um die Energiewende zu finanzieren.“
Internationalisierung: „Es müssen sich beiden Seiten bewegen“
Innerhalb weniger Jahre ist die Zahl der internationalen Fachkräfte von zwei auf 42 gestiegen, diese kommen aus 28 Nationen – vorwiegend aus der Ukraine, Syrien und Indien. Fünf Prozent der Neueinstellungen entfallen auf Menschen mit Migrationshintergrund. „Sie müssen ein Traditionsunternehmen auf links drehen“, erklärt Brinkmann die Anstrengungen. Aus diesem Grund bietet das Unternehmen nicht nur Deutschkurse, sondern auch verstärkt Englischkurse an. „Es müssen sich beiden Seiten bewegen“, so Thomas Richter, Leiter des neu geschaffenen „Relocation Service“. Dieser unterstützt internationale Fachkräfte von der Aufenthaltserlaubnis über die Führerscheinummeldung bis hin zum Familiennachzug.
Schwierige Wohnungssuche für internationale Fachkräfte in Dresden
Denn auch hier macht die Bürokratie zu schaffen. Thomas Richter habe gelernt, dass manche Fachkräfte nur eine Arbeitserlaubnis für ein ganz bestimmtes Unternehmen haben. Auch ganz neue Wörter hat er gehört, etwa Fiktionsbescheinigung. Damit weisen Ausländer in Deutschland nach, dass sie ein vorläufiges Aufenthaltsrecht haben. Thomas Richter hat zudem erlebt, wie schwierig die Wohnungssuche für internationalen Fachkräfte in Dresden ist. Deshalb hat Sachsen-Energie kurzerhand selbst Ein-Raum-Apartments angemietet, um sie weiterzugeben. Mit all diesen Anstrengungen scheint das Unternehmen einen entscheidenden Vorteil gefunden zu haben, gibt es doch einen Wettkamp der Unternehmen um die internationalen Köpfe. Dieser wird sich mit der Großansiedlung des Chipgiganten TSMC verstärken, nennt Sachsen-Energie als Herausforderung. Auffällig ist, dass besonders viele Menschen mit akademischem Abschluss und ohne Fluchthintergrund eingestellt werden. Grund sei die leichtere Anerkennung der Studienabschlüsse, bürokratische Hürden und die Konkurrenz mit öffentlichen Grundleistungen, so Brinkmann.