Von Georg Moeritz
Dresden. Wenn in Sachsen nicht genügend Schulabgänger zu finden sind, müssen zusätzlich Lehrlinge aus dem Ausland kommen: Sachsens Wirtschaft verstärkt ihre Bemühungen, Bewerber für Ausbildungsplätze aus Übersee zu finden. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig hat für nächste Woche zu einer Informations- und Netzwerkveranstaltung zur Gewinnung von vietnamesischen Auszubildenden eingeladen.
Im vorigen Jahr hatte sich ein Anwerbeprojekt mit Kirgisistan als Fehlschlag erwiesen. Das Zentrum für Fachkräfte und Gute Arbeit Sachsen (Zefas), eine neu gegründete Landeseinrichtung, hatte ein Projekt mit rund 50 Interessenten aus Kirgisistan organisiert. Geschäftsführer Matthias Geißler hoffte, Sachen könne in diesem eher kleinen Land dank guter Kontakte ein „Alleinstellungsmerkmal“ bekommen und dauerhafte Zusammenarbeit entwickeln. Zunächst wurde sächsischen Unternehmen eine Gruppe von möglichen Auszubildenden angeboten, die schon in Kirgisistan Deutsch gelernt hatten.
Arbeitsagentur-Chef: Sachsens Firmen fehlt Erfahrung
Das Pilotprojekt sollte sächsischen Unternehmern helfen, die dringend Lehrstellenbewerber mit Deutschkenntnissen suchen. Für die Sprachkurse und Visa fielen allerdings teilweise Kosten von mehr als 10.000 pro Lehrling an. Sächsische Unternehmer griffen nicht zu. Daraufhin interessierten sich Firmen in Bayern für das ursprünglich sächsische Projekt: 23 Bewerber aus Kirgisistan wurden laut IHK während einer Online-Vorstellung nach Bayern statt nach Sachsen vermittelt.
Sachsens Arbeitsagentur-Chef Klaus-Peter Hansen sagte auf Nachfrage von sächsische.de, Sachsen habe im Unterschied zu Bayern noch wenig Erfahrung mit ausländischen Bewerbern. Außerdem seien viele Unternehmen in Sachsen sehr klein. Sie gingen ein Geschäftsrisiko ein, wenn sie jemanden einstellten, der nicht auf den ersten Blick perfekt wirke.
Die Leipziger IHK will Unternehmen nun den Zugang zu jungen Bewerbern für Industrie, Gastronomie und Pflege öffnen. Für die Netzwerkveranstaltung am kommenden Dienstag hat sie sich mit dem Berliner Unternehmen Gedu International GmbH zusammengetan, das von Thanh Long geführt wird und nach eigenen Angaben „in Deutschland und Vietnam zu Hause“ ist. Der Arbeitsmarkt in Vietnam biete unzureichende Perspektiven.
Vermittlungsfirmen organisieren Sprachkurse und Visum
Nach eigenen Angaben wählt das Unternehmen in Vietnam Bewerber aus und bereitet sie bis zu 18 Monate auf Deutschland vor. Sprachausbildung und Kulturtraining fänden in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut statt. Die Bewerber seien 18 bis 26 Jahre alt und zum Teil berufserfahren. Unternehmen wie dieses versprechen auch, sich um die Bürokratie in beiden Staaten zu kümmern.
Arbeitsagentur-Chef Hansen sagte auf Nachfrage, Arbeitgeber dürften sich inzwischen weltweit Arbeitskräfte beschaffen, auch über Verbünde. Die Arbeitsagentur könne sie beraten, habe aber in Sachsen keine Ressourcen für die aktive Suche nach Kandidaten im Ausland. Er bemühe sich um ein online-gestütztes System, das ohne Personalaufwand funktioniere. Hansen wies die Arbeitgeber darauf hin, dass mehr entstehen müsse als nur ein Arbeitsvertrag: „Es kommen Menschen.“
Die Bundesregierung hat ein mehrsprachiges Internetportal make-it-in-germany.com anlegen lassen. Dort können Interessenten aus dem Ausland Informationen über die Arbeitsbedingungen in Deutschland nachlesen – und auch Stellenangebote von deutschen Firmen finden, die für ausländische Bewerber offen sind. In der Regel müssen Ausbildungsbewerber aus Übersee nachweisen, dass Ihnen im Monat mehr als 900 Euro zur Verfügung stehen. Wenn die Ausbildungsvergütung nicht reicht, müssen sie Geld auf ein Sperrkonto einzahlen.