Von Georg Moeritz
Glauchau. Wenn das nicht überzeugt: Danilo Voigtmann fährt privat ein Elektro-Motorrad. Auch die Autoflotte seines Glauchauer Handwerksbetriebs ist zum größten Teil von Diesel- auf E-Betrieb umgestellt. Das sächsische Familienunternehmen Garant hat schon vor 15 Jahren Wärmepumpen in Gründerzeithäuser eingebaut. Nun ist der Chef Voigtmann zugleich Regionalleiter des schwedischen Konzerns Aira und will in Sachsen und Thüringen die Wärmewende voranbringen.
Wer Voigtmann in seinem zweistöckigen Flachbau im Gewerbegebiet an der A4-Ausfahrt Glauchau-Ost besucht, steht gleich hinter der Eingangstür vor einer Wendeltreppe und einer großen Wärmepumpe. Der Technik-Kasten, den die meisten Hausbesitzer eher versteckt aufstellen wollen, dient hier als Ausstellungs- und Designobjekt. Er hat leicht abgerundete Kanten und ist in Anthrazit gehalten. Weiß würde nach zehn bis 15 Jahren doch nicht mehr weiß aussehen, sagt der Firmenchef. Aira gebe aber 15 Jahre Garantie auf die Funktionsfähigkeit. Knöpfe drücken geht nicht mehr – das Gerät wird über eine Smartphone-App gesteuert.
Wärmepumpen sind nun das Hauptaufgabengebiet des Betriebs, der 2004 in Glauchau von Karin und Holger Voigtmann gegründet wurde – den Eltern des heutigen Chefs. Schon damals ungewöhnlich für einen Handwerksbetrieb: Holger Voigtmann ist Diplom-Jurist, seine Frau Betriebswirtin. Rund 70 Beschäftigte in roten Overalls waren bis zum vorigen Jahr für das Handwerksunternehmen unterwegs – Gruppenfotos sind auf der Internetseite zu sehen. Inzwischen arbeiten schon mehr als 100 Angestellte für Regionalleiter Voigtmann, und auf 170 soll der Standort wachsen. Seit vorigem Jahr ist der ehemalige Familienbetrieb Teil des schwedischen Aira-Konzerns.
Familie Voigtmann hat auch in den Konzern investiert. Regionalleiter Danilo Voigtmann trägt jetzt schwarze Shirts mit gelbem Aira-Logo, und beim Pressebesuch ist Marketing-Experte Christoph Barth aus Berlin dabei. Dort hat der schwedische Konzern sein Deutschland-Abenteuer begonnen, nach und nach will er im ganzen Land aktiv werden. Das Ziel: Aira will in den nächsten zehn Jahren fünf Millionen Haushalte in Europa mit Wärmepumpen ausstatten, davon eine Million in Deutschland. Der Firmenname wird englisch ausgesprochen, mit Betonung auf „air“ für Luft. Aira wurde 2022 von der schwedischen Vargas-Holding gegründet, die noch andere Firmen im Zusammenhang mit der Energiewende auf den Markt gebracht hat – die bekannteste ist der Akkuproduzent Northvolt. Der schwedische Konzern ist auch in Italien und Großbritannien aktiv. Weshalb er für Sachsen und Thüringen gerade den Glauchauer Betrieb aussuchte und wie viele andere er vorher unter die Lupe nahm, hat Voigtmann nicht erfahren. Aira wirbt nun: „Schwedische Wurzeln – deutsches Handwerk“.
Viele Kunden suchen eine Lösung
Die günstige Lage an der A4 dürfte für die Übernahme ebenso eine Rolle gespielt haben wie die Erfahrung und die Größe von Garant Wärmesysteme. Der Handwerksbetrieb war schon für Großkunden im Einsatz, auch im Raum München. Außerdem haben die Glauchauer Erfahrung mit Solartechnik, damit will Aira künftig ebenfalls Kunden gewinnen. Der Konzern will laut Barth Rundumversorgung bieten, bis hin zum Stromtarif.
Voigtmann will „dem Handwerk ein modernes Gesicht geben“. Garant sei früher schon „Handwerk 2.0“ gewesen, jetzt 4.0. „Wenn wir als Handwerker nicht in die Zukunft denken, haben wir keine Zukunft mehr“, sagt der Chef. Seine Firmenzentrale hat er renoviert und zeigt außer den Abteilungsbüros auch gerne die gefliesten Waschräume vor. Seine Kunden sind Menschen, die „immer ihr Handy in der Hand“ haben. Die wollen auch mal per Fernsteuerung ihre Heizung bedienen, bevor sie aus dem Urlaub zurückkommen. Viele Kunden seien technisch interessiert und wollten eine zukunftsfähige Lösung. „Sie machen sich wirklich Gedanken“, sagt Voigtmann.
Wie eine Wärmepumpe funktioniert, das wissen also die meisten schon, wenn sie zu den monatlichen Informationsveranstaltungen nach Glauchau in die Dieselstraße kommen. Manche möchten aber doch mal die Geräte anfassen und hören, ob die Anlage laut ist. „Ach, sie läuft schon?“, heißt es dann manchmal. Eine gluckernde Ölheizung sei lauter, sagt Marketing-Mann Barth. Voigtmann hat im eigenen Haus vor einem halben Jahr die Ölheizung gegen die Wärmepumpe ausgetauscht.
Für Handwerker-Schulungen gibt es im Haus einen großen Raum mit alter und neuer Technik. Es ist das zweite Schulungszentrum von Aira in Deutschland für Wärmepumpen-Installateure. Berlin hat schon eines. Zur Ausbildung der Monteure lassen sich an den Anlagen auch Fehler simulieren, zum Beispiel Vorlauf- und Rücklauffühler vertauschen.
Garant in Glauchau ist nicht der einzige Handwerksbetrieb, der im Zuge der Energiewende von einem Konzern übernommen wurde. Solarwatt in Dresden hat an mehreren deutschen Standorten Monteurtrupps aufgebaut oder übernommen, um seine Fotovoltaik-Module zu vertreiben. Allerdings hat das Dresdner Unternehmen es nicht geschafft, damit seine eigene Produktion in Sachsen zu retten – künftig vertreibt Solarwatt nur noch Produkte aus Asien und lasse sie von den eigenen Handwerkern montieren. Aira hat sich bei Wärmepumpen hohe Zahlen vorgenommen. Die Bedingungen sind auf den ersten Blick günstig: Das neue Heizungsgesetz sieht vor, dass zunächst in Neubaugebieten jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es gibt Fördergeld. Das Jahr 2023 war ein Rekordjahr für den Verkauf von Wärmepumpen, aber in der ersten Hälfte dieses Jahres brach der Absatz laut Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie ein. 90.000 Geräte wurden in dem Halbjahr verkauft, ein Rückgang von mehr als 50 Prozent zum ersten Halbjahr des vorigen Jahres.
Der Verband rechnet bis Jahresende mit maximal 200.000 verkauften Wärmepumpen in Deutschland. Die Bundesregierung hat das Ziel 500.000 pro Jahr ausgegeben. Aira-Sprecher Barth sagt dennoch, das Unternehmen sei im Plan. Aira sei in Deutschland ja noch im Aufbau und habe auch keine großen Lagerbestände. Mit den großen Konkurrenten verträgt sich das Unternehmen nach eigenen Angaben: Auf der Internetseite wird Vaillant als ein Partner genannt – auch dessen Wärmepumpen sollen weiterhin angeboten werden.
Aira hat aber auch eine eigene Produktion eröffnet – die Wärmepumpen des schwedischen Konzerns entstehen seit diesem Jahr in Breslau (Wroclaw) in einem ehemaligen Volvo-Omnibuswerk. Voigtmann will in Glauchau möglichst wenig Lagerbestände aufbauen, sondern just in time ausliefern und montieren. Bei 85 Prozent der Gebäude seien Wärmepumpen möglich, sagt er – und im Neubau längst üblich. Fossile Brennstoffe seien nicht mehr nötig. „Wir sind angetreten, die Welt ein bisschen besser zu machen.“


